Im Bett mit
Ziegenherden, die die unwegsameren Regionen kahl fraßen – ja und ein paar Dutzend kampferprobter und seetüchtiger Männer. Das war Ithaka.
Menelaos freilich, so meinten die neidischen Nachbarn, habe durch seine Heirat mit Helena das große Los gezogen; was sich wenige Jahre später allerdings als Trugschluss erweisen sollte. Und wer weiß, ohne den klugen Rat des Odysseus, die einstigen Freier einen Pakt mit Menelaos schließen zu lassen, mit dem sie beschworen, seine Ehe gegen alle Widersacher zu verteidigen, wäre um sie schon damals so mancher Streit unter feindlichen Nachbarn entbrannt.
Indes, des Odysseus Ehe ließ sich, alles in allem, recht gut an. Es wird viel gescherzt und geschäkert worden sein rund um das Bett, und auf vielerlei Arten Liebe getrieben, denn Odysseus, als ein Mann von Ideen, war vermutlich auch erfindungsreich, wenn es um neue Facetten des Lustgewinns ging. Er mag darin so sportlich gewesen sein wie Jahrhunderte später der Römer Ovid, der mit seinen »Positiones« zu seiner Zeit Männer wie Frauen begeisterte. Penelope, von den männlichen Leistungen ihres Gatten entzückt, erwies sich in doppelter Hinsicht als Juwel: Tagsüber war sie die rührige Hausfrau, die ihre Klugheit wie ihre Hände nutzte, um das Hauswesen zum Besten des Gatten zu leiten. Des Nachts aber folgte sie ihm neugierig witternd wie eine junge Hindin dem Hirschen. Kurz, alles stand bestens, und in angemessener Frist gebar die Gattin auch den ersehnten Sohn: Telemachos, den Erben.
Es hätte ewig so weitergehen können mit den beiden, zumal die weise Göttin Athene ihre schützende Hand über Odysseus und die Seinen hielt. Wäre da nur nicht dieser fatale Schönheitswettbewerb unter den Göttinnen gewesen, bei dem Aphrodite trickste, indem sie dem eitlen Trojanerprinzen Paris, der den Schiedsrichter machte, die schönste Frau als Bestechungsgeschenk anbot. Der Junge, in diplomatischer Mission an den Hof des Menelaos gekommen und vom ersten Augenblick an in Helena vernarrt, warf den goldenen Apfel also in Richtung Aphrodite und segelte wenig später, mit Helena im Schlepptau, nach Troja zurück.
Menelaos, von einem Jagdausflug bei Verwandten heimgekehrt, nahm wutschnaubend die Veränderung seines Hausstands zur Kenntnis und ließ die Kriegstrompeten blasen. Das bedeutete, der Beistandspakt, den Odysseus für den Fall der Fälle ausgehandelt hatte, wurde schlagend, was ihm um seines häuslichen Glückes willen ganz und gar nicht gefiel. Gerne hätte er sich herausgehalten, mimte sogar, freilich vergeblich, den wahnsinnig Gewordenen, indem er den Sandstrand pflügte und Salz in die Furchen streute, als wäre es guter Samen. Doch die List wurde als solche entlarvt, und so hieß es schließlich Abschied nehmen auf unbestimmte Zeit. Natürlich glaubten die aufbrechenden Männer an ein kurzes Kriegsabenteuer und eine triumphale Heimkehr mit mächtiger Beute. Zu Beginn jedes Kriegs glauben sie dasselbe, und wenn einer je Zweifel äußert, wird er von seinen »Führern« rasch eines Besseren belehrt. Das wusste auch der Dichter, der sich zum Chronisten eines zehnjährigen Krieges machte. Und hätte der schlaue Odysseus nicht schließlich das Trojanische Pferd erfunden, um den Feind von innen her zu besiegen, wer weiß, die Helden hätten noch weitere Jahre vor den uneinnehmbaren Mauern im Sand gelegen.
Penelope indessen, die jäh aus ihrem häuslichen Idyll gerissene Gattin, blieb allein zurück mit Kind und Hof und Gesinde, allein auch mit dem riesigen Bett voller Erinnerungen an glückliche Nächte. Dieses Bett ist es, das sie Nacht um Nacht ihre Verlassenheit schmerzhafter spüren lässt. Zu manchen Zeiten möchte sie es samt seinen Wurzeln ausreißen, und zugleich klammert sie sich daran, ist es doch das einzig Beständige in ihrem mehr und mehr abdriftenden Leben.
Die Jahre vergehen scheinbar ins Leere, ein Kriegsjahr mündet ins nächste, und die Nachrichten von der Belagerungsfront vor Troja sind spärlich. Dann, endlich, die Botschaft vom Durchbruch: der Sturm auf die Stadt, das große Plündern! Bald finden sich die überlebenden Helden, mit reicher Beute beladen, auf ihren Schiffen ein und rüsten zur glücklichen Heimfahrt. Die ist freilich nicht jedem beschieden. Agamemnon zum Beispiel, der oberste Heerführer: im Bad erschlagen von der eigenen Gattin und ihrem Liebhaber! Oder Idomeneus, der König von Kreta: durch einen leichtfertigen Schwur an Poseidon gezwungen, das erste Lebewesen, das bei der Heimkehr
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