Im Bett mit
Stimme, in der sie jene der Göttin Athene zu erkennen vermeinte, die bekanntlich ein besonderes Auge auf ihren Schützling Odysseus geworfen hatte. Der war – wenn man der Fama glauben wollte, die da und dort Bruchstücke von seinen Abenteuern auf hoher See auswarf – unterwegs auf den Inseln so mancher Nymphen und Zauberinnen gestrandet. Bei Kirke zum Beispiel, einem wahren Teufelsbraten von Weib – es hieß, sie verwandle die Männer, die ihr verfielen, in Schweine oder sonstiges Getier. Na ja, dazu bedurfte es nicht immer eines Zaubers. Penelope, das Muster an häuslicher Tugend, war immerhin nicht weltfremd. Sie wusste Bescheid um die Männer: Wenn es um weibliche Verführungskünste ging, gab es für die meisten kein Halten. Odysseus war da eher die Ausnahme als die Regel. Natürlich war auch ihm nicht immer über den Weg zu trauen, soweit es die eheliche Treue anging, aber er hatte doch genügend Verstand, um das Für und Wider abzuwägen. Indessen, die Fama hatte, wie schon erwähnt, ein rühriges Mundwerk und wusste so manches zu wispern. Aber immerhin, den Sirenen hatte er nicht den Gefallen getan, ihrem verheerenden Lockruf zu folgen, obwohl er neugierig genug gewesen war, ihrem Gesang zu lauschen, freilich festgezurrt an den Mast und so außerstande, der Torheit einer Begierde zu folgen, die zweifellos tödlich geendet hätte. Und auch die Sache mit Kirke war, wenn man der Fama glauben wollte, glücklich ausgestanden. Die »Schweine« waren – dank des Odysseus trefflicher Strategie – zurückverwandelt in stattliche Männer, und von dem, was sie mit Kirke getrieben hatten, wollten sie nichts mehr wissen. Was ihnen freilich nicht half im Kampf gegen den ewig zürnenden Poseidon, denn etliche Stürme später zerschellte ihr Schiff an den Klippen einer weiteren Insel, und die treuen Gefährten des Odysseus fanden allesamt in der gischtenden See den Tod. Er selbst aber wurde ans Ufer gespült, direkt vor die Füße der Nymphe Kalypso. Die gab sich als kerniges Fischerweib, das mit kräftigen Armen seine erschlaffte männliche Beute an Land zog und in seine kristallene Grotte schleppte.
Penelope saß unterdessen – webend und auftrennend – an ihrem Webstuhl. Und ständig hatte sie das Bett vor Augen, dieses überdimensionale, wunderbare Bett, das ein Geheimnis zwischen ihr und dem Gatten barg. Es ging nicht an, dieses Bett und sich selbst darin einem anderen zu überlassen. Und doch spürte sie, wie bei dem Gedanken, was darin alles geschehen war – und vielleicht noch geschehen könnte! –, sich unwillkürlich ihre Nackenhaare sträubten und kleine Feuerstöße durch ihren Körper zuckten. Ein Mann – ein Mann müsste her, um ihre erhitzte Leiblichkeit zu befrieden – o ja, ein Mann! Aber in diesem Bett ein anderer als Odysseus? Unmöglich!
Doch immer wieder ertappte sie sich bei der Frage, wie diese zudringlichen Burschen, die sie belagerten, im Bett wohl sein mochten. Immerhin protzten sie ja ständig mit ihrer Männlichkeit. Aber was es wirklich damit auf sich hatte, darüber wussten nicht einmal die Mägde, die es so schamlos mit ihnen trieben, Bescheid. Wie denn auch – wenn sich doch alles im rötlichen Dunstkreis einer nimmer endenden Trunkenheit abspielte?
Doch von Odysseus flüsterte und wisperte die geschäftige Fama, und wenig von dem, was sie vor der verlassenen Gattin ausbreitete, konnte dieser gefallen. Sie geriet dadurch mehr und mehr in ein Wechselbad der Gefühle, das sie zwischen Verzweiflung und zager Hoffnung umhertrieb. Hieß es doch einmal, er werde wohl für immer im Kristallpalast der Nymphe Kalypso bleiben, da diese ihm für seine Liebe ewiges Leben zugesichert habe. Doch Monate später – oder waren es Jahre? – behauptete Fama, er habe sich, von Heimweh übermannt, losgerissen aus den lockenden Armen und sei, auf einer Nussschale von selbst gezimmertem Boot, wieder in See gestochen in Richtung Heimat. Doch auch jetzt habe ihm der grollende Poseidon die Heimkehr verweigert. Der kindhaften Prinzessin Nausikaa und ihren Gespielinnen sei er am Strand der Phäaken, mehr tot als lebendig, mitten beim Ballspiel buchstäblich vor die Füße gefallen. Penelope hörte die Geschichte nicht gern. Ein von den Strapazen endloser Reisen gezeichneter Mann in mittleren Jahren und ein Mädchen von so zartem Alter – das konnte nicht gut gehen, zumal der Mann ein Held war und das kindhafte Mädchen – dazu noch eine Prinzessin – voll schwärmerischer Bewunderung und Mitleid für
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