Im Blut vereint
Surgeons
war bei uns noch nie Kunde.« Es klang misstrauisch, aber auch erfreut.
»Normalerweise bekommen wir unser Material auch direkt von den medizinischen Hochschulen. Allerdings hatten wir diesmal ein Problem mit der Kühlung …« Sie räusperte sich taktvoll. »Und nun haben wir eine Unterrichtseinheit für übermorgen angesetzt, aber keine …« Fast hätte sie »Requisiten« gesagt. Oh Mann. Dafür war eine Kopfnuss fällig.
Denk nach
. Wie würde ein Arzt so etwas nennen? Arme? Beine? Körperteile? »… Gliedmaßen. Ihre Firma wurde uns von der Orthopädischen Abteilung des GH 2 empfohlen.«
»Ich verstehe.« Die Stimme klang jetzt definitiv freundlicher. »Und wie kann ich Ihnen nun helfen, Dr. …?«
»Dr. Tupper.« Kate hielt kurz inne. Sir Charles Tupper war eine der großen Gestalten in der Geschichte von Nova Scotia. Hoffentlich hatte er nichts dagegen, dass sie seinen Namen verwendete. »Ich brauche acht Paar Arme, bis morgen Abend, damit wir alles für den nächsten Tag vorbereiten können.«
»Bis morgen Abend?« Die Frau schien bestürzt. »Es tut mir leid, Dr. Tupper, aber das wird ziemlich schwierig.«
»Haben Sie denn kein Lager, auf das Sie zurückgreifen können? Ich versichere Ihnen, dass wir Ihnen eine derart kurzfristige Lieferung angemessen vergüten werden.«
Die Frau zögerte. »Ich werde sehen, was sich machen lässt. Sieben Paar kann ich auf jeden Fall liefern. Um das achte Paar werde ich mich auch bemühen.«
Kate blickte auf ihre Hand, die auf dem Lenkrad lag. Wie wollte
BioMediSol
es wohl anstellen, das achte Paar aufzutreiben?
»Wie lautet die Lieferadresse?«, fragte die Frau in geschäftsmäßigem Ton.
»Wir haben einen Konferenzraum im
Marley
gebucht.«
»In Ordnung. Die Lieferung kommt morgen Abend gegen 20:00 Uhr. Bitte zahlen Sie bei Lieferung mit einem beglaubigten Scheck.«
»Und der Preis?«
»Tausendfünfhundert pro Paar.«
»In Ordnung. Wer liefert für Sie aus?« Kate hielt den Atem an.
»Unser üblicher Kurierdienst.
InstantExpress
.«
Geschafft!
»Vielen Dank. Ich werde mich selbst darum kümmern.«
»Vielen Dank für Ihren Auftrag, Dr. Tupper.«
Ethan fuhr an den Straßenrand. Lamond pfiff anerkennend. »Nette Bude.«
»Was hatten Sie denn erwartet? Er ist Neurochirurg.« Ethan stieg aus dem Zivilfahrzeug und betrachtete das Haus. Dr. Mazerski wohnte in einer sehr schönen Straße, einer von Ethans Lieblingsstraßen in Halifax.
Die lange Allee folgte der Biegung des Northwest Arm. Hinter den großen, schmucken Häusern funkelte dunkelblaues Wasser. Noch mehr interessierte Ethan allerdings, dass es gleich um die Ecke eine Bootsrampe gab. Die Rampe, auf der man die Leiche von Krissie Burns gefunden hatte.
Dr. Mazerskis Haus war in einer modernisierten Version des Cape-Cod-Stils gebaut, mit Schindeln verkleidet und blassblau und cremefarben gestrichen. Es wirkte elegant und anheimelnd zugleich. Der Weg zum Haus war von gelben und orangefarbenen Tulpen gesäumt. Die Blütenpracht brachte Ethan ein wenig aus der Fassung. Tulpen waren Kates Lieblingsblumen. Sie hatte ihm einmal erklärt, dass sie blühende Tulpen deshalb so mochte, weil sie ihr ein Gefühl von Hoffnung vermittelten. Er hatte nie ganz verstanden, was sie damit meinte.
Lamond läutete. Im Haus erklang ein tiefes, volltönendes Klingeln. Einen Moment später wurde die Tür geöffnet. Vor ihnen stand eine Frau. Sie hatte ein schlafendes Baby auf dem Arm und sah sie ausdruckslos an. Das Baby konnte nur wenige Tage alt sein, denn es lag noch ganz zusammengerollt da wie eine Blütenknospe. Die Augen der Frau waren tiefblau, ihre Haut makellos. Sie trug Sportkleidung von Lululemon, und normalerweise sah sie vermutlich wie eine echte Yuppie-Mami aus. Aber nicht heute. Ihr blondes Haar war strähnig und achtlos zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, die Augen waren gerötet und angeschwollen. Am Ärmel hatte sie Spuren von Erbrochenem.
»Mrs Mazerski?«, fragte Ethan.
»Dr. Clare. Seine Frau.« Sie sprach leise, aber fest. »Wer sind Sie?«
»Detective Drake, Halifax Police Department. Das hier ist Detective Lamond.«
Weiter hinten im Flur war Kindergetrappel zu hören. Ein kleiner Junge kam zu Dr. Clare an die Tür. Er blieb neben seiner Mutter stehen, eine Spielzeuglokomotive fest in der Hand. Ihr Beschützer. Aus braunen Augen sah er Ethan unverwandt an.
»Wir würden gern mit Dr. Mike Mazerski sprechen.«
Die Frau wirkte plötzlich angespannt. Sie legte eine Hand auf den
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