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Im Blut vereint

Im Blut vereint

Titel: Im Blut vereint Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Callow
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sprechen.«
    Die Sekretärin wirkte alarmiert. »Da müssen Sie erst mit dem Chefarzt reden.«
    Ethan wollte auf keinen Fall in dem bürokratischen Sumpf versinken, für den das GH 2 bekannt war. Dazu war er seinem Mörder zu dicht auf den Fersen. Jetzt sollte ihm niemand mehr in die Quere kommen. »Wir müssen Dr. Mazerski ein paar Fragen stellen, unter vier Augen. In welchem Zimmer liegt er?«
    Die Sekretärin blickte sich nach Verstärkung um. Ein Pfleger schlug ein Krankenblatt zu, in dem er gerade gelesen hatte, und stellte sich hinter sie. Unter dem grünen Arbeitshemd zeichneten sich kräftige Bizeps ab. Er war ein Schrank von einem Mann; sein Schädel war kahl rasiert. »Er kann keine Fragen beantworten. Warum wollen Sie ihn sprechen?«
    Ethan sah ihn ruhig an. »Wir ermitteln in einem Kriminalfall.«
    Der Pfleger griff zum Telefon. »Da müssen wir Dr. Roberts holen. Er ist Leiter der Neurologischen Abteilung.«
    »Wunderbar«, sagte Ethan. Lamond sah ihn überrascht an. Sobald sich die Krankenhausleitung einmischte, waren ihre Chancen auf ein Gespräch mit Dr. Mazerski gleich null, und das wussten sie beide. Ethan blickte auf die Uhr an der Wand hinter der Stationssekretärin. »Es ist ja Besuchszeit. Wir warten in Dr. Mazerskis Zimmer.« Er steckte den Dienstausweis ein. »Kommen Sie, Lamond.«
    Ethan wandte sich ab und marschierte den Flur entlang; Lamond eilte hinterdrein. Beide kümmerten sich nicht um den Aufruhr, den sie damit im Schwesternbereich auslösten. Sicher riefen sie jetzt sämtliche Chefs an. Und die beschwerten sich dann bei
ihrem
Chef. Aber der war ein alter Hase, er würde die Wogen schon wieder glätten können.
    Vor einer Tür ohne Namensschild blieb Ethan stehen. Sie stand einen Spalt offen. Falls er richtig geraten hatte, war Dr. Mazerski sicher in der Nähe des Schwesternbereichs untergebracht, wo man ihn leicht im Auge behalten konnte.
    Er klopfte leise an. Niemand antwortete. Ethan öffnete die Tür. Vor ihm lag ein gewöhnliches Krankenzimmer mit einem Bett, einem Nachttisch und einem Stuhl. Die Gardinen waren zum Schutz vor der Mittagssonne zugezogen. Der Patient lag im Halbdunkeln.
    »Dr. Mazerski?«, fragte Ethan leise.
    Keine Antwort.
    Allmählich gewöhnten sich Ethans Augen an das schwache Licht. Er ging zum Bett. Darin lag ein Mann. Er rührte sich nicht. Er wirkte stocksteif.
    Und starrte vor sich hin.
    Ethan versuchte es noch einmal. »Dr. Mazerski?«
    Der Mann drehte nicht einmal den Kopf.
    Es war unheimlich. Als hätte er alle Muskeln angespannt, um jederzeit aufspringen zu können.
    Ethan trat näher heran.
    Der Mann bewegte sich nicht. Blinzelte nicht.
    Machte ihn seine Krankheit – CJK , so hatte seine Frau sie über das Schreien ihres hungrigen Babys hinweg bezeichnet – derart verrückt, dass man ihn sediert hatte?
    Ein Arm des Mannes lag auf der Bettdecke. Er trug das übliche Identifizierungsarmband. Ethan beschloss, sich lieber zu vergewissern, ob dies wirklich der Gesuchte war. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie sein Chef reagieren würde, wenn sich herausstellte, dass Ethan erst ungebeten in ein Krankenzimmer marschiert war und dann den Falschen befragt hatte.
    Ethan beugte sich über den Kranken, um die Aufschrift auf dem Armband zu lesen.
    Der Mann bekam einen Krampfanfall, und sein Arm schnellte in die Höhe.
    Ethan zuckte zurück.
    Lamond lachte leise.
    »Sie halten die Klappe«, sagte Ethan.
    Er wartete einen Moment, bis sich sein Herzschlag beruhigt hatte, beugte sich erneut vor und las den Namen auf dem Armband ab:
Mazerski, Michael Bogdan
.
    Ethan betrachtete die Hand des Mannes. Lange Finger, und die Nägel weniger kurz, als Ethan erwartet hätte. War dies die Hand eines Mörders oder die eines Mannes, der kranken Menschen half? Oder beides zugleich?
    Was konnte einen Mann dazu bringen, mit der einen Hand zu geben und mit der anderen zu nehmen?
    Ethan schaute Dr. Mazerski ins Gesicht. Er sah aus wie Ende vierzig. Sein gewelltes Haar wurde am zurückweichenden Haaransatz bereits grau. Am bemerkenswertesten waren seine Augen, braun und tief liegend, unter dunklen Augenbrauen. Seine Gesichtshaut saß straff gespannt über den Muskeln darunter. Ethan lief ein Schauder über den Rücken. Das Gesicht erinnerte an einen Totenschädel. Er dachte an Dr. Mazerskis Kinder mit ihren runden, weichen Wangen. Der Gedanke versetzte ihm einen Stich.
    Doch er schob die Empfindung beiseite. Wenn dieser Mann tatsächlich der Mörder war, wie Ethan vermutete, dann

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