Im Blut vereint
wenig auf. Also war mindestens eines der beiden Mädchen nicht ermordet worden. Und ihr Verschwinden lag zwischen dem der beiden anderen, sodass sie keine Serie ergaben. »Und das andere Mädchen?«
»Sie hieß Vangie Wright. Sie wird immer noch vermisst. Aber in ihrem Fall hat die Polizei gesagt, Shonda hätte mit der Vermisstenanzeige zu lange gewartet, es würde schwierig sein, sie aufzuspüren.«
»Das stimmt, besonders, wenn sie auf der Straße gelebt hat. Wir müssen nachprüfen, ob diese Vangie Wright überhaupt etwas mit unserem Fall zu tun hat.« Er blickte aus dem Autofenster. Seine nächsten Worte würden Kate nicht schmecken – aber verdammt, er musste schließlich seine Arbeit erledigen. »Ich werde das an Vicky weitergeben. Wenn jemand sie ausfindig machen kann, dann sie.«
Erst schwieg Kate. Dann bat sie: »Sagst du mir Bescheid, was sie herausfindet?« Was bedeutete, dass sie Vicky nicht selbst anrufen würde. »Ich habe Shonda versprochen, dass ich mich wieder bei ihr melde.«
Die Worte machten ihn augenblicklich hellwach. »Du hast schon mit ihr geredet? Ich dachte, du hättest das alles von Lisas Großmutter.« Er bemühte sich, ruhig zu sprechen. »Kate, wir ermitteln in einem Mordfall. Da kannst du doch nicht potenzielle Zeugen befragen. Die erste Befragung ist immer am ergiebigsten, das weißt du genau. Deshalb muss sie ein erfahrener Ermittler vornehmen.«
»Es tut mir leid.« Für Ethan klang das wenig überzeugend. Wenn Kate sich einmal etwas vorgenommen hatte, zog sie es entschlossen durch. Diese Eigenschaft hatte er an ihr immer bewundert. Bis jetzt. »Ich musste Marian MacAdam versprechen, selbst mit Shonda zu reden. Shonda hatte ihr erzählt, dass die Polizei in der Sache nichts unternimmt.«
»Und das hast du geglaubt?« Er hielt seinen Ärger nicht länger zurück. Zwei Morde, zu wenige Hinweise, zu wenig Schlaf – all das kam jetzt zusammen. »Du hast gedacht, wir ignorieren einfach die einzige Spur, die wir haben? Hältst du uns für Idioten, Kate?«
»Mach dich nicht lächerlich.«
»Hat dich Randall dazu angestiftet?« In Ermittlungen rumzupfuschen, sähe diesem Dreckskerl ähnlich. Das hatte er schon einmal gemacht. Und falls er wusste, dass dies Ethans Fall war, würde er sich umso lieber einmischen.
»Nein, natürlich nicht.«
»Warum tust du dann so was?«
Kate schwieg einen Moment. »Du hältst nicht gerade viel von mir, oder?«
Darauf fiel ihm keine Antwort ein. Er wusste nicht mehr, was er von ihr denken sollte. Schließlich sagte er: »Lass die Finger von der Sache, Kate. Wir haben es mit einem Psychopathen zu tun. Überlass das der Polizei. Halt dich von Shonda fern.«
Sie durfte nicht aus rein persönlichen Gründen ihre Ermittlungen gefährden. Zwei junge Frauen waren schon tot. Und Ethan hatte Angst – ja, Angst –, dass es bald eine dritte Tote geben könnte. Er blickte zum Himmel hinauf. Wie lange würde es noch dauern, bis wieder Regenwolken aufzogen?
»Das geht nicht, ich habe ihr versprochen …«
Sie musste endlich begreifen, was auf dem Spiel stand. »Verdammt noch mal, Kate, es könnten noch andere junge Frauen in Gefahr sein …«
»Ich weiß …«
»Und du setzt ihr Leben aufs Spiel!«
»Nein, tue ich nicht.«
Er atmete scharf ein. »Unsere beste Informationsquelle hast du vielleicht schon ruiniert, allein dadurch, dass du mit Shonda geredet hast. Und jetzt willst du sie auch noch anrufen und vertrauliche Informationen an sie weitergeben! Das kann unsere gesamten Ermittlungen stören. Es könnte dazu führen, dass wir den Mörder nie finden. Oder noch schlimmer: dass wir ihn aus Mangel an Beweisen wieder laufen lassen müssen.« Was das hieß, würde sie begreifen.
Eine Weile herrschte drückende Stille. »Ich habe nur getan, was ich für das Beste hielt.«
Ethan seufzte schwer. »Überlass die Sache der Polizei. Vergiss nicht, wir sind die Guten.«
23
Genau um 19:00 Uhr bog ein schwarz schimmernder Kastenwagen in Kates Einfahrt ein. Das war ein gutes Zeichen. Er kam auf die Minute pünktlich.
Sie war vor zehn Minuten nach Hause gekommen, die Aktentasche voll mit den bislang unbearbeiteten Unterlagen zum Fall
TransTissue
, aber in Gedanken immer noch bei dem fürchterlichen Telefongespräch mit Ethan. Er hatte in allen Punkten recht gehabt. Aber er begriff nicht, dass auch sie versuchte, das Richtige zu tun. Stattdessen vermutete er unlautere Motive bei ihr. Dabei ging es auch ihr nur darum, den Opfern zu helfen.
Die Fahrertür
Weitere Kostenlose Bücher