Im Blut vereint
wollte gute Arbeit leisten. Nicht nur, um sich einen Platz im Briefkopf von LMB zu sichern, sondern auch, um sich selbst zu beweisen, dass sie eine gute Anwältin war – vor allem nach dem Debakel mit Marian MacAdam.
Aber sie konnte Shondas Geschichte auch nicht einfach ignorieren.
Wenn es sich bei dem zweiten Mordopfer um Krissie Burns handelte, dann hatten die anderen verschwundenen Mädchen vielleicht auch mit dem Fall zu tun. Das musste die Polizei erfahren.
Sie griff nach dem Telefon. Ihr Magen verkrampfte sich.
Ethans Handy klingelte, als er gerade vom Parkplatz des Resozialisierungszentrums fuhr. Er war frustriert. Die Exverbrecher aufzuspüren, die Richterin Carson hinter Schloss und Riegel gebracht hatte, schien ihm mehr und mehr eine Sackgasse zu sein, jetzt, wo ein zweites Opfer gefunden worden war. Die Verbindung von Krissie Burns zu Richterin Carson war gleich null. Falls der Mörder nicht in einen Blutrausch verfallen war und nun zum Spaß auch noch Prostituierte umbrachte, verschwendete Ethan seine Zeit.
Er meldete sich. »Drake.«
»Ich bin’s. Kate.« Sie sprach leise und angespannt.
Ethans Körper reagierte, noch bevor sein Kopf sich einschalten konnte: Sein Herz schlug schneller, und das Blut pochte ihm in den Schläfen. Und wenn er sich noch so oft vor Augen hielt, dass Kate die falsche Frau für ihn war, aus lauter guten Gründen – wenn er von ihr hörte, tat es weh. Diese Gefühle konnte er sich wirklich nicht erlauben. Zumal sie ihn neulich ganz entschieden abgewiesen hatte. Sie gehörte nun zum Lager von Randall Barrett. Da konnte sie es gar nicht riskieren, sich gegen diesen Scheißkerl zu stellen. Das musste er sich vor Augen halten. Ethan packte das Lenkrad fester.
»Hallo.« Er zwang sich, geschäftsmäßig zu sprechen. »Hast du die Notizen gefunden?« Richterin Carson mochte auf der Liste der Verdächtigen nach unten gerutscht sein, aber er wollte die Notizen trotzdem. Nur der Vollständigkeit halber.
Und um sicherzugehen, dass Kate ihr Versprechen hielt.
»Nein.«
Die Antwort enttäuschte ihn und machte ihn wütend. Er hätte es besser wissen sollen.
Sie zögerte. »Aber ich habe ein paar Informationen. Sie könnten für den Fall MacAdam von Bedeutung sein.«
»Eine Sekunde. Ich fahre rechts ran.« Kurz vor ihm war ein Minimarkt. Ethan fuhr auf einen freien Parkplatz. »Also. Was für Informationen hast du noch, außer was in den Notizen stand?« Den leicht höhnischen Unterton konnte er sich nicht verkneifen.
Sogar am Telefon war Kates Anspannung spürbar. Sie sprang auf ihn über, ein seltsam befriedigendes Gefühl.
»Lisa MacAdams Großmutter hat mich angerufen. Sie hat auf Lisas Beerdigung mit einem Mädchen namens Shonda geredet und erfahren, dass noch mehr Mädchen verschwunden sind. Prostituierte. Eine von ihnen hieß Krissie Burns.«
»Krissie Burns?« Seine Abwehrhaltung löste sich in Luft auf. Das war Opfer Nummer zwei. Falls diese Shonda beobachtet hatte, wie der Mörder ihre Freundin auflas … »Bist du sicher?«
»Ja.« Sie hielt kurz inne. »Ist Krissie Burns die Tote, die ihr gerade gefunden habt?«
Ethan zögerte. Das waren vertrauliche Informationen, die er nicht an Kate weitergeben durfte – weder offiziell noch inoffiziell.
Dann siegte sein Gewissen. Sie hatte ihn mit den besten Absichten angerufen. »Ja. Wir müssen ihre Angehörigen aber erst noch ausfindig machen.«
»Wie habt ihr sie identifiziert?«
»Über ihr Strafregister. Vicky hat sich an sie erinnert.«
»Oh.« Dieses eine Wort sprach Bände. Vicky hatte sich auch an das Strafregister von Kates Vater erinnert.
»Sie hat uns sehr geholfen, Kate«, sagte Ethan sanft.
»Ja. Ich verstehe.« Es klang kühl.
»Hat diese Shonda ihre Vermutungen der Polizei gemeldet?«
»Krissie Burns’ Verschwinden hat sie noch nicht gemeldet, weil das Mädchen manchmal zu seiner Mutter nach Cape Breton fährt. Aber anscheinend gab es da noch zwei Mädchen …«
»Wann?«, fragte Ethan nervös.
»Im einen Fall ist es schon länger her, mindestens eineinhalb Jahre. Aber Shonda hat es erst vor ein paar Monaten gemeldet, als auch ihre andere Freundin verschwunden ist.«
»Und seitdem hat man nichts von den beiden gehört?« Seine Gedanken rasten. Vor eineinhalb Jahren. Konnte es sein, dass der Mörder schon seit eineinhalb Jahren aktiv war?
»Das Mädchen, das erst seit ein paar Monaten verschwunden ist – es hieß Karen –, ist tot aufgefunden worden. Es ist erfroren.«
Ethan atmete ein
Weitere Kostenlose Bücher