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Im Blut vereint

Im Blut vereint

Titel: Im Blut vereint Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Callow
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sie noch lebte, war sie auch einigermaßen schön gewesen, jedenfalls wenn man den Typ mochte. Für seinen Geschmack hatte sie zu viel Make-up getragen. Jetzt, wo ihre weißen Knochen und ihr rosafarbenes Fleisch freilagen, war sie um so vieles schöner.
    Er wollte nach ihr greifen.
    Da zog er die Hände zurück.
    Er hatte vergessen, Handschuhe anzuziehen. Schweiß trat ihm auf die Stirn, und in seinen Eingeweiden rumorte es. Das war knapp gewesen!
    Wie hatte er das vergessen können?
    Er lief zur Fahrerseite und griff nach den Latexhandschuhen, die er unter den Getränkehalter gestopft hatte. Noch nie zuvor hatte er vergessen, Handschuhe anzuziehen.
    Was war los mit ihm?
    Er streifte die Handschuhe über, prüfte zweimal, ob sie gut saßen, und blickte sich dann ein letztes Mal um. Die Straße war weiterhin ruhig. Keine Menschenseele war zu sehen.
    Und
sie
war mausetot.
    Er hob sie aus dem Kofferraum und legte sie vorsichtig auf den Boden. Langsam sickerte ihr Blut die Rampe hinab. Es vermischte sich mit dem schwarzen Wasser.
    Sie lag etwas schief. Durch die Neigung der Rampe war es schwierig, sie genau auszurichten. Aber er konnte sich jetzt nicht länger damit aufhalten.
    Das Weiß war wieder da. Es pulsierte in hellen, sich träge bewegenden Kreisen am Rand seines Gesichtsfelds.
    Er löste die Handbremse und fuhr langsam die Rampe hoch.
    Zum Glück hatte er es nicht weit bis nach Hause.
    »Hallo?« Randall blickte schlaftrunken auf die blauen Leuchtziffern seines Radioweckers: 3:46 Uhr.
    »Randall?«
    »Ja.« Er setzte sich auf. Er erkannte die Stimme und verkniff sich ein Stöhnen. War das ein schlechter Traum? »Hope … ich meine, Euer Ehren …«, stammelte er verwirrt.
    Ein heiseres Lachen ertönte. »Nimm um Himmels willen den Stock aus dem Arsch, Randall. Nenn mich Hope.«
    Er fuhr sich mit der Hand über die Augen. Sie war betrunken. Sturzbetrunken. »Hör zu, Hope, warum rufst du …«
    »Hast du die verdammten Notizen?«, fuhr sie dazwischen.
    Er senkte die Stimme. »Ja.« Entschlossen schob er die Erinnerung an Kates vorwurfsvollen Blick im Fahrstuhl beiseite. Er hatte getan, was er tun musste. Aber es war ihm schwerer gefallen als erwartet.
    »Was hast du damit gemacht?«
    »Ich habe sie vernichtet.«
    »In deinem Büro?«
    Er seufzte. »Nein. Zu Hause.«
    »Puh.« Plötzlich lachte sie. »Ich wusste, ich kann auf dich zählen.«
    Er verzog das Gesicht. Im Grunde konnte er Hope verstehen. Sie war Single, hatte gerade ihre Tochter verloren, und weder Herkunft noch Beruf machten es ihr leicht, Freundschaften zu schließen. Richterin zu sein war nicht einfach. Man musste immer ein wenig Abstand zu den früheren Kollegen halten.
    »War’s das, Hope?«, fragte er barsch.
    »Nein. Nein, dasch … das war’s noch nicht.« Sie rang kurz nach Atem. »Weißt du, du warst super im Bett. Habe ich dir das schon mal gesagt?«
    »Ja.«
    Für einen Moment brachte sie kein Wort heraus. »Und wie war ich?«
    Randall schloss die Augen. Es war schrecklich, diese Verletzlichkeit in ihren Worten zu hören. Er musste das Gespräch beenden, bevor sie das letzte bisschen Würde verlor.
    »Du warst großartig.« Er sagte es leise, aber in vollem Ernst. Sie war wirklich großartig gewesen.
    Er spürte förmlich, wie sie aufatmete.
    »Aber jetzt geh schlafen«, sagte er im gleichen barschen Tonfall wie eben. »Ich wette, du hast morgen einen vollen Terminplan.« Das würde Hope hoffentlich daran erinnern, welchen Beruf sie gewählt hatte. Dass sie sich nicht jedes Benehmen erlauben konnte.
    »Ja.« Es klang kraftlos. »Schlafenszeit …« Ihre Stimme erstarb, dann fügte sie etwas lauter hinzu: »Wie man sich bettet, so liegt man.«
    Randall lauschte eine ganze Minute lang dem Freizeichen, bevor er den Hörer auflegte.
    Der Tiger hatte sich gegen sich selbst gewendet.

29
    Freitag, 11. Mai, 7:00 Uhr
    Als das dritte Opfer entdeckt wurde, hieß das Stichwort für die Presseabteilung der Polizei nur noch Schadensbegrenzung. Die Medien wollten wissen, was die Polizei tat, um diesen Verrückten zu finden, und weshalb sie ihn noch nicht gefasst hatte.
    Für Deputy Chief Forrester war das alles ein einziger Albtraum. Damit wurde es auch für die Ermittler zum Albtraum. Reporter stiegen über das Absperrband am Fundort und versuchten, Fotos von der Blutspur am Ufer des Northwest Arm zu schießen.
    Als Ethan die Fotos der unbekannten jungen Toten sah, wurde ihm übel. Und sie machten ihn wütend.
    Am Mittwoch hatte die Sonne

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