Im Blut vereint
Tod der Opfer erreichen?«, fragte Ferguson.
»Vermutlich.« Brown klappte ihren Notizblock zu. »Und das LOL
dient natürlich als Botschaft.«
»Wer zuletzt lacht«, murmelte Ethan. »Bisher lacht er auf unsere Kosten.«
Ferguson erhob sich. »Okay. Der Mörder wohnt also nicht im Süden der Stadt. Vielleicht arbeitet er dort?«
Brown nickte. »Ja.«
»In einem der Krankenhäuser?«
»Sehr wahrscheinlich.«
»Lamond, haben Sie Opfer Nummer drei identifizieren können?«, fragte Ferguson.
Lamond schüttelte den Kopf. »Leider nicht. Bisher hat niemand ihretwegen angerufen. Die Anwohner in der Gegend werden noch von Streifenpolizisten befragt, aber Sergeant Wilkins hat schon angekündigt, dass er sie abziehen muss, weil er mehr Leute braucht, die Streife gehen.«
Ethan blickte Ferguson an. Sie wussten beide, unter welchem Druck Wilkins stand. Die Ermittler wollten, dass die Streifenpolizisten die gesamte Nachbarschaft abgrasten, aber Wilkins musste auf die wachsende Panik in der Stadt reagieren, indem er den Streifendienst verstärkte. Und nicht nur, damit sich die Einwohner sicherer fühlten. Die Unterwelt von Halifax fing schon an, die Situation auszunutzen. Seit den Zeitungsberichten über den ersten Mord hatte es mehrere Morde im Drogenmilieu und einen Anstieg bei den Sittlichkeitsdelikten gegeben. Wie jeder Cop wusste, waren die meisten Straftaten eine Frage der guten Gelegenheit. Und in den letzten zwei Wochen war die Gelegenheit glänzend gewesen.
»Es ist jetzt vierundzwanzig Stunden her.« Ferguson presste die Lippen zusammen. »Wahrscheinlich ist sie auch ein Straßenkind. Walker, was hast du bei der Sitte erfahren?«
»Vicky sagt, ihr fällt kein Straßenkind ein, das passen würde, aber diese Kinder ziehen so viel umher, dass sie es nicht mit Sicherheit ausschließen kann. Das Opfer könnte aus einer anderen Stadt stammen.«
Ferguson nickte. »Wir müssen weiter abwarten. Es ist auch möglich, dass ihre Angehörigen verreist sind.« Sie griff nach ihrer Aktenmappe.
»Walker und Redding, Sie gehen raus auf die Straße. Warnen Sie alle, die regelmäßig da sind. Die Morde folgen einem Muster. Die jungen Frauen müssen erfahren, dass sie in Gefahr sind.« An Ethan gerichtet fragte sie: »Irgendwelche Ergebnisse bei den Exknackis?«
»Bisher nicht. Ich habe acht Verdächtige überprüft. Keiner von ihnen wäre zu diesen Morden fähig. Und alle haben sie ein Alibi. Sieht ganz so aus, als wäre unser Resozialisierungsprogramm ein Erfolg.« Er lächelte ironisch.
»Was ist mit den Exknackis, die schon länger draußen sind?«
»Mit denen befasse ich mich als Nächstes. Ich habe fünf auf der Liste.« Ethan rückte den Stuhl nach hinten und stand auf.
»Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie alle ausfindig gemacht haben.«
»In Ordnung.« Ethan verließ das Polizeirevier und stieg ins Auto. Die Liste lag auf dem Armaturenbrett. Fünf weitere Sackgassen, die er ablaufen musste. Doch wie er sehr gut wusste – und wie Ferguson ihm in Erinnerung gerufen hatte –, ging ein guter Cop jeder Spur nach. Wer konnte schon wissen, was dabei ans Licht kam?
30
Samstag, 12. Mai, 8:00 Uhr
Seit am Freitag die Nachricht von einem dritten Opfer durch die Medien gegangen war, spürte man überall in der Stadt den Schock. Die Polizei hatte die Streifen im Norden und Süden von Halifax verstärkt und den Anwohnern zu großer Vorsicht geraten. Die Jogger zogen frühmorgens nur noch grüppchenweise ihre Runden. Alle hatte das Gefühl, gegen einen gemeinsamen Feind zusammenrücken zu müssen, so wie nach dem verheerenden Hurrikan Juan im Jahr 2003. Eltern bildeten Fahrgemeinschaften, um die Kinder von der Schule abzuholen, statt sie zu Fuß gehen zu lassen.
Kate überflog die Zeitung von gestern. Die Schlagzeile war erneut voller Dramatik:
Auch ohne Regen – Halifax-Schlächter schlägt wieder zu.
Wer erfand solche Schlagzeilen? Kate blieb an einem Artikel mit der Überschrift
Wie schützen wir unsere Kinder?
hängen. Sie nippte an ihrem Kaffee. Nicht diese Kinder waren in Gefahr, sondern die anderen. Die, um die sich niemand kümmerte. Die herumschnorrten, Drogen nahmen, von der Schule geflogen waren und durch alle Raster fielen. Unter diesen Jugendlichen suchte sich der Mörder seine Opfer.
Zwar zog sich durch alle Zeitungsartikel der Tenor vom Zusammenhalten bei Gefahr, doch dahinter verbargen sich unübersehbar auch Angst und Wut. Niemand konnte fassen, dass irgendein skrupelloser Mensch Mädchen auf der Straße
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