Im Blut vereint
über ihrer Brust spannte. Die Bluse war weiß, maßgeschneidert und hatte genau über der Wölbung der Brüste einen Knopf. Dazu trug sie schwarze Jeans, die ihre Figur betonten.
Aus gelbbraunen Augen betrachtete sie ihn von Kopf bis Fuß.
Und noch einmal.
Er trat einen Schritt zurück.
»Bitte setzen Sie sich, Detective Drake.« Richterin Carson wies zu dem abgesenkten Wohnbereich. Der Blick durch die hohen Fensterfronten war atemberaubend. Vor Ethan breiteten sich die Public Gardens aus. Zweige mit frischem Grün und die ersten Tulpen bewegten sich im Wind. Auf den gewundenen Wegen gingen Pärchen spazieren. Vor knapp einem Jahr hatten Kate und Ethan das Gleiche getan.
Er setzte sich in einen Sessel mit dem Rücken zur Fensterfront. Er wollte den Raum im Blick haben, nicht die Aussicht. Richterin Carson saß auf dem Sofa, ihm schräg gegenüber. Fragend hob sie die Brauen. »Sie haben gesagt, Sie wollten mit mir über einen alten Fall sprechen?«
»Ja …«
»Den Fall Arnold, nehme ich an?«
Das war typisch für sie. Sie versuchte schon wieder, die Gesprächsführung an sich zu reißen.
Ethan lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. Er würde das Tempo vorgeben. Nicht sie.
Langsam ließ er seinen Blick umherschweifen. Alles war wie beim letzten Mal: kahl und weiß. Nichts hatte sich verändert. Nur auf dem langen Tresen, der den Wohnbereich von der Küche trennte, stand nun eine Kristallkaraffe mit Whiskey auf einem kleinen Tablett. Ein dazu passendes Kristallglas schaute hinter einem Aktenstapel auf Carsons elegantem Computertisch hervor. Das Glas sah leer aus. War es vor Kurzem noch voll gewesen? Von seinem Platz aus konnte Ethan nicht erkennen, ob es unbenutzt war oder nicht.
Die Richterin beobachtete ihn. Ihre Miene war ausdruckslos. Als wollte sie seine Körperhaltung nachahmen – um ihn zu verspotten? –, lehnte sie sich zurück und breitete die Arme auf der Rücklehne aus. Licht und Schatten umspielten die Wölbung ihrer Brüste. »Ich würde Ihnen ja einen Drink anbieten, Detective Drake, aber Sie werden nicht lange bleiben.«
Er lächelte und legte seinen Notizblock auf den Tisch. Dass er sich so gelassen in ihrer Wohnung umgesehen hatte, hatte sie nervös gemacht. Das überraschte Ethan. Er hätte gedacht, sie würde sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lassen. Ihr Türklopfer in Form eines Löwenkopfes fiel ihm ein. Es gab wohl kaum ein besseres Symbol für ihren Wunsch, ihr Zuhause zu schützen. Aber vor welcher Bedrohung?
»Kein Problem. Wie Sie schon vermutet haben, bin ich wegen des Falls Arnold hier.«
Mark Arnold – »der Hai« – war der einzige Exknacki, den Ethan noch nicht ausfindig gemacht und von seiner Liste gestrichen hatte. Arnold hatte ohne Bewährung die komplette Haftstrafe abgesessen, zu der man ihn vor fünfzehn Jahren wegen eines grotesken Mordes verurteilt hatte. Damals war er neunzehn gewesen. Das Opfer war seine Freundin. Er hatte sie vergewaltigt, stranguliert, zerstückelt und ins Meer geworfen. Zu seinem Unglück war er nicht weit genug aufs offene Meer hinausgefahren, um sie loszuwerden. Einige Leichenteile waren in einem Fischernetz hängen geblieben. Und als wäre das noch nicht makaber genug, hatte sich anschließend ein Hai im selben Netz verfangen. In seinem Magen hatte man den Torso des Mädchens gefunden. Daher der Spitzname »der Hai« für Mark Arnold.
Es war ein grausiger Fall gewesen, und Arnold war mit der Höchststrafe belegt worden. Bis vor Kurzem war es der spektakulärste Mord in Nova Scotia gewesen. Ethan hatte die Details nachgelesen und dabei etwas Beunruhigendes entdeckt: Richterin Carson war damals Mark Arnolds Verteidigerin gewesen. Hatte ihn das strenge Urteil wütend gemacht? Gab er die Schuld dafür Carson, die damals frisch von der Universität kam? Oder hasste er vielleicht alle jungen Mädchen?
Inzwischen war er wieder auf freiem Fuß. Aus den Gefängnisakten ging hervor, dass er eine Klempnerausbildung gemacht hatte.
Richterin Carson blickte ihn durchdringend an. »Sie denken, er ist der Täter?«
Ethan hob die Augenbrauen. »Ich weiß es nicht. Jedenfalls wollte ich mich vergewissern, ob Sie über seine Entlassung informiert sind.«
Sie lachte bitter. »Oh ja, darüber weiß ich Bescheid, Detective. Ich habe das schon selbst überprüft.«
Wann? Bevor sie Lisa umgebracht hatte? Es wäre eine perfekte falsche Fährte. Vielleicht irrte sich Brown ja doch.
»Haben Sie seitdem von ihm gehört?«
Sie
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