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Im Bus ganz hinten

Im Bus ganz hinten

Titel: Im Bus ganz hinten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fler
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Person gehörte. Sie hätte
    vielleicht lieber fürs Radio arbeiten sollen oder für eine Sex-Hotline. Irgendwie passte ihr trostloses Erscheinungsbild allerdings auch wieder zu
    dieser A rt von A nstalt. A lles um mich herum schien grau und steril. Genauso eintönig, wie ich mir bisher immer eine Gefängniszelle
    vorgestellt hatte. Hier also sollte ich nun meine nächsten Wochen oder gar Monate verbringen. Wenigstens hatten sie mich »nur« in die offene
    A nstalt gesteckt, zu den nicht ganz so Hirnverbrannten. Ich gehörte gewissermaßen zur »Elite« – die Massenmörder waren nebenan in der
    Geschlossenen. »Deine Mutter hat dich gestern gebracht. A ber sie ist gleich wieder gefahren«, erklärte Schwester Kerstin und drückte mir
    einen Begrüßungscocktail in die Hand: Es war Taxilan, ein Beruhigungsmittel. Ich leerte den Becher bereitwillig – Hauptsache, der Teufel blieb
    mir vom Leib. A ls Nächstes bekam ich eine Führung durch die A bteilung, bei der mich Kerstin allen Patienten vorstellte – einer schlimmer als
    der andere. Hier gab es alle A rten von Wahnsinn: Mädchen, die Stimmen hörten. Mädchen mit aufgeritzten A rmen. Mädchen, die sich ständig
    das Leben nehmen wollten. Es war kaum zu fassen, was los war mit den Mädchen in dieser Stadt. Unter Depressionen litten sowieso alle –
    Männlein wie Weiblein. Und manche hatten Zwänge. Ziemlich böse Zwänge sogar. Täglich wurde wieder ein Partyopfer eingeliefert, das auf
    einem LSD-Trip hängen geblieben war. Die irren A ugen und Zuckungen dieser Typen wirkten extrem bedrohlich. Ein Patient war besonders
    schlimm. »Über Michael darfst du dich nicht wundern«, warnte mich die Schwester. »Er muss fünfmal durch den Türrahmen springen, bevor
    er sich traut, das Zimmer endgültig zu betreten oder zu verlassen. Und er muss ständig sein Bett aufschütteln – und zwar mit aufgeblasenen
    Backen. Das ist bei ihm normal.« A rme Sau! Kerstin verriet mir später, warum er unter diesen schrecklichen Zwängen litt: Er hatte als Kind mit
    eigenen A ugen ansehen müssen, wie sein Vater verreckte. Wäre mir so etwas passiert, würde ich heute vielleicht auch öfter mal mein Bett
    aufschütteln. Zuletzt stellte mir Schwester Kerstin meinen Zimmernachbarn vor. Er saß mit einigen anderen Patienten am Frühstückstisch. Ich
    hatte anscheinend schon die vergangene Nacht mit ihm in einem Raum gepennt, nur nichts davon bemerkt, weil sie mich bewusstlos gespritzt
    hatten. A ußerdem war mein Nachbar schon am Morgen um fünf Uhr aus den Federn gekrochen. »Roland hat schlimme A lbträume. Deshalb
    hält er es nicht lange in seinem Bett aus«, erklärte Kerstin. Sie lächelte. Mein Zimmernachbar lächelte nicht. Er schüttelte meine Hand ziemlich
    grimmig – begeistert schien er von meiner A nkunft jedenfalls nicht zu sein. »Roland hat immerzu Kopfschmerzen. So, als hätte er ständig eine
    Nadel im Kopf. Deshalb ist er meistens nicht so gut gelaunt«, versuchte Kerstin das Verhalten meines irren Kollegen zu entschuldigen. Ich
    bekam ein unangenehmes Gefühl im Bauch. »Na, das kann ja heiter werden, mit so einem Zimmergenossen«, murmelte ich nahezu unhörbar
    – wobei Roland so sensibel war, dass er mich vermutlich auch verstanden hätte, wenn ich es nur gedacht hätte.
    Wahnsinnig verknallt

    Der erste Tag in der Klapse war zugleich der ereignisreichste. In den folgenden Wochen sollte ich nämlich rein gar nichts mehr erleben: Ich
    lag Tag und Nacht im Bett, starrte an die Decke und war mit den Medikamenten vollgepumpt, die Schwester Kerstin in regelmäßigen
    A bständen auf meinen Nachttisch stellte. Der Vorteil: Der Teufel hatte sich vorerst zurückgezogen. Der Nachteil: Mir war todlangweilig. Mein
    tägliches Highlight: das Frühstück. Jeden Morgen stopfte ich zehn Nutella-Brötchen in mich hinein. Der Rest des Tages war nicht
    erwähnenswert. So sah mein Leben mit 14 aus. Geil, oder? Ich wurde immer dicker und vor allem depressiver. Und ich war der festen
    Überzeugung, dass ich es nicht besser verdient hatte. Schließlich war ich verrückt. Selber schuld. Drei Monate lang stellte sich keinerlei
    Besserung ein. Ich war wie in Trance. Und sobald wir versuchten, die Medikamente abzusetzen, kehrte der Teufel zurück. Mit meinem
    Zimmernachbarn Roland konnte ich mich arrangieren. Ich war es mittlerweile gewohnt, dass er nachts regelmäßig die gesamte A bteilung
    zusammenschrie, weil er wieder A lpträume hatte, und dass sein Kopfkissen morgens meist

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