Im Bus ganz hinten
sollen«, meckerte sie.
Notgedrungen meldete sie mich an der Max-von-Laue-Schule in Lichterfelde an – und die war richtig getto. A ußerdem wussten auch da bereits
alle, was mit mir los war. Ich konnte nicht glauben, wie schnell sich so etwas herumsprach. Ich versuchte darüberzustehen und sagte mir:
Scheiß auf die anderen. A ber meine Situation wurde nur immer komplizierter, da ich noch auf Medikamenten war und völlig verstört und wie
der letzte Trottel im Unterricht saß. Ich bettelte meine Mutter an, dass sie mich erst einmal von der Schule freistellen sollte, aber sie zeigte
wenig Verständnis. »Vergiss es! Du sollst was lernen«, keifte sie mich an. »Du verpasst doch sonst den gesamten A nschluss.« Den verpasste
ich sowieso. A ls mich meine Deutschlehrerin einmal fragte: »Patrick, was meint Goethe mit seiner A ussage?«, war ich von den
Psychopharmaka derart vernebelt, dass ich sie nur irritiert angucken konnte. Durch meinen Kopf flatterten tausend Wörter gleichzeitig, aber
ich bekam kein einziges zu fassen. Und erst recht wusste ich nicht die richtige A ntwort auf so eine abstrakte Frage. Mir kam der A ugenblick
vor wie eine ganze Stunde. Ich bemühte mich ernsthaft, die richtige A ntwort zu geben. A ber ich war einfach zu verwirrt, und irgendwann
fragte die Lehrerin dann jemand anderen. Was hätte sie auch sonst tun sollen?
Erst ein paar Wochen später kam ich langsam wieder zu mir. In dieser Zeit hörte ich viel Musik: Der Hip-Hop half mir dabei, mein Leben
endlich wieder auf die Reihe zu kriegen. Und Fabio. Er lenkte mich von meinem Wahnsinn ab. Mit ihm freundete ich mich auf dem Schulhof
an – heute kennt man ihn als den Rapper Bass Sultan Hengzt. Ich fand ihn cool, weil er den gleichen Musik- und Klamottengeschmack hatte
wie ich. Total krass fanden wir damals Dickies-Hosen. Die waren ziemlich weit geschnitten, und ich trug sie am liebsten in Hellblau. Den Trend
hatten wir uns aus dem Gangster-Film Menace II Society abgeguckt. A ußer uns fand den Style aber niemand gut. Sogar die Lehrer machten
sich über Fabio und mich lustig, aber genau das fanden wir natürlich geil. Es bestätigte uns sogar noch. Von da an zogen wir gar keine
anderen Hosen mehr an.
Jacqueline
Mit Mädchen hatte ich in dieser Zeit noch nicht so viel am Hut. Basketball und Hip-Hop bestimmten mein Leben. A ußerdem war ich nicht
selbstbewusst genug, um einfach loszugehen und wildfremde Frauen anzusprechen. Was in meinem Umfeld aber auch nicht sonderlich
schlimm war, denn die meisten waren eh hässlich. Eine gab es allerdings, die jeder wollte. Wenn sie durch die Thermometer-Siedlung lief,
steckten alle die Köpfe zusammen und fingen an zu tuscheln. Sie war Gesprächsthema Nummer eins. Kein anderes Mädchen in unserer
Gegend wurde so oft angebaggert. Bei ihr spielten die Hormone der Jungs einfach verrückt. Und das lag bestimmt nicht daran, dass sie so
anmutig, so hübsch, so intelligent oder besonders liebenswert gewesen wäre. Der einzige Grund, warum alle geil auf sie waren, war die
Tatsache, dass sie extrem leicht zu haben war: Jacqueline war eine Schlampe, wie sie im Buche stand. Mit 14 war sie schon mit so vielen
Typen in die Kiste gesprungen, wie andere Mädchen ihres A lters eitrige Pickel im Gesicht hatten. Umgekehrt schien ihr Verhalten allerdings
wiederum eine Wirkung auf ihre A usstrahlung zu haben: Jacquelines A ntlitz war eine hässliche Fratze. Sie war brünett und pausbäckig, hatte
mindestens zehn Kilo zu viel auf den Rippen, und ihr Klamotten-Style war definitiv getto. Sie trug die Sorte viel zu tief sitzender Hüftjeans, die
uns ihre Speckröllchen auf dem Silbertablett präsentierten. Sie wirkte ungewaschen und ordinär. Billig und willig, wie man so schön sagt. A ber
eines musste man ihr lassen: Für ihr A lter hatte sie auffällig dicke Titten. Und die zogen die Kerle an wie das Licht die Motten. So waren auch
zwei A tzen aus meinem Bekanntenkreis – Tayfun und Emre, zwei üble Draufgänger – wie hypnotisiert von dem Stück Fleisch im
Sonderangebot. Bei dem miesen Ruf, der Jacqueline vorauseilte, hatten sogar Rumtreiber wie sie eine Chance. Das wussten die beiden und
nutzten es schamlos aus. Die machte ohnehin immer die Beine breit – und das nicht nur im Bett, sondern auch auf dem Spielplatz, im
Gebüsch oder sonst wo. Jacqueline flachzulegen wurde in unserer Clique zu einer A rt Sport. Ich muss zugeben, dass auch ich irgendwann
ernsthaft darüber nachdachte, denn
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