Im Bus ganz hinten
nichts – ich musste die Strafe absitzen.
Kurze Zeit später war es dann so weit. A m A bend zuvor packte ich ein T-Shirt, eine Hose und eine Unterhose in eine Tasche, dazu noch meine
Waschtasche mit einer Zahnbürste, Zahnpasta und Deo. Ich kannte etliche Leute, die schon mal in so einem Jugendarrest gesessen hatten. Sie
beruhigten mich im Vorfeld und versicherten mir, dass es dort nicht wirklich schlimm sei – eher ein bisschen langweilig. Trotzdem lag ich in
der Nacht unruhig in meinem Kriseneinrichtungsbett. Ich wälzte mich von einer Seite auf die andere, und wenn ich mal kurz einnickte, hatte
ich schlimme A lbträume. Ich sah mich im Knast sitzen – in einer feuchten Kellerzelle bei Wasser und Brot, und zwar für immer. Es war fast
schon eine Erlösung, als der Wecker um sechs Uhr dann endlich klingelte – auch wenn mich das mulmige Gefühl in der Magengegend noch
den ganzen Vormittag begleiten sollte.
Mit dem 175er fuhr ich bis zur Horstwaldstraße. Ich saß natürlich wie immer ganz hinten, aber trotzdem wuchs meine Nervosität. Zur
A blenkung nahm ich meinen Edding zur Hand und taggte ein bisschen rum. Erst am Fenster, dann bekritzelte ich den Ledersitz vor mir. Von
Weitem sah ich schon die A nstalt. Sie sah nicht ganz so bedrohlich aus wie der richtige Jugendknast gegenüber, in den nur die ganz harten
Fälle kamen. A ber wirklich einladend wirkte das Gebäude, in dem ich die nächsten 48 Stunden verbringen sollte, dann auch wieder nicht. A ls
der Bus an der Haltestelle stehen blieb, stieg ich aus und stapfte in die A nstalt. »Yo, ich bin Patrick Losensky. Ich will mich melden, um meine
Zeit hier abzusitzen.« Ich schob dem Beamten meine schriftliche Einladung rüber. »Personalausweis, bitte!«, forderte der in strengem Ton.
A uch den gab ich ihm. Er prüfte das Dokument und schwieg, während ich nervös mit meinem Fuß auf dem Boden tippelte. Nach einer Minute
blickte der Kerl dann wieder hoch. »Okay, Sie bleiben das ganze Wochenende hier. Das bedeutet 48 Stunden A rrest in einem Einzelraum!« –
»Heißt das, ich kann nicht raus auf den Hof oder so?« – »Nein, das ist erst bei einer A rrestzeit ab einer Woche gestattet«, lautete seine wenig
freundliche A uskunft. Ich musste alle meine persönlichen Sachen abgeben, Portemonnaie, Handy, Schlüssel, Uhr, und dann wurde ich von
einem zweiten Beamten abgeführt. Er öffnete eine große Tür und brachte mich zu meinem Raum. A uf dem Weg kamen wir am
A ufenthaltsraum der Jugendlichen vorbei, und hier war es ziemlich laut. Die Typen da drinnen brüllten sich gerade aus vollem Hals an,
anscheinend gab es eine ernsthafte Meinungsverschiedenheit. Worum genau es sich handelte, konnte ich aber nicht hören.
Gleich um die Ecke befand sich mein Zuhause für die nächsten zwei Tage. Der Beamte schubste mich hinein. »So, hier bleibst du. Wenn was
ist, kannst du klingeln, und vielleicht kommt dann wer.« Er verließ den Raum, zog die Türe zu und schloss von außen ab. Das Klicken des
Schlosses war das letzte Geräusch, das ich hörte, danach herrschte Stille. Ich war umgeben vom Nichts. Von einer unangenehmen Leere. Ich
begann mich in meinem Zimmer umzusehen, aber viel gab es da nicht zu entdecken: lediglich ein Holzbett und einen Schrank. Das war’s. Es
erinnerte mich ein bisschen an meine Heimkammer. Ich schnaufte und ließ mich auf die Matratze fallen. Sie war ziemlich hart. »Na ja, dann
chille ich jetzt mal eben zwei Tage hier«, dachte ich. A ls ich so dalag, fiel mir auf, dass vor mir viele andere Jungs ihre Namen hinterlassen
hatten. Die Wände waren mit Edding und Kugelschreibern vollgekritzelt. Ich versuchte zu erkennen, ob Freunde oder Bekannte von mir dabei
waren, aber keiner der Namen sagte mir etwas. Dann begann die Langeweile. Ich starrte an die Decke. Später stand ich auf und blickte durch
das kleine, vergitterte Fenster nach draußen. Ich lief auf und ab, kreuz und quer. Ich hatte Hummeln im A rsch, aber die durften halt nicht
raus. Da ich meine Uhr an der Pforte abgegeben hatte, konnte ich nicht einschätzen, wie spät es war. Die Sonne schien draußen jedenfalls
immer noch hell. A llzu spät konnte es nicht sein.
Das Highlight des Tages bestand dann darin, dass die anderen Insassen plötzlich wie wild gegen meine Türe schlugen und irgendetwas
Eigenartiges riefen, was ich nicht verstand.
Ich versuchte die Zeit mit Nachdenken totzuschlagen: Bin ich echt so ein schlimmer Sohn, oder warum muss ich jetzt hier
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