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Im Bus ganz hinten

Im Bus ganz hinten

Titel: Im Bus ganz hinten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fler
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vollkommen egal, dass es erst acht Uhr abends war – eine wirklich untypische Zeit zum Sprühen. Ich war auf dem totalen Kamikaze-
    Trip. Wir gingen jeder an ein Ende des Waggons und begannen mit unserem Bild. Es hatte zu regnen begonnen, und immer wieder fuhren in
    Höchstgeschwindigkeit die Züge an uns vorbei, aber ich war so in die A rbeit vertieft, dass ich kaum noch etwas davon mitbekam. Die Fahrer
    der Bahnen, die sonst immer hysterisch hupten, mussten uns ja sehen, ignorierten uns heute aber seltsamerweise komplett. »Das geht voll
    easy hier, wa?« Spok war ebenfalls total in seinem Element und sprühte, was das Zeug hielt. »In zwanzig Minuten haben wir das Piece fertig.
    Das glaubt uns keiner!«, lachte er euphorisch. Ich war auch begeistert, hatte aber plötzlich ein komisches Gefühl im Bauch. Ich fühlte mich
    beobachtet. Schnell guckte ich nach rechts, nach links, aber es war niemand zu sehen, also sprühte ich weiter. Dann hörte ich ganz leise einen
    Zweig knacken. »Scheiße, da ist jemand«, flüsterte ich. Wieder guckte ich nach rechts, nach links, nach hinten, sah aber noch immer nichts. Es
    knackte wieder. »Was war das???« A llmählich bekam ich Panik. Und dann entdeckte ich einen Mann, der sich zwischen den beiden Zügen auf
    den Gleisen versteckte. »Kacke!« Ich stupste Spok an, der völlig vertieft in das Bild war. Mit dem Finger zeigte ich lautlos auf den Typen.
    Gleichzeitig sprangen wir weg vom Zug, schnappten unsere Rucksäcke und rannten los. »Es gibt nur einen Fluchtweg«, keuchte ich. »Von
    hinten kommt der Bulle, wir müssen die Treppe hoch und über den Friedhof – hoffen wir, dass da oben nicht noch mehr Polizisten sind!«
    Weit kamen wir nicht. »Stehen bleiben. Kriminalpolizei!«, hörte ich eine tiefe Stimme hinter uns. »Sofort!« Wir liefen trotzdem weiter. Ich
    wollte nicht aufgeben und stürmte Spok hinterher und, so schnell es ging, die Treppen hinauf. Dabei übersprang ich einige Stufen. A ls ich
    nach unten sah, bemerkte ich, wie sich mein Schnürsenkel löste. Fünf Sekunden später stolperte ich auf den nassen Stufen und musste mich
    mit den Händen abfangen. »Jetzt krieg ich dich«, schnaubte der Typ von der Kripo hinter mir. Ich rappelte mich auf, kletterte weiter,
    schwankte und suchte nach Halt. Mit der rechten Hand fasste ich das Geländer. Ich drehte mich kurz um und sah, dass mich der Bulle fast
    eingeholt hatte. Fast konnte ich seinen A tem in meinem Nacken spüren. Jetzt gab ich richtig Gas – auf den letzten acht Stufen berührte ich
    kaum noch das Holz der Treppe. Dann sprang ich durch das Loch im Zaun und sprintete über den Friedhof ins Dunkle.
    Spok war neben mir und deutete japsend auf eine Familiengruft schräg vor uns. Der steinerne Engel, der auf dem kleinen Grabhäuschen saß,
    leuchtete blass in dem wenigen Mondlicht, das trotz des Regens vom Himmel fiel. »Da können wir uns verstecken«, rief Spok mir zu.
    »Vielleicht kommen wir sogar rein in die Gruft!« A ber das war mit mir beim besten Willen nicht zu machen. Mir stellten sich ja schon bei dem
    Gedanken an eine derartige A ktion die Nackenhaare auf. Bevor ich hier auf dem Friedhof in eines der Gräber kroch, würde ich mich lieber
    gleich von den Bullen wieder in die Klapse fahren lassen. A lso liefen wir zum A usgang und von dort über den Innsbrucker Platz bis zur
    Hauptstraße. Die A utos rasten über den verregneten A sphalt. A ls wir an einem Hotel vorbeikamen, hielt ich Spok an der Schulter fest. »Los!
    Rein da!«, schrie ich ihn an. »Jetzt komm schon!« Ich zog ihn durch die Tür in die Lobby, wo wir von Regen und Schweiß tropfend einen
    Moment im Dämmerlicht stehen blieben. Ein kleiner Chinese saß hinter der Rezeption und starrte uns ängstlich an. Seine A ugen waren weit
    aufgerissen. »Keine Sorge. Wir tun Ihnen nichts. Bitte seien Sie einfach ruhig, und verraten Sie uns nicht«, bat ich ihn. Der Chinese nickte
    verstört. Wir liefen zum A ufzug und fuhren bis ins oberste Stockwerk. Plötzlich mussten wir beide laut lachen: »Ey, haben wir es wirklich
    geschafft?«, fragte ich. »A lter, ich glaub schon, aber noch ist nichts sicher. Wenn die Bullen auftauchen und uns der Chinese da unten verrät,
    sind wir am A rsch«, meinte Spok. Mit einem Bing öffnete sich die A ufzugstür. Wir liefen zum nächstgelegenen Fenster und entdeckten ein
    Vordach. »Da raus!«, befahl ich. Durch eine Notfalltür kamen wir nach draußen. Wir stiegen aufs Dach, schlossen die Tür von außen

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