Im Bus ganz hinten
Schattenseiten, weil es ziemlich kontrovers war. Ich hatte eine Menge
A ufmerksamkeit, aber viele Leute verstanden mich total falsch und dachten, ich wäre ein Nazi. Und das nur, weil ich als Deutscher mit einem
Deutschland-Thema um die Ecke kam. Dabei hatte ich mich lediglich als der »neue Deutsche« verkaufen wollen, der zu seiner Identität auch
stehen konnte – so wie meine türkischen Freunde stolze Türken waren und die arabischen eben A raber. Die Telefone des A ggro-Büros
standen plötzlich nicht mehr still. Es gab eine Flut an Interviewanfragen von Magazinen wie dem Focus, dem Spiegel oder dem Stern. Und alle
wollten mit mir über die Nazivergleiche sprechen. Dabei spielte der Scheiß in meiner Welt nicht die geringste Rolle: Ich hatte ja von jeher fast
ausschließlich mit A usländern abgehangen. Die Hip-Hop-Szene lebte doch davon, dass die Leute von überallher kamen. Bei einem Battle
konnte es um alle möglichen Sachen gehen, aber niemals um die Herkunft. Doch egal, wie oft ich das den Reportern erklärte, sie wollten mir
einfach nicht glauben und hatten nicht die kleinste A hnung von der Welt, aus der ich kam.
Und dann geschah das Schlimmste überhaupt: A ggro wollte unbedingt, dass ich für die satirisch-kritische Sendung »Polylux« ein Interview
gab. Das waren die letzten Menschen auf der Welt, die was mit Hip-Hop hätten anfangen können. A lternative Biomüsli-Opfer halt. Weil A ggro
drauf bestand, musste ich den Termin wahrnehmen, doch als ich dann wieder bei mir auf der Couch saß und das fertige Interview im
Fernsehen sah, dachte ich, ich müsste sofort kotzen: Die nannten mich doch eiskalt in einem A temzug mit einer Nazi-Rapper-Band aus
Dresden! Das Interview war bei A ggro im Büro aufgezeichnet worden und wirkte total gestellt. Der Reporter, so ein Sandalettentyp aus Mitte,
ging überhaupt nicht auf meine A ntworten ein. Er hatte gar keinen Bock, mit mir zu diskutieren. Stattdessen schlug er vor, dass ich eine
Deutschland-Fahne in die Kamera hielt und böse mit den A ugen rollte. Was für ein Schund! Der Interviewer hatte mich einfach nur für seine
Story benutzen und vorführen wollen. Ich war stinksauer und rief sofort bei A ggro an: »Gebt mir die Nummer von diesem A rschloch – ich
mach den fertig!«, schrie ich. A ber Spaiche spielte den Pädagogen und erklärte mir, warum ich das auf keinen Fall machen dürfte. Er
versuchte mich zu beruhigen. Meinte, ich würde mir mit einer kindischen Racheaktion nur selbst schaden und solle die Füße stillhalten. Ich
spürte das altbekannte Rauschen in meinem Kopf und war überrascht, dass die Wut noch immer so in mir drinsaß.
Wie sich herausstellte, war das Schicksal in dieser A ngelegenheit auf meiner Seite. Nur wenige Tage später, als ich gerade zum Kaffeeholen
durch Prenzlberg schlenderte, sah ich den »Polylux«-Reporter an der A mpel stehen. Ha! Den schnapp ich mir, dachte ich hocherfreut und ging
sofort auf ihn zu. Er tat so, als ob er mich nicht sehen würde, drückte nervös an seinem iPod rum. A ber an seiner angstvollen Miene konnte
ich erkennen, dass er ordentlich Schiss hatte. »Was soll das? Was war das denn bitte für ein Scheißinterview?«, schrie ich ihn an. Er tat, als
wüsste er gar nicht, wovon ich spreche. Mann, guckte der doof. Und dann: Woooom! Ich gab ihm eine Schelle. Es war allerdings nur eine
leichte Schelle. Hätte ich ihm eine richtige Bombe verpasst, wäre er wahrscheinlich nicht mehr aufgestanden. Der Sandalentyp hatte Glück,
dass sich meine Wut schnell wieder legte. Er starrte mich einen Moment lang geschockt an, und auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen.
Ich holte aus, als würde ich ihm noch eine riesige Nuss verpassen wollen – und wie erwartet lief er noch in derselben Sekunde wie ein Weib
davon. Na ja, eher wie Speedy Gonzalez. Ich sah ihm noch einen Kilometer lang dabei zu, wie er flüchtete. Ich wusste gar nicht, dass man in
Birkenstocks so schnell sein konnte. Haha! Zufrieden rief ich bei A ggro an und erklärte, dass sich der Fall Polylux erledigt hatte. Seit diesem
Tag wünsche ich mir, ich könnte jeden Reporter, der mich nervt, einfach vermöbeln. Mal ganz im Ernst: Der Typ hat doch nur gekriegt, was
er verdiente – eine neue deutsche Schelle.
Songtext – »Neue Deutsche Welle 2005«
Yeah,
Der erste Deutsche, der richtig Welle schiebt,
Fler – Die Neue Deutsche Welle – A ggro Berlin – 2005,
Yeah.
Refrain
Hier kommt die Neue Deutsche Welle, yeah,
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