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Im Bus ganz hinten

Im Bus ganz hinten

Titel: Im Bus ganz hinten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fler
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Schattenseiten, weil es ziemlich kontrovers war. Ich hatte eine Menge
    A ufmerksamkeit, aber viele Leute verstanden mich total falsch und dachten, ich wäre ein Nazi. Und das nur, weil ich als Deutscher mit einem
    Deutschland-Thema um die Ecke kam. Dabei hatte ich mich lediglich als der »neue Deutsche« verkaufen wollen, der zu seiner Identität auch
    stehen konnte – so wie meine türkischen Freunde stolze Türken waren und die arabischen eben A raber. Die Telefone des A ggro-Büros
    standen plötzlich nicht mehr still. Es gab eine Flut an Interviewanfragen von Magazinen wie dem Focus, dem Spiegel oder dem Stern. Und alle
    wollten mit mir über die Nazivergleiche sprechen. Dabei spielte der Scheiß in meiner Welt nicht die geringste Rolle: Ich hatte ja von jeher fast
    ausschließlich mit A usländern abgehangen. Die Hip-Hop-Szene lebte doch davon, dass die Leute von überallher kamen. Bei einem Battle
    konnte es um alle möglichen Sachen gehen, aber niemals um die Herkunft. Doch egal, wie oft ich das den Reportern erklärte, sie wollten mir
    einfach nicht glauben und hatten nicht die kleinste A hnung von der Welt, aus der ich kam.
    Und dann geschah das Schlimmste überhaupt: A ggro wollte unbedingt, dass ich für die satirisch-kritische Sendung »Polylux« ein Interview
    gab. Das waren die letzten Menschen auf der Welt, die was mit Hip-Hop hätten anfangen können. A lternative Biomüsli-Opfer halt. Weil A ggro
    drauf bestand, musste ich den Termin wahrnehmen, doch als ich dann wieder bei mir auf der Couch saß und das fertige Interview im
    Fernsehen sah, dachte ich, ich müsste sofort kotzen: Die nannten mich doch eiskalt in einem A temzug mit einer Nazi-Rapper-Band aus
    Dresden! Das Interview war bei A ggro im Büro aufgezeichnet worden und wirkte total gestellt. Der Reporter, so ein Sandalettentyp aus Mitte,
    ging überhaupt nicht auf meine A ntworten ein. Er hatte gar keinen Bock, mit mir zu diskutieren. Stattdessen schlug er vor, dass ich eine
    Deutschland-Fahne in die Kamera hielt und böse mit den A ugen rollte. Was für ein Schund! Der Interviewer hatte mich einfach nur für seine
    Story benutzen und vorführen wollen. Ich war stinksauer und rief sofort bei A ggro an: »Gebt mir die Nummer von diesem A rschloch – ich
    mach den fertig!«, schrie ich. A ber Spaiche spielte den Pädagogen und erklärte mir, warum ich das auf keinen Fall machen dürfte. Er
    versuchte mich zu beruhigen. Meinte, ich würde mir mit einer kindischen Racheaktion nur selbst schaden und solle die Füße stillhalten. Ich
    spürte das altbekannte Rauschen in meinem Kopf und war überrascht, dass die Wut noch immer so in mir drinsaß.
    Wie sich herausstellte, war das Schicksal in dieser A ngelegenheit auf meiner Seite. Nur wenige Tage später, als ich gerade zum Kaffeeholen
    durch Prenzlberg schlenderte, sah ich den »Polylux«-Reporter an der A mpel stehen. Ha! Den schnapp ich mir, dachte ich hocherfreut und ging
    sofort auf ihn zu. Er tat so, als ob er mich nicht sehen würde, drückte nervös an seinem iPod rum. A ber an seiner angstvollen Miene konnte
    ich erkennen, dass er ordentlich Schiss hatte. »Was soll das? Was war das denn bitte für ein Scheißinterview?«, schrie ich ihn an. Er tat, als
    wüsste er gar nicht, wovon ich spreche. Mann, guckte der doof. Und dann: Woooom! Ich gab ihm eine Schelle. Es war allerdings nur eine
    leichte Schelle. Hätte ich ihm eine richtige Bombe verpasst, wäre er wahrscheinlich nicht mehr aufgestanden. Der Sandalentyp hatte Glück,
    dass sich meine Wut schnell wieder legte. Er starrte mich einen Moment lang geschockt an, und auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen.
    Ich holte aus, als würde ich ihm noch eine riesige Nuss verpassen wollen – und wie erwartet lief er noch in derselben Sekunde wie ein Weib
    davon. Na ja, eher wie Speedy Gonzalez. Ich sah ihm noch einen Kilometer lang dabei zu, wie er flüchtete. Ich wusste gar nicht, dass man in
    Birkenstocks so schnell sein konnte. Haha! Zufrieden rief ich bei A ggro an und erklärte, dass sich der Fall Polylux erledigt hatte. Seit diesem
    Tag wünsche ich mir, ich könnte jeden Reporter, der mich nervt, einfach vermöbeln. Mal ganz im Ernst: Der Typ hat doch nur gekriegt, was
    er verdiente – eine neue deutsche Schelle.
    Songtext – »Neue Deutsche Welle 2005«
    Yeah,
    Der erste Deutsche, der richtig Welle schiebt,
    Fler – Die Neue Deutsche Welle – A ggro Berlin – 2005,
    Yeah.
    Refrain
    Hier kommt die Neue Deutsche Welle, yeah,

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