Im Bus ganz hinten
Minuten hatten wir beide Seitenstechen und spazierten deshalb langsamer durch die Nacht. Mir ging es ein bisschen besser.
Mein Kopf funktionierte wieder fast normal. Nur mein Körper war am Ende. Diese A ttacken raubten mir jedes Mal meine ganze Kraft. Erschöpft
lehnte ich an einer Hauswand und atmete tief durch. »Ich bin einfach völlig verrückt«, erklärte ich. Stefan schüttelte den Kopf. »Nein. Das ist
doch völlig normal. Halt dir mal vor A ugen, was in deinem Leben schon alles passiert ist. Du hast echt eine Menge Scheiße durchgemacht,
Fler.« Vermutlich hatte er recht. Einfach war es für mich wohl nie gewesen.
»Es wird bald wieder bergauf gehen mit dir. Du wirst schon sehen. Du hast Talent. Mit deinem Rap wirst du noch weit kommen.« A ls Shizoe
mir so zuredete, wurde ich wieder zuversichtlicher. Es tat mir gut, dass endlich einmal jemand an mich glaubte. Ich saugte jedes Wort von
ihm auf wie ein Schwamm. Und auf einmal erwachte wieder der alte Lebenswille in mir. Ich wollte unbedingt Erfolg haben, und tief in mir
drinnen spürte ich auch, dass der eingeschlagene Weg meine Bestimmung war. Ich hatte richtig Bock, als Rapper bei A ggro weiterzumachen.
A ufgeben? A uf keinen Fall!
7. Jackpot, ich bin Rapstar!
Ich bin ein AGGRO-BERLINER
Schon am nächsten Morgen klingelte mein Handy. »Hier ist Spaiche. Lass uns mal treffen.« Genau wie alle anderen A ggro-Bosse hatte Spaiche
sich bis jetzt nicht besonders für mich interessiert. Deshalb war ich doch ein bisschen verwundert, dass er mich plötzlich sprechen wollte.
Gespannt fuhr ich ins Büro. A ls ich zur Tür reinkam, grinste er mich schon von Weitem an und rief: »Herzlichen Glückwunsch! Wir wollen dich
als Solokünstler unter Vertrag nehmen.« Ich staunte nicht schlecht. Endlich sollte also auch mein Traum vom großen Rap-Business wahr
werden. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Musikvideos, Konzerte, Fans und jede Menge Geld auf dem Konto – wie cool das alles sein
konnte, beobachtete ich ja gerade bei meinem Kollegen Sido. Er war mit »Mein Block« extrem erfolgreich und der absolute Superstar bei
A ggro Berlin. Ich sah mich schon in seinen Fußstapfen wandeln, als mich Spaiche mit einem Stück Papier und einem Stift aus meinem
Tagtraum riss. »Hier, unterschreib. Das ist dein Vertrag. Du kannst mir ruhig vertrauen. Ich bin der ehrlichste Mensch im ganzen
Musikgeschäft«, sagte er und verzog keine Miene. Mir war schon klar, dass das nicht der beste Deal der Welt sein würde. A ber wer war ich
denn, dass ich irgendwelche A nsprüche hätte stellen können? Ich war doch nur Patrick Losensky aus Lichterfelde. Und jetzt hatte ich die
einmalige Chance, hier ins Business einzusteigen. A lso nahm ich den Stift und unterschrieb meinen ersten Plattenvertrag, ohne mir das
Gedruckte vorher genauer durchzulesen. Ich war im Glücksrausch!
Erst als Spaiche meine Hand schüttelte, um mir zu gratulieren, wurde mir in vollem A usmaß bewusst, was meine Unterschrift auf dem Papier
bedeutete: Es war mein endgültiger Bruch mit Bushido. Mit dem Mann, der mich überhaupt zum Rappen gebracht hatte. Es traf mich wie ein
Blitz. Ich war jetzt offiziell ein A ggro-Berliner und damit ein Feind von Bushido. Der Feind meines ehemals besten Freundes.
Ich ließ mich davon aber nicht lange runterziehen. Wenige Tage später stand ich schon im Studio und nahm den Song »A ggro BerlinA « auf.
Er sollte als Street-Single vorab einen kleinen Vorgeschmack auf mein A lbum bieten. Ich bekam meinen ersten kleinen Videoclip und landete
damit direkt auf Platz 54 der Charts. »Super, Fler!«, freuten sich die A ggros. Für sie war es wichtig zu sehen, dass meine Musik da draußen
angenommen wurde. Sie klopften mir anerkennend auf die Schulter. Und ich konnte es kaum glauben, dass zum ersten Mal in meinem Leben
jemand richtig stolz auf mich war. Kein schlechtes Gefühl! Hoch motiviert, begann ich schon am nächsten Tag mit den A rbeiten an meinem
ersten A lbum Neue Deutsche Welle – zusammen mit dem Produzenten Paul NZA . Mit ihm verstand ich mich auf A nhieb super: Er war zwar
klein, schmächtig und trug eine Harry-Potter-Brille, aber in seinem Herzen war er ein echter Hustler. Seine Beats waren die besten im Land,
und das Lied »NDW 2005«, das wir zusammen machten, war das krasseste von allen. Es wurde zu meiner ersten offiziellen Single. Die A ggro-
Bosse standen so sehr hinter dem Track, dass ihnen das Video satte 60 000 Euro wert war. Sie bereuten
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