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Im Bus ganz hinten

Im Bus ganz hinten

Titel: Im Bus ganz hinten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fler
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Erich. Sie waren genau wie ich am Ende ihrer Kräfte und schmiedeten deshalb einen neuen Plan:
    »Du kommst jetzt ins Heim«, verkündete meine Mutter.
    »Das ist das Beste für uns alle.«
    Woah! Was für eine Ansage. Ihre Worte trafen mich mitten ins Herz. Nach Therapie, Klapse und den ganzen Schulwechseln sollte ich jetzt auch noch ein Heimkind werden. Für mich war das eine absolute Horrorvorstellung – meine Mutter hielt jedoch eisern an ihrem Entschluss fest. Sie schien davon überzeugt zu sein, dass es nicht nur für sie und Erich, sondern auch für mich das Angenehmste war, wenn ich in ein Heim zog. Schon wenige Tage später fuhr sie mich in mein neues Zuhause: das Don-Bosco-Heim in Berlin-Wannsee. Wie versteinert saß ich auf der Rückbank unseres Autos. Nach dreißig Minuten Fahrt waren wir auch schon da, und ohne mich von meiner Mutter zu verabschieden, stieg ich aus dem Wagen und knallte die Tür hinter mir zu. Mama stürmte fluchend hinter mir her in Richtung Eingangstür.
    »Jetzt warte doch, wir müssen noch zum Heimleiter.« »Beeil dich halt«, sagte ich beleidigt und ging weiter. Das Heimgelände war riesengroß. Überrascht bemerkte ich: Es gab eigene Fußball- und Basketballplätze, einen Ponyhof und eine Werkstatt. Außerdem war alles grün und schön gemacht.
    Wenn ich ehrlich war, sah das hier gar nicht so schlecht aus. Auch im Inneren des Hauses gab es nichts zu meckern, die Räume waren hell und freundlich eingerichtet. Nur die Luft in den alten Gemäuern war irgendwie eigenartig, ein bisschen muffig und feucht. Im Büro des Leiters angekommen, wurde ich nett begrüßt. Er erklärte mir, dass ich in eine Gruppe mit anderen Jugendlichen kommen würde, und erledigte den Schreibkram mit meiner Mutter. Dann zeigte er mir mein Zimmer. Darin standen ein Bett, ein Holzschrank und ein altes Radio. Sonst nichts.
    Nicht einmal ein Fernseher. Der Raum war gerade mal sieben Quadratmeter groß, aber irgendwie trotzdem gemütlich. Noch bevor ich meinen Rucksack abgestellt hatte, verabschiedete sich meine Mutter gehetzt.
    »Tschüss, Patrick, mach es gut«, säuselte sie. Ihr schien die Situation allmählich auch ein bisschen unangenehm zu werden, wobei ich nicht sagen konnte, inwiefern sie sich wieder nur für mich schämte oder ob sie vielleicht selbst ein bisschen traurig über unsere Trennung war. Ich winkte ihr kurz zu und setzte mich dann auf mein neues Bett.
    Jetzt war es also offiziell: Ich war ein Heimkind. Das hatte ich nie sein wollen. Meine größte Angst war es immer gewesen, dass ich meine Familie verlieren könnte, auch wenn es nicht gerade die beste Familie war. Ich hatte nie allein sein wollen, und jetzt war es trotzdem so gekommen. Ich legte den Kopf in meine Hände und starrte auf den Holzboden. Dann dachte ich an die Lästerschweine in meinem Viertel. Die würden sich wieder das Maul zerreißen und mich in Zukunft das »verrückte Heimkind« nennen. Na ja, auch nicht schlimmer als nur verrückt, dachte ich mir. Mein Ruf war ohnehin schon ruiniert. Und plötzlich musste ich lachen. Das erste Mal seit Wochen. Vielleicht war das ja der Neuanfang, den ich so dringend brauchte?
    Neugierig ging ich irgendwann nach draußen. Ich musste ja schließlich herausbekommen, wer sonst noch so hier war. Was ich dann allerdings sah, schockierte mich: Die anderen Jugendlichen waren völlig heruntergekommen. Sie trugen die schrecklichsten Klamotten und hatten uncoole Frisuren. Außerdem waren sie komplett ungewaschen. Ich ekelte mich geradezu vor den anderen Heimkindern. Egal, wie schlecht es mir auch ging, ich versuchte immer auf meinen Style zu achten und mich zu pflegen. Beides war meinen Kollegen hier anscheinend nicht so wichtig. Der schlimmste Typ im ganzen Heim war Andreas Moldau. Er wohnte im Zimmer nebenan. Wenn er seine Türe aufmachte, strömte sofort ein beißender Gestank heraus: so ein widerlicher Mix aus Schweiß, Scheiße und gammligen Essensresten. Der Geruch verbreitete sich innerhalb von wenigen Sekunden im ganzen Haus und machte natürlich auch nicht vor meinem Zimmer halt. Der Typ war eine lebende Stinkbombe. Jedes Mal, wenn ich Andreas Moldau roch, kam mir die Kotze hoch, und ich flüchtete nach draußen.
    Mein Lieblingskleidungsstück im Heim war übrigens meine Helly-Hansen-Daunenjacke. Meine Mutter hatte sie mir in der Mini-City am Kurfürstendamm spendiert, vermutlich um ihr schlechtes Gewissen darüber zu beruhigen, dass sie mich abschieben wollte. Ich stand voll auf dieses

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