Im Bus ganz hinten
nun alles anders: Sie hatte einfach keinen Bock mehr.
»Fasst mich nicht an, ihr Schweine!«, kreischte sie auf einmal und begann tatsächlich, zu weinen und zu schreien. Meine beiden Kumpels schienen die Widerworte nur noch weiter anzutörnen.
»Zier dich ruhig, Baby, das macht uns heiß«, lachten sie dreckig. Ich wurde nach draußen geschickt, um Wache zu halten, und stand bald allein auf dem Sportgelände und starrte auf den Boden. Jacquelines Schreie waren mir unheimlich. Sie flehte, sie winselte. Aber Tayfun und Emre wollten sie um jeden Preis flachlegen, sie waren anscheinend wie besessen von dem Gedanken, und bald hörte ich Schläge, die Jacqueline zum Schweigen brachten. Die Angst fuhr mir in die Knochen. Das Treiben, das sonst immer wie ein harmloser Zeitvertreib gewirkt hatte, wurde jetzt zum bitteren Ernst – mir wurde allmählich klar, dass es sich hier um eine richtige Vergewaltigung handelte. Ich würde mich schuldig machen, wenn ich weiterhin stumm an der Tür stehen blieb und nicht eingriff. Ich hatte keine Wahl und begann deshalb, wie in größter Panik an die Toilettentür zu hämmern.
»Da kommt jemand. Los, hört auf! Jemand hat uns bemerkt! Wir müssen weg hier, aber schnell!«, schrie ich mit sich überschlagender Stimme. Coitus interruptus! Jetzt! Ich riss die Tür auf. Emre war total verschwitzt und hing noch immer an Jacqueline. Ihre Klamotten waren zerfetzt. Überall war Blut. Ich spürte den plötzlichen Drang, mich zu übergeben, und kotzte in die Ecke. Endlich bekamen auch die beiden Arschlöscher Panik.
»Los, nichts wie weg!« Sie schubsten das Mädchen einfach von sich und liefen in die Dunkelheit. Ich wagte noch einen letzten Blick in die Toilette. Jacqueline lag blutüberströmt wie ein verletztes Tier auf dem Boden und wimmerte.
»Warum hast du dich bloß auf diese Schweine eingelassen?«, flüsterte ich leise. Sie antwortete nicht und sah mich nicht an, und schließlich rannte ich los.
Es war das letzte Mal, dass ich Jacqueline gesehen habe. Keine Ahnung, was aus ihr geworden ist.
Bang, Boom, Bang!
Mit diesem Schwein Tayfun wollte ich anschließend eigentlich nichts mehr zu tun haben. Dumm nur, dass er wie ich ein begeisterter Sprüher war. Noch dazu hatte er gute Kontakte zu anderen Sprayern. Ich konnte mich deshalb nicht richtig von ihm lossagen und hing zumindest an den Wochenenden zunächst noch gelegentlich mit ihm ab. Zusammen mit anderen Jungs und Mädels aus dem Viertel liefen wir gelegentlich zum Grenzstreifen in Richtung Teltow. Es ging 45 Minuten lang über Feld- und Waldwege. Wir hatten immer viel Spaß, wir lachten und entspannten uns in der Sonne. Bis Tayfun eines Tages völlig unerwartet eine Knarre zog. Alle blieben stehen und starrten ihn an. Ich hatte schon öfter Pistolen gesehen, trotzdem war mir bei dem Anblick nicht ganz wohl.
»Die ist doch eh nicht geladen«, sagte ein Mädchen und lachte ihn aus. Tayfuns Augen verengten sich, vollkommen psycho. Er fühlte sich durch die Worte der Tussi offenbar angestachelt, hob seinen Arm und zielte mit seiner Waffe in den Himmel. Dann drückte er ab. Es knallte unheimlich laut. Bang, Boom, Bang! Erschrocken zuckten wir zusammen, hielten uns die Ohren zu und schlossen die Augen. Als wir sie wieder öffneten, stand Tayfun vor uns und grinste teuflisch. Uns wurde klar: Er hatte mit einer Gaspistole geschossen, denn ein krasser Windstoß blies die Wolke jetzt genau in unsere Richtung. Ich stand etwas abseits und bekam zum Glück nicht viel ab, aber die Mädchen traf das Gas mitten in die Fresse. Sie hielten sich die Hände vors Gesicht und kreischten hysterisch. Tränen schossen ihnen aus den Augen.
»Ich krieg keine Luft mehr«, schrien die Frauen. Eines der Mädchen brüllte besonders hysterisch.
»Huäääääääääääääääh«, kam es in einer ganz fiesen Frequenz aus ihrem Mund. Meine Ohren konnten den schrillen Sound kaum ertragen.
»Was ist los?«, wollte ich wissen und beugte mich zu ihr hinunter. Als sie die Hände vom Gesicht wegnahm, sah ich, was Tayfun angerichtet hatte. Ihre Haut sah teilweise richtig verkokelt aus. Die brennenden Pulverrückstände waren beim Abschuss anscheinend direkt in ihrer Fresse gelandet. Jetzt hatte sie überall rote Brandspuren – und sah aus wie ein Monster.
»Du musst ins Krankenhaus«, sagte eine ihrer Freundinnen mit tonloser Stimme und versuchte die Tränen zu unterdrücken. Wir waren alle ziemlich geschockt. Einer der Jungs rief schließlich einen
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