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Im Café der moeglichen Traeume

Im Café der moeglichen Traeume

Titel: Im Café der moeglichen Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paola Calvetti
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dich, wie weit du denn bist, und in meinem Alter kannst du nicht bluffen – entweder du habilitierst, oder du machst dich verdächtig. Wenn du hingegen sagst, du arbeitest, kommt es ganz darauf an. Wenn es sich um einen prekären Job handelt, nerven sie mit ihrem »Wenn du wüsstest, wie gut ich dich verstehe«, und treten schnell den Rückzug an, weil sie dein Gejammer fürchten. Die Sadisten hingegen reden unentwegt von ihrer eigenen Arbeit, die natürlich hooooochinteressant ist, sodass ich mich wie das Mädchen mit den Schwefelhölzern fühle. Also schwindele ich entweder oder riskiere die extremste Antwort: »Ich weiß nicht, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Um morgens aufstehen zu können, bräuchte ich etwas Erbaulicheres als die Perspektive, eine verabscheuenswürdige Arbeit mit verabscheuenswürdigen Kollegen zu finden.«
    Oder ich irritiere die Leute.
    Fragen Sie doch mal jemanden, der mit einem Törtchen in der Hand dasteht und Ihnen erzählt, wie spitzenmäßig seine neue Arbeit ist: »Und, sind Sie glücklich?« Er wird Sie verwirrt anschauen oder wird, um seine Verlegenheit zu überspielen, zu lachen anfangen. Eine Antwort werden Sie nicht bekommen. Daher, meine liebe Sarah, kann meine Antwort auf deine freundliche Einladung nur in einer höflichen Absage bestehen.
    Ich werde mich heute Abend im Trainingsanzug und in dicken Socken mit Karnickelohren zu Hause vergraben und mich in meinem Unglück suhlen, werde Ordnung in meine kleinen menschlichen Hoffnungen bringen und mir dann vor dem Fernseher eine üppige Mahlzeit gönnen. Alte Fernsehfilme bis zum Abwinken, das ist es, was mich erwartet. Die Auswahl ist riesig. Seit ich nicht mehr so oft zu Mama gehe, habe ich den Anschluss an die qualvollen Leiden der Desperate Housewives praktisch verloren. Ich könnte mir aber auch die Typen anschauen, die in Persons Unknown in einer Wüstenstadt aufwachen, was eine gute Alternative zu Harper’s Island wäre. The Office wäre heute definitiv nicht die richtige Wahl, aber die ein oder andere Episode von In Treatment könnte vielleicht für Denkanstöße sorgen: Es gibt Leute, denen es schlechter geht als dir, Olivia, also hör auf zu lamentieren, und gib dir einen Ruck. Alternativ könnte ich mich auch an meinen Lieblingssendungen sattsehen: Kochsendungen im Fernsehen liebe ich, weil es tröstlich ist, jemanden kochen zu sehen wie die eigene Großmutter.
    Ich muss Sarah unbedingt antworten und habe die Wahl zwischen: »Mir geht es nicht gut, ich geh nach Haus, nehme ein fiebersenkendes Mittel und versuche zu schlafen.« Oder: »Ich muss Rosa Gesellschaft leisten, da ihre Kinder sie versetzt haben.« Oder: »Heute war ein grauenhafter Tag, ich möchte nur noch schlafen. Wir können ja morgen telefonieren. Schönen Abend, schöne Party, und danke für das Geschenk, ich bin schon unglaublich neugierig.«
    Auf dem Display verlangen noch zwei weitere Anrufe nach einer Antwort, einer von Mama und einer von der Empfangskraft von B & P, die mich die Wärme ihrer Solidarität spüren lassen will. Sogar vor ihr, die die Nutzlosigkeit eines spektakulären Universitätsabschlusses zu beklagen hat, schäme ich mich.
    Es ist 16:44 Uhr, und ich rufe nach stundenlanger Abstinenz meine E-Mails ab. In der Bar Tabacchi gibt es WiFi, erneuter Beweis dafür, dass sich Spuren immer schwerer verwischen lassen.
    Von siebenunddreißig Mails sind sechs von Sarah.
    Betreff: »Muss mit dir reden«; »He, ich muss mit dir reden«; »Ich müsste dringend mit dir reden, meine Liebe«; »Ich muss WIRKLICH mit dir reden«, und so weiter und so fort.
    Dann gibt es noch fünf No-reply -Mails.
    Ein Betreff: » AUF DER SUCHE NACH DEM DENKWÜRDIGEN AUGENBLICK ?« Eine Online-Spielothek. Wer weiß, warum die mir schreiben, wo ich doch mittellos bin.
    Wenn ich allerdings zu fantasieren beginne und denke, dass morgen irgendetwas Neues passiert, fühle ich mich entschieden besser, und so gehe ich auf Google und tippe »sprechen mit« ins Suchfeld.
    Trefferauswahl:
    Sprechen mit den Toten
    Sprechen mit einem Techniker von xyz
    Sprechen mit Engeln
    Sprechen mit einem Techniker von xyz
    Sprechen mit den Verstorbenen
    Sprechen mit Schutzengeln
    Der einzig wahre Schutzengel, dem ich mein Herz öffnen würde, ist Manuel, dieser Optimist, der sich nicht so benimmt, als würde er voreilige

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