Im Dienst des Seelenfängers
schön etwas verpaßt, bis wir sie knebeln und an den Handgelenken fesseln konnten.
»Wir sollen euch lebend bringen«, sagte der Leutnant zu ihnen. »Das heißt nicht, daß wir
euch nicht weh tun können. Kommt friedlich mit, tut, was man euch sagt, und ihr bleibt ge-
sund.« Halb und halb erwartete ich, daß er ein höhnisches Lächeln aufsetzte, seinen Schnurr- bart zwirbelte und seine Sätze mit boshaftem Gelächter beendete. Er machte sich einen Spaß daraus, die Rolle des Schurken anzunehmen, auf der die Rebellen für uns bestehen. Feder und Journey würden uns Schwierigkeiten bereiten, wo sie nur konnten. Sie wußten, daß die Lady uns nicht losgeschickt hatte, um sie zum Tee einzuladen.
Auf halbem Weg zurück in Freundesland. Auf den Bäuchen auf einer Hügelkuppe und ein feindliches Lager unter Beobachtung. »Groß«, sagte ich. »Fünfundzwanzig-, dreißigtausend Mann.« Es war eines von sechs gleichartigen Lagern, die sich nördlich und westlich von Charm in einem Bogen anordneten.
»Wenn sie noch lange herumsitzen, bekommen sie Schwierigkeiten«, sagte der Leutnant. Sie hätten sofort nach der Zährenstiege angreifen sollen. Aber der Verlust von Harden, Sid- le, Moth und Linger hatte einen Streit weniger befähigter Anführer um das Oberkommando ausgelöst. Die Rebellenoffensive war ins Stocken geraten. Die Lady hatte ihr Gleichgewicht wiedererlangt.
Ihre schnellen Truppen machten jetzt den Nahrungsbeschaffern der Rebellen das Leben sau- er, löschten Kollaborateure aus, kundschafteten, vernichteten alles, was dem Feund vielleicht nützen konnte. Trotz einer gewaltigen Überzahl beschränkten sich die Rebellen mehr und mehr auf die Defensive. Jeder Tag, den sie im Lager verbrachten, nahm ihnen etwas von ih- rem psychologischen Schwung.
Vor zwei Monaten war unsere Moral noch tiefer am Boden als ein Schlangenhintern. Nun befand sie sich im Aufschwung. Falls wir es bis nach Hause schafften, würde sie das Fliegen lernen. Unser Coup würde die Rebellenbewegung erstarren lassen. Falls wir es bis nach Hause schafften.
Wir lagen reglos auf steilem flechtenbewachsenem Kalkstein und toten Blättern. Der Bach unter uns kicherte über unsere verfahrene Lage. Die Schatten nackter Bäume zeichneten Flek- kenmuster auf uns. Verhaltene Bannsprüche von Einauge und seinen Kumpanen lieferten uns zusätzliche Tarnung. Der Geruch nach Angst und nach schwitzenden Pferden stach mir in den Nasenlöchern. Von der Straße über uns waren die Stimmen von berittenen Rebellen zu hören. Ich konnte ihre Sprache nicht verstehen. Aber sie schienen sich zu streiten. Die Straße war mit unberührten Blättern und Zweigen übersät gewesen und hatte unbewacht ausgesehen. Müdigkeit hatte unsere Vorsicht besiegt. Wir beschlossen, ihr zu folgen. Dann waren wir um eine Biegung gekommen und sahen uns einer Rebellenpatrouille auf der ande- ren Seite des Wiesentals gegenüber, durch das der besagte Bach floß. Sie schimpften über unser Verschwinden. Einige stiegen ab und pinkelten über den Hang in
den Bach…
Feder bäumte sich auf.
Verdammt! schrie ich innerlich auf. Verdammt! Verdammt! Ich wußte es! Die Rebellen plapperten los und kamen an den Straßenrand geeilt. Ich schlug der Frau auf die Schläfe. Goblin verpaßte ihr von der anderen Seite einen Hieb. Der geistesgegenwärtige Schweiger wob mit tentakelgleichen Fingerbewegungen vor seiner Brust Zaubernetze.
Ein zerzauster Busch bebte. Ein fetter alter Dachs rannte watschelnd den Uferhang hinab, durchquerte den Bach und verschwand in einem dichten Pappelhain. Unter Flüchen warfen die Rebellen Steine nach ihm. Wie fallengelassene Krüge prallten sie klappernd von den Kieseln im Bachbett ab. Die Soldaten stapften hin und her und ver- sicherten sich gegenseitig, daß wir doch in der Nähe sein müßten. Zu Fuß konnten wir doch nicht viel weiter gekommen sein. Logik konnte die allerbesten Anstrengungen unserer Zaube- rer zunichte machen.
Furcht packte mich, kniewackelnde, handzitternde, hosenfüllende Furcht. Sie hatte sich durch allzu viele knappe Entkommen stetig aufgebaut. Der Aberglauben sagte mir, daß meine Chancen immer geringer geworden waren.
Soviel zu dem vorherigen Aufwind aufgefrischter Moral. Die vernunftlose Angst entlarvte sie als die Illusion, die sie auch war. Unter ihrer Patina bewahrte ich die defätistische Haltung, die ich von der Zährenstiege mitgebracht hatte. Mein Krieg war vorbei und verloren. Ich woll- te nur noch davonlaufen.
Journey schien ebenfalls munter
Weitere Kostenlose Bücher