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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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werden zu wollen. Ich widmete ihm einen wütenden Blick. Er sank zurück.
Ein leichter Wind wehte durch das tote Laub. Der Schweiß auf meinem Körper erkaltete. Meine Furcht tat es ihm zögernd nach.
Die Patrouille saß wieder auf. Streitend setzte sie ihren Weg auf der Straße fort. Ich behielt sie im Auge, als sie auf der Ostbiegung des Canyons in Sichtweite kamen. Über guten Ket- tenpanzern trugen sie scharlachrote Wappenröcke. Ihre Helme und Waffen waren ausgezeich- net verarbeitet. Die Rebellen erlangten allmählich Wohlstand. Sie hatten als Gesindel mit Ak- kergeräten angefangen.
»Wir hätten sie erledigen können«, sagte einer. »Dussel!« fauchte der Leutnant. »Im Augenblick wissen sie nicht genau, was sie gesehen haben. Wenn wir gekämpft hätten, dann hätten sie es ganz sicher gewußt.« Daß die Rebellen so nahe der Heimat auf uns aufmerksam wurden, konnten wir nicht ge- brauchen. Es gab keinen Platz zum Ausweichen. Der Mann, der sich für den Kampf ausgesprochen hatte, gehörte zu den Versprengten, die wir auf dem langen Rückzug aufgesammelt hatten. »Bruder, wenn du bei uns bleiben willst, sollte dir eines ziemlich schnell klar werden. Wenn du keine andere Wahl hast, dann kämpfst
    du. Weißt du, ein paar von uns hätten auch etwas abbekommen.«
Er grunzte.
»Sie sind außer Sichtweite«, sagte der Leutnant. »Weiter geht’s.« Er übernahm die Führung und steuerte auf die schroffen Hügel hinter der Wiese zu. Ich stöhnte. Schon wieder querfeld- ein.
Mir tat schon jeder Muskel weh. Die Erschöpfung verpaßte mir bereits Halluzinationen. Der Mensch war nicht dafür gedacht, vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang mit sechzig Pfund auf dem Rücken durch die Landschaft zu marschieren. »Verdammt schnell überlegt da hinten«, sagte ich zu Schweiger. Er nahm das Lob mit einem Achselzucken entgegen, ohne etwas zu sagen. Wie immer. Ein Schrei vom Zugende. »Sie kommen zurück.« Wir kauerten uns ausgestreckt an den Hang eines grasbewachsenen Hügels. Genau südlich von uns ragte der Turm über den Horizont. Dieser Basaltwürfel wirkte selbst aus zehn Meilen Entfernung einschüchternd – und in seiner Umgebung fehl am Platz. Das Gefühl verlangte nach einer feurigen Einöde um das Gebäude oder wenigstens nach einem Land, in dem ewiger Winter herrschte. Statt dessen war dieses Land eine grüne Wiese mit sanften Hügeln und klei- nen Gehöften auf den Südhängen. Bäume säumten die tiefen, trägen Bäche, die sich dazwi- schen dahinschlängelten.
In der Nähe des Turmes verlor das Land etwas von seinem bukolischen Charakter, spiegelte dennoch nichts von der unheilvollen Düsternis wider, die die Propagandisten der Rebellen der Festung der Lady andichteten. Kein Bimsstein, keine öden, zerklüfteten Ebenen. Keine bizar- ren bösen Wesen, die über verstreute Menschenknochen daherstolzierten. Keine dunklen Wolken, die stets dräuend und grummelnd am Himmel dahinrollten. Der Leutnant sagte: »Keine Patrouillen zu sehen. Ooaker, Einauge, tut was.« Ich spannte meinen Bogen. Goblin brachte drei präparierte Pfeile mit weichen blauen Köp- fen an den Spitzen heran. Einauge bestreute einen mit grauem Staub und reichte ihn an mich weiter. Ich zielte auf die Sonne und schoß. Blaues Feuer, das zu hell war, um es anzusehen, flammte auf und sank wieder in das Tal. Dann ein zweites Mal und ein drittes Mal. Die Feuerbälle fielen in einer ordentlichen Reihe herab und schienen mehr zu schweben als zu stürzen. »Jetzt warten wir ab«, quiekte Goblin und warf sich in das hohe Gras. »Und hoffen, daß unsere Freunde zuerst eintreffen.« Jede Rebellengruppe in der Nähe würde das Signal ganz sicher untersuchen wollen. Dennoch mußten wir um Hilfe rufen. Wir konnten die Abschirmung der Rebellen unbemerkt nicht durchdringen. »Runter mit euch!« schnappte der Leutnant. Das Gras war hoch genug, um liegende Men- schen zu verbergen. »Dritte Gruppe, ihr übernehmt die Wache.« Männer murrten und behaupteten, daß eine andere Gruppe an der Reihe sei. Aber sie nah- men ihre Wächterpositionen mit diesem minimalen und dazugehörigen Geplärre ein. Ihre
    Stimmung war gut. Hatten wir nicht diese Narren in den Hügeln abgeschüttelt? Was konnte
uns jetzt noch aufhalten?
Ich machte mir aus meinem Bündel ein Kopfkissen und sah den Kumuluswolken zu, wie sie in erhabenen Legionen über mir dahinzogen. Es war ein großartiger, frischer, frühlingshafter Tag.
Mein Blick fiel auf den Turm. Meine Stimmung verdüsterte sich. Der

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