Im Dienst des Seelenfängers
auf das übliche Geknurre. Sonst war nur noch Einauge anwesend, und auch er schien an nichts ande- rem als den anstehenden Geschäften interessiert zu sein. »Haben wir Probleme?« fragte der Hauptmann mich. »Was meinst du damit?«
»Was in den Hügeln geschehen ist. Kein Zufall, oder? Die Lady ruft dich zu sich, und eine halbe Stunde später dreht einer der Unterworfenen durch. Dann ist da noch dein Unfall am Turm. Du wirst schwer verletzt, und niemand hat eine Erklärung dafür.« »Die Logik besteht aus einem Zusammenhang«, stellte Einauge fest. Der Hauptmann ergänzte: »Gestern erfuhren wir, daß du im Sterben lagst. Heute geht es dir offenbar prächtig. Zauberei?«
»Gestern?« Die Zeit war mir wieder durch die Lappen gegangen. Ich schlug den Zeltvor- hang beiseite und starrte zum Turm hinauf. »Und wieder eine Nacht im Elfenhügel ver- bracht.«
»War es ein Unfall?« fragte Einauge.
»Es war kein Unfall.« Die Lady hatte es auch nicht gedacht. »Hauptmann, das paßt doch.«
Der Hauptmann sagte: »Letzte Nacht hat jemand versucht, Raven abzustechen. Darling hat ihn verscheucht.«
»Raven? Darling?«
»Etwas hat sie aufgeweckt. Sie zog dem Kerl eins mit ihrer Puppe über. Wer auch immer es war, er ist entwischt.«
»Seltsam.«
»Ganz entschieden«, sagte Einauge. »Warum schläft Raven weiter, und ein taubes Kind er- wacht? Raven kann die Schritte einer Laus hören. Das riecht nach Zauberei. Mißratener Zau- berei. Das Kind hätte nicht aufwachen sollen.«
Der Hauptmann mischte sich wieder ein. »Raven. Du. Unterworfene. Die Lady. Mordan-
schläge. Ein Gespräch im Turm. Du kennst die Antwort. Spuck sie aus.« Mein Widerwillen war mir anzusehen.
»Du hast Elmo gesagt, daß wir uns von Fänger distanzieren sollten. Wieso das? Fänger be- handelt uns gut. Was ist passiert, als ihr Harden erledigt habt? Wenn du es verbreitest, besteht kein Grund mehr, dich dafür umzubringen.« Ein gutes Argument. Nur würde ich gern sicher sein, bevor ich losplappere. »Ich glaube, es gibt eine Verschwörung gegen die Lady. Seelenfänger und Sturmbringer sind möglicherweise darin verwickelt.« Ich berichtete die Einzelheiten von Hardens Vernichtung und Wispers Un- terwerfung. »Wandler war ziemlich erregt, weil sie den Gehenkten sterben ließen. Ich glaube nicht, daß der Hinker Teil davon war. Man hat ihn reingelegt und sehr geschickt manipuliert. Die Lady ebenfalls. Vielleicht standen der Hinker und der Gehenkte auf ihrer Seite.« Einauge machte ein nachdenkliches Gesicht. »Bist du sicher, daß Fänger darin verwickelt ist?«
»Ich bin mir bei gar nichts sicher. Überraschen würde mich allerdings auch nichts. Seit Be- ryll habe ich mir gedacht, daß er uns benutzt.« Der Hauptmann nickte. »Ganz bestimmt. Ich habe Einauge gesagt, daß er ein Amulett zu- sammenbasteln soll, das einem sagt, ob einer der Unterworfenen in der Nähe ist. Was immer das auch nützen mag. Ich glaube jedoch nicht, daß du noch weiter belästigt werden wirst. Die Rebellen haben sich in Marsch gesetzt. Das dürfte bei allen ganz oben auf der Liste stehen.« Eine Logikkette blitzte in einer Schlußfolgerung auf. Das Wissen war die ganze Zeit vor- handen gewesen. Es hatte nur eines geringen Anstoßes bedurft, um sich in die richtige Rei- henfolge zu ordnen. »Ich glaube, ich weiß, worum es geht. Darum, daß die Lady eine Thron- räuberin ist.«
Einauge fragte: »Einer von unseren Maskenkerlen will sie erledigen, wie sie es mit ihrem Alten gemacht hat?«
»Nein. Sie wollen den Dominator zurückbringen.« »Ha?«
»Er liegt immer noch im Norden eingescharrt. Die Lady hat seine Rückkehr verhindert, als der Zauberer Bomanz ihr den Weg freimachte. Er könnte mit Unterworfenen Verbindung hal- ten, die ihm treu sind. Bomanz hat bewiesen, daß die Verständigung mit den im Gräberland Begrabenen möglich ist. Er könnte sogar einige aus dem Kreis angeleitet haben. Harden war ein ebenso großer Schuft wie jeder beliebige Unterworfene.« Einauge dachte nach und verkündete dann: »Die Schlacht wird verloren gehen. Die Lady wird gestürzt werden. Die Unterworfenen, die ihr noch treu sind, werden in Fesseln gelegt und ihre Truppen ausgelöscht werden. Aber die idealistischsten Elemente der Rebellen neh- men sie dann mit, was im wesentlichen eine Niederlage für die Weiße Rose bedeutet.« Ich nickte. »Der Komet steht zwar am Himmel, aber die Rebellen haben ihr Zauberkind noch nicht gefunden.«
»Ja. Wahrscheinlich hast du recht, wenn du meinst, daß der
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