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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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stürzte mit einem verzweifelten Aufschrei zur Erde. Als der Mann auf dem Boden auftraf, schoß ich einen weiteren Pfeil ab. Er zuckte kurz und blieb dann reglos liegen. Und dann wa- ren wir bei ihm.
Die Lady riß unserem Opfer den schwarzen Morion herunter. Und fluchte. Leise und stetig fluchte sie wie ein Rekrutenausbilder.
»Was?« fragte ich schließlich. Der Mann war tot genug, ich war damit zufrieden. »Das ist sie nicht.« Sie wirbelte herum und starrte zum Wald. Dann sah sie zu dem schwe- benden Teppich. Sie ruckte mit dem Kopf zum Wald. »Sieh nach, ob der andere eine Frau ist. Sieh nach, ob das Pferd dort ist.«
Mit brodelnden Gedanken zog ich ab. Fänger war also eine Frau, ja? Auch noch schlau. Hat- te sich darauf vorbereitet, daß sie mit der Lady auf den Fersen hierher gehetzt werden würde. Mit wachsender Furcht schlich ich mich langsam und lautlos durch das Gehölz. Fänger hatte jeden zum Narren gehalten und das noch klüger getan, als selbst die Lady es vorhergesehen hatte. Was stand als nächstes auf der Liste? So viele Anschläge waren auf mein Leben verübt worden… War dies nicht vielleicht der Moment, die wie auch immer geartete Bedrohung durch mich zu beenden?
Allerdings geschah nichts. Nur daß ich mich zur Leiche im Wald heranschlängelte, ihr einen schwarzen Morion herunterriß und einen hübschen Jungen darunter fand. Angst, Wut und Frustration überwältigten mich. Ich verpaßte ihm etliche Tritte. Nützt ja auch viel, wenn man totes Fleisch mißhandelt.
Der Anfall ging rasch vorüber. Ich entdeckte das Lager, in dem die Ersatzmänner gewartet hatten. Sie hatten sich dort schon eine Zeitlang aufgehalten und hatten sich auch auf einen weiteren Aufenthalt eingerichtet. Sie hatten für einen Monat Vorräte. Mir fiel ein großes Bündel auf. Ich durchtrennte die Verschnürung und spähte hinein. Papie- re. Ein Stapel, der achtzig Pfund wiegen mochte. Die Neugier packte mich. Hastig blickte ich mich um, sah nichts Bedrohliches, stocherte noch tiefer. Und begriff so- fort, was ich da entdeckt hatte. Sie gehörten zu dem Schatz, den wir im Wolkenwald ausge- graben hatten.
Was machten sie hier? Ich hatte angenommen, daß Fänger sie an die Lady weitergegeben hatte. Ha! Verschwörung und Gegenverschwörung. Vielleicht hatte er tatsächlich einige abge- liefert. Und vielleicht hatte er andere zurückbehalten, von denen er glaubte, daß sie sich später als nützlich erweisen würden. Vielleicht waren wir ihm so dicht auf den Fersen gewesen, daß ihm die Zeit gefehlt hatte, sie wieder an sich zu nehmen… Vielleicht kam er bald wieder. Ich bekam wieder Angst, und blickte mich rasch um. Nichts rührte sich.
Wo war er?
Sie, ermahnte ich mich. Fänger gehörte zu den Sies.
    Ich sah mich um, entdeckte Anzeichen für die Flucht des Unterworfenen und entdeckte bald
Hufspuren, die tiefer in den Wald führten. Einige Schritte hinter dem Lager führten sie zu einem schmalen Pfad. Ich kauerte mich hin, spähte einen Weg im Wald entlang, sah goldene Punkte, die in Sonnenlichtstrahlen schwebten. Ich versuchte mir Mut zum Weitergehen zu machen.
Komm zu mir , sagte eine Stimme in meinem Geist. Komm her .
Die Lady. Erleichtert, daß ich dem Pfad nicht folgen mußte, kehrte ich wieder um. »Es war ein Mann«, sagte ich, als ich mich der Lady näherte. »Ich dachte es mir schon.« Sie hielt den Teppich unter ihrer Hand, er schwebte zwei Fuß über dem Boden. »Steig auf.«
Ich schluckte und tat, wie mir geheißen. Es war so, als ob man aus tiefem Wasser in ein Boot klettert. Zweimal fiel ich beinahe hinunter. Als sie mir hinauffolgte, sagte ich zu ihr: »Er – sie – blieb auf dem Pferd und ist dann dem Pfad durch die Wälder gefolgt.« »In welche Richtung?«
»Nach Süden.«
Rasch stieg der Teppich in die Höhe. Unter uns wurden die toten Pferde schnell kleiner. Wir schwebten über den Wald voran. Mein Magen fühlte sich so an, als ob ich in der Nacht zuvor etliche Gallonen Wein getrunken hätte.
    Die Lady fluchte leise. Schließlich sagte sie laut: »Die verdammte Schlampe. Sie hat uns al- le zum Narren gehalten. Einschließlich meines Gatten.« Ich schwieg. Im Augenblick erwog ich das Für und Wider, ob ich die Papiere erwähnen soll- te. Sicher wäre sie daran interessiert. Aber das war ich auch, und wenn ich sie jetzt erwähnte, würde ich nie wieder eine Chance bekommen, sie durchzusehen. »Ich wette, genau das hat sie getan. Sie hat sich der anderen Unterworfenen entledigt, indem sie vorgab, Teil ihrer

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