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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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Verschwörung zu sein. Dann wäre ich an der Reihe gewesen. Und dann hätte sie den Dominator einfach in der Erde gelassen. Alles hätte ihr gehört, und sie hätte ihn weiter festhalten können. Ohne Hilfe kann er nicht ausbrechen.« Sie dachte eher laut, als daß sie direkt mit mir sprach. »Und ich habe die Beweise übersehen. Oder achtete nicht darauf. Es war alles die ganze Zeit so offensichtlich. Hinterhältige Schlampe. Dafür soll sie brennen.« Wir gingen in den Sturzflug über. Fast gab ich das wenige in meinem Magen wieder von mir. Wir fielen in ein Tal, das sich tiefer als die meisten anderen in dieser Gegend in den Bo- den schnitt, obwohl zu beiden Seiten die Hügel nicht höher als zweihundert Fuß aufragten. Wir wurden langsamer.
»Den Pfeil«, sagte sie. Ich hatte vergessen, ein neues Geschoß bereit zu machen. Eine Meile oder so flogen wir langsam in das Tal hinein und dann einen Hang hinauf, bis wir neben einem Vorsprung aus Sedimentgestein zum Stillstand kamen. Dort schwebten wir
    reglos neben dem Felsen. Ein scharfer kalter Wind wehte. Meine Hände wurden steif. Wir
waren weit vom Turm entfernt in einer Gegend, wo der Winter herrschte. Ich bibberte unauf- hörlich.
Die einzige Warnung bestand in einem leisen: »Halt dich fest.« Der Teppich schoß los. Eine Viertelmeile vor uns hatte sich eine Gestalt tief über den Nak- ken eines dahinrasenden Pferdes gebeugt. Die Lady ging tiefer, bis wir nur zwei Fuß über dem Boden dahinjagten.
Fänger sah uns. In einer abwehrenden Geste riß sie eine Hand in die Höhe. Wir kamen her- an. Und ich schoß.
Der Teppich schlug mir entgegen, als die Lady ihn hochriß und noch versuchte, über Roß und Reiter hinwegzuziehen. Es war nicht genug. Der Aufprall ließ den Teppich wanken. Rahmenteile knarrten und brachen. Wir wirbelten durch die Luft. Verzweifelt hielt ich mich fest, während Himmel und Erde um mich kreiselten. Ein weiterer Ruck, als wir aufschlugen, weiteres Wirbeln, als wir uns immer wieder überschlugen. Ich stieß mich ab. Schwankend war ich einen Augenblick später wieder auf den Beinen und legte in rasender Eile einen weiteren Pfeil auf. Fängers Pferd lag mit einem gebrochenen Bein am Boden. Ne- ben der Stute kroch Fänger benommen auf Händen und Knien. Aus ihrer Hüfte ragte eine silberne Pfeilspitze, die anklagend auf mich zeigte. Ich schoß. Und schoß wieder und wieder, während ich daran dachte, welche schreckliche Vitalität der Hinker im Wolkenwald gezeigt hatte, nachdem ihn Raven mit einem Pfeil nie- dergestreckt hatte, auf dem die Macht seines wahren Namens aufgeprägt worden war. Angst- erfüllt riß ich mein Schwert heraus, nachdem ich meinen letzten Pfeil verschossen hatte. Ich rannte los. Ich weiß nicht, wie ich nach den vergangenen Geschehnissen diese Waffe noch im Besitz haben konnte. Ich erreichte Fänger, hob die Klinge an und schlug mit einem wilden beidhändigen Streich zu. Es war der furchtbarste, kraftvollste Schlag, den ich je getan hatte. Seelenfängers Kopf rollte über den Boden. Der Sichtschutz des Morion sprang auf. Ein Frau- engesicht starrte mich mit einem anklagenden Blick an. Eine Frau, die fast genauso aussah wie die, mit der ich hierher gekommen war. Fängers Augen richteten sich auf mich. Ihre Lippen versuchten, Worte zu bilden. Erstarrt blieb ich stehen und fragte mich, was das alles bedeuten sollte. Und aus Fänger wich das Le- ben, bevor ich die Botschaft begriff, die sie mir mitzuteilen versuchte. Zehntausend Mal würde ich zu diesem Augenblick zurückkehren, zehntausend Mal würde ich die Nachricht von den sterbenden Lippen zu lesen versuchen. Die Lady kroch zu mir heran, wobei sie ein Bein hinter sich herzog. Aus Gewohnheit drehte ich mich um, kniete nieder. »Es ist gebrochen«, sagte sie. »Es macht nichts. Das kann war- ten.« Ihr Atem ging flach und schnell. Einen Augenblick lang dachte ich, daß es an den Schmerzen lag. Dann sah ich, daß sie den Kopf anstarrte. Sie begann zu kichern. Ich sah auf das Gesicht, das dem ihren so sehr glich, dann auf sie. Sie stützte eine Hand auf meine Schulter und ließ zu, daß ich etwas von ihrem Gewicht abfing. Vorsichtig stand ich auf und legte einen Arm um sie. »Ich habe dieses Biest nie leiden können«, sagte sie. »Nicht ein- mal, als wir Kinder waren…« Sie warf mir einen wachsamen Blick zu und schwieg abrupt. Das Leben wich aus ihrem Gesicht. Sie wurde wieder zur Eiskönigin.
    Wenn es jemals den Funken einer absonderlichen Liebe in mir gegeben hatte, wie

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