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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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meine
Brüder behaupteten, so erstarb er nunmehr endgültig. Ich sah ganz deutlich, was die Rebellen vernichten wollten – jener Teil der Bewegung, der wahrlich der Weißen Rose angehörte und sich nicht aus den Marionetten des Ungeheuers zusammensetzte, das diese Frau erschaffen hatte und das sie jetzt vernichten lassen wollte, damit es seine eigene Form des Bösen wieder in die Welt bringen konnte. In diesem Augenblick hätte ich ihren Kopf mit Freuden dem ihrer Schwester hinzugesellt.
Zum zweiten Mal, wenn man Fänger glauben konnte. Der zweiten Schwester. Das hier ver- diente keine Bündnistreue.
Für das persönliche Glück des einzelnen, für die Macht des einzelnen, für den Betrag an Widerstand, den jemand zu leisten vermag, gibt es Grenzen. Ich hatte nicht mehr die Kraft, meinem Impuls die Tat folgen zu lassen. Vielleicht später. Als der Hauptmann in Seelenfän- gers Dienste getreten war, hatte er einen Fehler gemacht. Würde meine Sonderstellung aus- reichen, ihm diesen Dienst wieder auszureden, weil unsere Verpflichtung mit Fängers Tod geendet hatte?
Ich bezweifelte es. Zumindest würde ein schwerer Kampf darum geführt werden müssen. Insbesondere, falls er, wie ich vermutete, dem Syndikus in Beryll den Weg auf die andere Seite geebnet hatte. Unter der Annahme, daß wir die Schlacht überlebten, schien die Existenz der Kompanie nicht in unmittelbarer Todesgefahr zu sein. Einen weiteren Verrat würde er nicht gutheißen. Im Konflikt der Grundeinstellungen würde er ihn für das größere Übel hal- ten.
Gab es denn noch eine Kompanie? Die Schlacht um Charm hatte nicht deshalb aufgehört, weil die Lady und ich uns absentiert hatten. Wer wußte schon, was geschehen war, während wir einem abtrünnigen Unterworfenen hinterhergeflitzt waren? Ich warf einen Blick zur Sonne und stellte überrascht fest, daß nur etwas mehr als eine Stun- de verstrichen war.
Auch die Lady dachte an Charm. »Zum Teppich, Arzt«, sagte sie. »Wir sollten wieder zu- rückfliegen.«
Ich half ihr beim Humpeln zu den Überresten von Fängers Teppich. Er war halb zerstört, aber sie glaubte, daß er noch funktionieren würde. Ich setzte sie drauf, sammelte den Bogen ein, den sie mir gegeben hatte, und setzte mich vor sie. Sie flüsterte etwas. Knarrend erhob sich der Teppich. Er erwies sich als sehr unsicherer Sitzgrund. Ich saß mit geschlossenen Augen da und lag mit mir im Widerstreit, während sie um die Stätte von Fängers Ende kreiste. Ich glaubte nicht an das Böse als aktive Macht, nur als Standpunkt, dennoch hatte ich genug gesehen, um meine eigene Philosophie in Frage zu stel- len. Wenn die Lady nicht das gestaltgewordene Böse war, war sie ihm doch so ähnlich, daß es kaum eine Rolle spielte.
Wir flogen wackelnd zum Turm zurück. Als ich die Augen wieder öffnete, konnte ich den großen Block schräg am Horizont erkennen, wie er allmählich größer wurde. Ich wollte nicht dorthin zurück.
    Wir überflogen den Felsengrund westlich von Charm in hundert Fuß Höhe und kamen kaum
voran. Die Lady mußte sich voll konzentrieren, um den Teppich überhaupt in der Luft zu hal- ten. Ich hatte Angst, daß das Ding hier abstürzen oder über dem Rebellenheer seinen Geist aufgeben würde. Ich beugte mich vor, spähte das Felsgewirr unter uns aus und versuchte, ei- nen Platz für die Bruchlandung auszusuchen. Dabei sah ich auch das Mädchen.
Wir hatten das Gewirr zu drei Viertel überquert. Ich sah, wie sich etwas rührte. »Hä?« Dar- ling beschattete sich die Augen und sah zu uns auf. Eine Hand huschte aus dem Schatten und zerrte sie in ein Versteck.
Ich sah verstohlen zur Lady. Sie hatte nichts bemerkt. Sie war zu sehr damit beschäftigt, uns in der Luft zu halten.
Was war hier los? Hatten die Rebellen die Kompanie in die Felsen getrieben? Warum sah ich sonst niemanden?
Mit Mühe gewann die Lady allmählich an Höhe. Vor mir tat sich der Kuchenausschnitt auf. Ein Alptraumland. Zehntausende tote Rebellen bedeckten es. Die meisten waren in Formati- on gefallen. Die Ebenen waren mit Toten beider Parteien übersät. Auf einem schrägen Flag- genstock flatterte auf der Spitze der Pyramide ein Banner der Weißen Rose. Nirgends sah ich jemanden, der sich noch rührte. Bis auf das Geraune eines kalten Nordwinds war das Land in Schweigen gehüllt.
Einen Augenblick lang war die Lady abgelenkt. Ein Dutzend Fuß über dem Boden fing sie uns wieder ab.
Bis auf Fahnen, die sich im Wind wiegten, regte sich nichts. Das Schlachtfeld sah aus wie

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