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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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vorbei. Mit jeder Meile holten wir fünfzig Meter auf. Ich umklammerte meinen Bogen und hielt mich am Alptraum fest. Ich bin nie ein religiöser Mensch gewesen, aber diesmal war ich stark versucht, zu beten. Meine Lady war so unerbittlich wie der Tod. Ich bemitleidete Seelenfänger, wenn sie ihn erwischte.
    Seelenfänger raste eine Straße entlang, die sich durch eines der Täler westlich von Charm zog. Wir befanden uns in der Nähe der Stelle, wo wir uns auf einem Hügel ausgeruht hatten und der Kalkstaub uns gefolgt war. Mir fiel ein, was wir bei Charm durchritten hatten. Eine regelrechte Fontäne von dem Zeug, und sie hatte uns nichts anhaben können. Was geschah dort gerade? War dies irgendein Plan, unsere Leute der Gnade der Rebellen preiszugeben? Zum Ende hin war es offensichtlich geworden, daß die Strategie der Lady ma- ximale Vernichtung einbezog. Daß nach ihrem Willen nur ein kleiner Teil jeder Seite überle-
    ben sollte. Sie machte reinen Tisch. Unter den Unterworfenen hatte sie nur noch einen Feind.
Seelenfänger. Fänger, der beinahe gut zu mir gewesen war. Der mindestens einmal, vor der Zährenstiege, mir das Leben gerettet hatte, als Sturmbringer Raven und mich töten wollte. Fänger, der als einziger Unterworfener mit mir wie ein Mensch gesprochen hatte, der mir ein bißchen von den alten Zeiten erzählt hatte, der auf meine unersättliche Neugier reagiert hat- te…
Was zur Hölle machte ich eigentlich auf diesem Höllenritt mit der Lady auf der Jagd nach einem Wesen, das mich ohne mit der Wimper zu zucken auffressen konnte? Fänger umrundete eine Hügelflanke und war verschwunden, als wir Sekunden später dassel- be Hindernis umritten. Die Lady zügelte ihr Tier, drehte langsam den Kopf, dann riß sie das Pferd herum und hielt auf einen Wald zu, dessen Ränder bis zur Straße reichten. Als sie die ersten Bäume erreichte, ließ sie ihr Pferd wieder halten. Mein Tier hielt neben ihrem an. Die Lady warf sich von ihrem Pferd. Ohne nachzudenken, tat ich es ihr nach. Als ich wieder auf die Beine kam, brach ihr Tier zusammen, und meines stand auf steifen Beinen da und war tot. Faustgroße schwarze Brandwunden klafften in ihren Hälsen. Die Lady deutete nach vorn und setzte sich in Bewegung. Geduckt folgte ich ihr mit aufge- legtem Pfeil. Vorsichtig und lautlos schlich ich wie ein Fuchs durch die Büsche. Sie blieb stehen, kauerte sich nieder, zeigte auf etwas. Ich spähte in die angegebene Rich- tung. Husch, husch, zwei Sekunden lang rasche Bilder. Dann erstarrten sie. In vielleicht fünf- zig Fuß Entfernung sah ich eine Gestalt mit dem Rücken zu uns am Boden knien; sie tat ir- gend etwas mit raschen Bewegungen. Für die moralischen Erwägungen, die ich auf dem Weg gehabt hatte, war jetzt keine Zeit mehr. Diese Kreatur hatte mehrere Male versucht, mich um- zubringen. Mein Pfeil flog los, bevor ich begriff, was ich tat. Er klatschte in den Kopf der Gestalt. Sie stürzte zu Boden. Eine Sekunde lang starrte ich sie mit offenem Mund an und ließ dann die Luft entweichen. So leicht… Die Lady machte drei rasche Schritte und runzelte die Stirn. Rechts von uns raschelte etwas. Irgend etwas rührte sich im Gebüsch. Sie wirbelte herum und rannte zum freien Gelände, schlug mir auf den Arm, als sie an mir vorbeifegte. Sekunden später befanden wir uns wieder auf der Straße. Ein weiterer Pfeil lag auf meinem Bogen. Ihr Arm hob sich und zeigte voraus… Fünfzig Meter weiter glitt ein viereckiger Um- riß aus dem Wald. Eine Gestalt darauf machte eine Wurfbewegung in unsere Richtung. Unter dem Schlag, der aus keiner sichtbaren Richtung zu kommen schien, taumelte ich. Spinnweben zogen sich über meine Augen und ließen meine Sicht verschwimmen. Undeutlich spürte ich, wie die Lady eine Handbewegung machte. Die Weben verschwanden. Ich fühlte mich wieder gesund. Sie deutete auf den Teppich, der sich erhob und davonflog. Ich zog durch und schoß ohne jede Hoffnung, daß mein Pfeil auf diese Entfernung ein be- wegliches Ziel treffen würde.
Das tat er auch nicht, aber nur deshalb, weil der Teppich heftig nach unten und zur Seite wich, während der Pfeil noch flog. Mein Schuß ging nur wenige Zoll hinter dem Kopf des Teppichfahrers vorbei.
Die Lady tat etwas. Die Luft summte. Aus dem Nichts tauchte eine riesige Libelle auf, de- rentgleichen ich schon im Wolkenwald gesehen hatte. Sie flitzte auf den Teppich zu und
    schlug zu. Der Teppich drehte sich, kippte um, wackelte heftig. Sein Reiter wurde abgeworfen
und

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