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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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Lady.
Seelenfänger stellte fest: »Raker zu töten ist nicht mehr nötig. Seine Glaubwürdigkeit ist da- hin. Jetzt zerstören wir das Selbstvertrauen seiner Bewegung.« Er nahm wieder seinen Wach- posten am Fenster ein.
Elmo sagte: »Der Hauptmann sagt, daß der Kreis Raker abbeordert hat. Er weigert sich zu gehen.«
»Er revoltiert gegen seine eigene Revolution?« »Er will diese Falle aufbrechen.«
Ein weiterer Aspekt der menschlichen Natur, der für unsere Seite arbeitet. Übermäßiger Stolz.
»Hol die Karten raus. Goblin und Einauge haben wieder mal Witwen und Waisen ausge- plündert. Zeit, sie zu ruinieren.«
Raker war allein auf sich gestellt, gehetzt, gepeinigt, ein geprügelter Hund, der die nächtli- chen Gassen durchstreifte. Er konnte niemandem vertrauen. Er tat mir leid. Beinahe. Er war ein Narr. Nur Narren wetten weiter gegen die Wahrscheinlichkeiten. Und die Wahr- scheinlichkeiten gegen Raker wuchsen von Stunde zu Stunde.
    Ich deutete auf die Finsternis neben dem Fenster. »Klingt wie eine Zusammenkunft der Flü- sternden Bruderschaft.«
Raven warf einen Blick über meine Schulter und schwieg. Wir spielten Kopf-an-Kopf-Tonk, ein langweiliger Zeitvertreib.
Ein Dutzend Stimmen murmelten dort. »Ich rieche es.« »Du irrst dich.« »Es kommt von Sü- den.« »Mach jetzt ein Ende.« »Noch nicht.« »Es ist Zeit.« »Noch ein wenig länger.« »Wir strapazieren unser Glück. Das Blatt könnte sich wenden.« »Hüte dich vor Stolz.« »Es ist hier. Sein Gestank eilt ihm voraus wie der Atem eines Schakals.« »Frage mich, ob er jemals ein Streitgespräch mit sich selbst verliert.« Raven sagte immer noch nichts. In meinen tollkühneren Stimmungen habe ich schon ver- sucht, ihn aus der Reserve zu locken. Ohne daß es mir geglückt wäre. Mit Seelenfänger war ich schon weitergekommen.
Plötzlich stand Seelenfänger auf; ein ärgerlicher Laut erklang aus den Tiefen seines Leibes. »Was gibt es?« fragte ich. Ich hatte die Nase voll von Rosen. Rosen kotzte mich an. Rosen
    langweilte und ängstigte mich. Wenn man allein auf diese Straßen ging, war man seines Le-
bens nicht mehr sicher.
Eine dieser Gespensterstimmen hatte recht. Wir näherten uns einem Punkt, wo der Ertrag unserer Bemühungen nur noch abnehmen konnte. Allmählich entwickelte ich so etwas wie widerwillige Bewunderung für Raker. Der Mann weigerte sich zu fliehen oder sich zu erge- ben.
»Was gibt es?« fragte ich wieder.
»Der Hinker. Er ist in Rosen.«
»Hier? Warum?«
»Er wittert einen großen Coup. Er will den Verdienst für sich einstreichen.« »Du meinst, er will sich in unser Spiel drängen?« »Das ist sein Stil.«
»Würde denn die Lady nicht…?«
»Das hier ist Rosen. Sie ist weit weg. Und es kümmert sie nicht, wer ihn erwischt.« Die Politik der Vizekönige der Lady. Es ist eine seltsame Welt. Ich verstehe die Menschen außerhalb der Kompanie nicht.
Wir führen ein einfaches Leben. Denken ist nicht erforderlich. Darum kümmert sich der Hauptmann. Wir folgen nur unseren Befehlen. Für die meisten von uns ist die Schwarze Schar ein Zufluchtsort, ein Versteck vor dem Gestern, ein Ort, um ein neuer Mensch zu werden. »Was machen wir jetzt?« fragte ich.
»Ich kümmere mich um den Hinker.« Er unterzog seine Ausrüstung einer Musterung. Goblin und Einauge kamen hereingetorkelt. Sie waren so betrunken, daß sie einander stützen mußten. »Scheiße«, quiekte Goblin. »Schneit schon wieder. Gottverdammter Schnee. Ich dachte, der Winter is’ vorbei.«
Einauge brach in Gesang aus. Irgend etwas über die Schönheiten des Winters. Ich kam da nicht mit. Seine Sprache war nicht sehr deutlich, und er hatte die Hälfte der Worte vergessen. Goblin fiel in einen Stuhl und vergaß Einauge. Einauge brach vor seinen Füßen zusammen. Er kotzte Goblin auf die Stiefel und versuchte weiterzusingen. Goblin murmelte: »Wo sind die denn alle?«
»Draußen und amüsieren sich.« Ich wechselte Blicke mit Raven. »Kannst du das glauben? Daß die beiden sich zusammen betrinken?« »Wohin gehs’ ‘u, aldes Nach’ gespens’?« quiekte Goblin zu Seelenfänger. Seelenfänger fuhr mit seiner Musterung fort und antwortete nicht. »Bastard. Hey. Einauge, alter Kumpel. Stimmt doch? S’ alte Nach’ gespens’ is’n Bastard?« Einauge erhob sich und sah sich um. Ich glaube nicht, daß er aus seinem einen Auge noch
    etwas sah. »S’ stimmt.« Er glubschte mich böse an. »Bassard. All ‘s Bassarde.« Irgend etwas
schien ihn zu erheitern. Er kicherte.
Goblin

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