Im Dienst des Seelenfängers
Raker rechtzeitig für die Frühlingsfeldzüge Ersatz gefunden.« Ich starrte auf die Plaza. Warum sagte Seelenfänger mir das alles? Und alles mit einer Stimme. War das die Stimme des echten Seelenfängers? »Weil du dachtest, daß ich um der Grausamkeit willen grausam sei.« Ich zuckte zusammen. »Wie habt Ihr…?«
Seelenfänger gab ein Geräusch von sich, das als Gelächter durchgehen mochte. »Nein. Ich habe deine Gedanken nicht gelesen. Ich weiß, wie ein Verstand funktioniert. Ich bin der Fän- ger der Seelen, erinnerst du dich?«
Werden die Unterworfenen einsam? Sehnen sie sich nach schlichter Kameradschaft? Nach Freundschaft?
»Manchmal schon.« Das kam in einer Frauenstimme. Einer verführerischen Frauenstimme. Halb drehte ich mich schon um, dann richtete ich erschrocken den Blick wieder rasch auf den Platz.
Auch das las Seelenfänger aus mir. Er kam wieder auf Raker zurück. »Ich hatte nie vor, ihn einfach auszulöschen. Ich wollte, daß der Held von Forsberg sich selbst bloßstellt.« Seelenfänger kannte unseren Feind besser, als wir gedacht hatten. Raker spielte sein Spiel. Er hatte schon zwei spektakuläre, vergebliche Versuche unternommen, unsere Falle zu durch- brechen. Diese Fehlschläge hatten ihn Sympathisanten gekostet. Laut dem Hörensagen schäumte Rosen mittlerweile vor überschwenglicher Befürwortung des Reiches über.
»Er wird sich zum Narren machen, und dann zerquetschen wir ihn. Wie einen lästigen Kä-
fer.«
»Unterschätzt ihn nicht.« Welche Kühnheit. Einem Unterworfenen ungebetenen Rat zu er- teilen. »Der Hinker…«
»Das werde ich nicht. Ich bin nicht der Hinker. Er und Raker gehören der gleichen Art an. In den alten Zeiten… hätte der Dominator ihn zu einem von uns gemacht.« »Wie war er?« Bring ihn zum Weitersprechen, Croaker. Vom Dominator ist es nur noch ein kleiner Schritt zur Lady.
Seelenfängers rechte Hand öffnete sich mit der Fläche nach oben und schloß sich dann lang- sam zu einer Klaue. Die Geste erschütterte mich. Ich stellte mir vor, wie diese Klaue an mei- ner Seele riß. Ende des Gesprächs.
Später sagte ich zu Elmo: »Weißt du, das Zeug da draußen mußte ja nicht unbedingt echt sein. Wenn der Straßenmob nicht herankam, hätte es auch alles andere sein können.« Seelenfänger sagte: »Das stimmt nicht. Raker mußte wissen, daß es echt ist.« Am nächsten Morgen hörten wir vom Hauptmann. Das meiste waren Neuigkeiten. In An- nahme eines Amnestieangebotes hatten einige Rebellenpartisanen ihre Waffen übergeben. Einige Haupttruppler, die mit Raker nach Süden gekommen waren, zogen sich zurück. Die Verwirrung hatte sich auch auf den Kreis erstreckt. Rakers Versagen in Rosen machte ihnen Sorgen.
»Warum das?« fragte ich. »Eigentlich ist doch gar nichts passiert.« Seelenfänger antwortete: »Es passiert auf der anderen Seite. Im Kopf der Leute.« War da etwas Selbstzufriedenes in seiner Stimme? »Raker – und mit ihm gewissermaßen auch der Kreis – wirkt machtlos. Er hätte den Salient einem anderen Befehlshaber überlassen sollen.« »Wenn ich ein großmächtiger General wäre, würde ich vermutlich auch keinen Patzer einge- stehen«, sagte ich.
»Croaker«, japste Elmo erstaunt. Normalerweise halte ich mit meiner Meinung hinter dem Berg.
»Es stimmt doch, Elmo. Kannst du dir irgendeinen General – auf unserer Seite oder auf der anderen – vorstellen, der um seine Ablösung durch einen anderen bittet?« Der schwarze Morion drehte sich in meine Richtung. »Ihr Glaube stirbt. Ein Heer, das nicht an sich selbst glaubt, ist gründlicher besiegt als ein Heer, das in der Schlacht unterliegt.« Wenn Seelenfänger sich mit einem Thema befaßte, konnte ihn nichts davon ablenken. Irgendwie hatte ich das komische Gefühl, als ob er der Typ wäre, der jemandem, der besser dazu geeignet wäre, den Oberbefehl übergeben würde. »Jetzt ziehen wir die Schrauben fester an. Ihr alle. Verbreitet es in den Tavernen. Flüstert es in den Straßen. Versengt ihn. Hetzt ihn. Treibt ihn so sehr an, daß er keine Zeit mehr zum Denken hat. Ich will ihn so verzweifelt sehen, daß er etwas Dummes versucht.«
Meiner Meinung nach hatte Seelenfänger den richtigen Einfall. Dieser Teilkrieg der Lady
würde auf keinem Schlachtfeld gewonnen werden. Der Frühling stand kurz bevor, trotzdem hatten die Kämpfe noch nicht begonnen. Die Augen des Salient waren auf die Freistadt ge- richtet und warteten auf das Ergebnis dieses Zweikampfs zwischen Raker und dem Kämpen der
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