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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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zeigte Geduld. Bemerkenswerte Geduld. Ein anderer Unterworfener hätte mich niederge- streckt. »Raker. Verrate uns nicht.«
Ich weiß nicht, woher er es wußte. Vielleicht wollte ich es auch gar nicht wissen. Diese Din- ge machen mir angst.
»Ein heimlicher Besuch war im Szenario vorgesehen«, flüsterte Goblin quiekend. Wie kann er quieken, wenn er flüstert? »Raker muß herausfinden, womit er es zu tun hat. Von anderer Stelle aus kann er das nicht erfahren.« Der dicke kleine Mann schien stolz zu sein. Der Hauptmann nennt die menschliche Natur unsere schärfste Waffe. Neugier und Überle- benswille hatten Raker in unseren Kessel getrieben. Vielleicht würde er diese Waffe gegen uns richten. Auch wir haben etliche Haken und Ösen.
    Wochen verstrichen. Raker kam immer wieder und war es anscheinend zufrieden, nur zu
beobachten. Seelenfänger befahl uns, ihn in Ruhe zu lassen, ganz gleich, als welch leichtes Ziel er sich auch darbieten mochte.
Unser Mentor mochte da vielleicht nur an uns denken, aber er hat einen grausamen Wesens- zug. Es schien mir, als ob er Raker mit der Ungewißheit seines Schicksals quälen wollte.
    »Dieses Kaff wird langsam beuteverrückt«, krähte Goblin. Er vollführte einen seiner Tänze. »Du solltest häufiger vor die Tür gehen, Croaker. Raker bringt Schwung in die Geschäfte.« Er winkte mich in die Ecke, die von Seelenfänger am weitesten entfernt lag, und öffnete eine Börse. »Sieh mal«, flüsterte er.
Er hatte zwei Handvoll Münzen darin. Einige davon waren aus Gold. »Du wirst nachher noch mit Schlagseite herumlaufen«, stellte ich fest. Er grinste. Wenn Goblin grinst, ist das schon ein bemerkenswerter Anblick. »Das habe ich verdient, als ich Hinweise verkaufte, wo man Raker finden könnte«, flüsterte er. Mit einem Seitenblick zu Seelenfänger fügte er hinzu: »Falsche Hinweise.« Er legte eine Hand auf meine Schulter. Dazu mußte er sich schon strecken. »Man kann da draußen reich werden.« »Ich wußte nicht, daß wir das hier machen, um reich zu werden.« Er runzelte die Stirn. Sein rundes bleiches Gesicht legte sich in Falten. »Was bist du denn? Irgendein…?«
Seelenfänger drehte sich um. Goblin krächzte: »Nur ein Streit um eine Wette, Herr. Nur eine Wette.«
Ich lachte laut auf. »Wirklich überzeugend, Fettsack. Warum hängst du dich nicht auf?« Er schmollte, aber das dauerte nicht lange. Goblin ist unverwüstlich. Sein Humor bricht sich in den niederschmetterndsten Lagen Bahn. Er flüsterte: »Mann, Croaker, du solltest mal se- hen, was Einauge macht. Verkauft Amulette. Sagen dir garantiert, wenn ein Rebell in der Nä- he ist.« Ein rascher Blick zu Seelenfänger. »Sie funktionieren sogar wirklich. Irgendwie je- denfalls.«
Ich schüttelte den Kopf. »Wenigstens kann er dann seine ausstehenden Kartenschulden be- zahlen.« Das war Einauge, wie er leibte und lebte. In Meystrikt hatte er es schwer gehabt, weil es keinen Platz für seine üblichen Ausflüge zum Schwarzmarkt gegeben hatte. »Ihr Kerls sollt doch Gerüchte ausstreuen und den Kessel am Brodeln halten, anstatt…« »Schsh!« Wieder sah er verstohlen zu Seelenfänger herüber. »Das machen wir doch. In jeder Kneipe hier. Verdammt, die Gerüchteküche ist schon kurz vorm Explodieren. Komm mit. Ich zeig’s dir.«
»Nein.« Seelenfänger wurde von Tag zu Tag gesprächiger. Ich hegte Hoffnungen auf eine echte Unterhaltung.
    »Selber schuld. Ich kenne einen Buchmacher, der Wetten darauf annimmt, wann Raker sei-
nen Kopf verliert. Weißt du, du hast gewissermaßen Informationen von der Quelle.« »Verzieh dich, bevor du deinen verlierst.« Ich ging zum Fenster. Eine Minute später eilte Goblin unten über den Platz. Unserer Falle widmete er nicht einen Blick.
»Sollen sie doch ihre Spielchen spielen«, sagte Seelenfänger. »Herr?« Meine neue Annäherungstaktik. Arschkriecherei. »Meine Ohren sind schärfer, als es deinem Freund bewußt ist.« Ich musterte die Vorderseite des schwarzen Morions, versuchte einen Hauch der Gedanken hinter dem schwarzen Metall zu erhaschen. »Es ist nicht weiter wichtig.« Er verlagerte seine Haltung und starrte an mir vorbei. »Der Untergrund ist vor Entsetzen wie gelähmt.« »Herr?«
»Der Mörtel, der sie zusammenhält, ist verrottet. Bald wird er zerbröckeln. Das wäre nicht passiert, wenn wir Raker gleich am Anfang erwischt hätten. Dann hätten sie ihn zum Märtyrer gemacht. Der Verlust hätte Trauer hervorgerufen, aber sie hätten weitergemacht. Der Kreis hätte für

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