Im Dienst des Seelenfängers
begann dann mit einem langsamen Lied. »Los, Croaker!«
Ein Zauberbann! Ich Narr! Ich hatte vergessen, was Raker war. Ich stürmte los. Raven er- reichte ihn im gleichen Augenblick.
Ich sah auf die Leiche hinunter. »Und was jetzt?« Raven kniete sich daneben und holte ein anderes Messer heraus. Es hatte eine gezackte Klin- ge. »Jemand wird auf Seelenfängers Schatz Anspruch erheben.« »Er wird einen Anfall bekommen.«
»Willst du es ihm sagen?«
»Nein. Aber was machen wir damit?« Es hatte schon Zeiten gegeben, in denen es der Schwarzen Schar einigermaßen gut ging, aber reich war sie nie gewesen. Unser Daseinszweck besteht nicht im Ansammeln von Reichtümern. »Ich kann etwas davon gebrauchen. Alte Schulden. Der Rest… Teilt ihn auf. Schickt ihn nach Beryll zurück. Was ihr wollt. Es ist da. Warum soll der Unterworfene es behalten?« Ich hob die Schultern. »Ganz wie du willst. Ich hoffe bloß, Seelenfänger wird nicht der An- sicht sein, daß wir ihn übers Ohr gehauen haben.« »Nur du und ich wissen davon. Ich werde ihm nichts sagen.« Er wischte den Schnee vom Gesicht des alten Mannes. Raker wurde schnell kalt.
Raven benutzte sein Messer.
Ich bin Arzt. Ich habe schon Gliedmaßen entfernt. Ich bin Soldat. Ich habe schon einige blu- tige Schlachtfelder gesehen. Trotzdem fühlte ich mich unbehaglich. Einen Toten zu köpfen erschien mir nicht richtig.
Raven verstaute unsere unheimliche Trophäe in seinem Mantel. Es schien ihn nicht zu stö- ren. Auf dem Rückweg in unseren Stadtteil fragte ich ihn: »Warum sind wir ihm eigentlich gefolgt?«
Er antwortete nicht sofort. Dann: »Der Hauptmann schrieb in seinem letzten Brief, daß ich es zu Ende bringen sollte, falls sich die Gelegenheit ergab.« Als wir uns dem Platz näherten, sagte Raven: »Geh nach oben. Schau nach, ob das Gespenst da ist. Falls nicht, schick den Nüchternsten von uns nach dem Wagen aus. Dann kommst du wieder hierher.«
»In Ordnung.« Ich seufzte und hastete zu unserem Quartier. Alles für ein bißchen Wärme. Der Schnee lag nun einen Fuß tief. Ich fürchtete, daß meine Füße einen dauerhaften Schaden davongetragen hatten.
»Wo zur Hölle bist du gewesen?« wollte Elmo wissen, als ich durch die Tür gestolpert kam. »Wo ist Raven?«
Ich sah mich um. Kein Seelenfänger. Goblin und Einauge waren wieder da und tief im Ko- ma. Otto und Hagop schnarchten wie die Riesen. »Wie geht es Otto?« »Dem geht’s gut. Was hast du angestellt?« Ich ließ mich neben dem Feuer nieder und zerrte mir die Stiefel herunter. Meine Füße waren blau angelaufen und taub, aber nicht erfroren. Bald begannen sie schmerzhaft zu kribbeln. Mir taten auch die Beine von all dem Gestapfe durch den Schnee weh. Ich erzählte Elmo die gan- ze Geschichte.
»Ihr habt ihn getötet?«
»Raven sagte, daß der Hauptmann dieses Unternehmen beendet haben will.« »Jep. Ich dachte nicht, daß Raven losmarschieren und ihm den Hals abschneiden würde.« »Wo ist Seelenfänger?«
»Der ist noch nicht wieder aufgetaucht.« Er grinste. »Ich hole den Wagen. Sag sonst nie- mandem etwas davon. Zu viele lockere Mundwerke.« Er warf sich seinen Mantel über die Schultern und stampfte hinaus.
Meine Hände und Füße fühlten sich wieder einigermaßen menschlich an. Ich ging zu Otto und griff mir seine Stiefel. Er hatte etwa meine Größe, und er brauchte sie gerade nicht. Und wieder in die Nacht hinaus. Fast schon in den Morgen. Bald würde es Tag werden. Falls ich von Raven irgendwelche Vorwürfe erwartet hatte, wurde ich enttäuscht. Er sah mich nur an. Ich glaube, er zitterte sogar. Ich weiß noch, wie ich dachte: Vielleicht ist er ja
doch ein Mensch. »Mußte meine Stiefel wechseln. Elmo holt den Wagen. Die andern sind
weggetreten.«
»Seelenfänger?«
»Ist noch nicht wieder da.«
»Dann laß es uns angehen.« Er trat in die wirbelnden Flocken hinaus. Ich eilte ihm hinterher. Der Schnee hatte sich nicht auf unserer Falle gesammelt. Sie gab weiterhin ihr goldenes Glühen von sich. Unter ihr sammelte sich Wasser, rann fort und wurde zu Eis. »Glaubst du, daß Seelenfänger merkt, wenn dieses Ding sich entlädt?« »Darauf würde ich eigentlich schon wetten. Goblin und Einauge würden es auch merken.« »Um die beiden könnte das Haus abbrennen, und sie würden sich nicht umdrehen.« »Trotzdem… Sshh! Da ist jemand. Geh da lang.« Er schlug einen Bogen in die andere Rich- tung.
Warum mache ich das eigentlich? fragte ich mich, als ich mit der Waffe in der Hand durch den Schnee
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