Im Dienste der Comtesse
an.
Pierce parierte. Er war sich sicher gewesen, dass Séraphin La Mottes Erpresser war, aber er hatte nichts gesagt, das diesen Verdacht bestätigte. Wenn Séraphin ihn nicht bewusst auf eine falsche Fährte lockte, so glaubte dieser, Pierce suchte nach Jean-Baptiste als Zeugen für Bertiers Tod. „Wo ist Jean-Baptiste hingegangen?“
„Ich habe keine Ahnung, und es interessiert mich auch nicht.“ Séraphin setzte seinen Kampf noch heftiger fort.
Pierce brauchte ihm keine weiteren Fragen mehr zu stellen, und dafür war er aufrichtig dankbar. Trotz Mélusines Befürchtung hatte er Séraphin nie unterschätzt. Er wollte nicht, dass der Kampf länger dauerte als unbedingt nötig. Sein Arm schmerzte, Schweiß rann ihm in die Augen. Er hatte keine Zeit, ihn wegzuwischen. Eine unaufmerksame Sekunde würde Séraphin genügen.
Pierce griff nun ebenfalls mit aller Entschlossenheit an. Vermutlich war Séraphins Technik eleganter, aber er hatte noch nie zuvor um sein Leben kämpfen müssen. Zum ersten Mal sah Séraphin sich einem Gegner gegenüber, der nicht nur den Willen, sondern auch die Fähigkeit besaß, ihn zu töten.
Pierce schlug zu, als er die gesuchte Öffnung in der Deckung fand. Die Klinge bohrte sich tief in Séraphins Seite. Pierce zog sie wieder heraus und trat einen Schritt zurück. Séraphins Augen weiteten sich vor Überraschung und Schrecken. Er sah an sich herab und presste die Hand auf die Wunde. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor, aber er hob das Schwert, um weiterzukämpfen.
Pierce schlug es ihm aus der Hand und versetzte ihm einen mächtigen Hieb gegen das Kinn. Auch verwundet stellte Séraphin eine Gefahr dar, und Pierce wollte kein Risiko eingehen. Bewusstlos brach er nun zusammen.
Er hörte Mélusines Schluchzen und drehte sich zu ihr um, um sie in die Arme zu schließen. An ihr vorbei reichte er Saint-André sein Schwert, danach schlang er die Arme um sie und drückte sie fest an sich. Sie zitterte am ganzen Leib.
„Es tut mir leid“, sagte er heiser. „Ich hätte dich nie allein lassen dürfen.“
„Ich war schließlich in meinem eigenen Haus. Da sollte ich doch … Was ist mit Paul?“, fügte sie unvermittelt hinzu.
„Als ich kam, schimpfte er gerade mit Suzanne, weil sie den Verband zu straff anlegte“, erklärte Saint-André und bückte sich über Séraphin. „Es ist meine Schuld, ich hätte früher kommen müssen. In Versailles habe ich einen alten Freund getroffen, dadurch wurde ich aufgehalten. Als ich bei Séraphin eintraf, sagte man mir, er sei kurz zuvor in großer Eile aufgebrochen. Das hielt ich für eine gute Gelegenheit, mich dort etwas umzusehen. Ich lenkte die Bediensteten ab, fand aber nichts, was einen Hinweis gegeben hätte. Irgendwann fragte ich mich, wo Séraphin wohl so eilig hingehen wollte. Es tut mir leid. Von da an war er mir ein, zwei Schritte voraus.“
„Sie sind doch noch rechtzeitig gekommen“, sagte Mélusine. „Ich glaube zwar nach wie vor, dass Sie ihn hätten erschießen sollen, aber das ist auch meine einzige Beanstandung.“
„Mélusine!“, rief Pierce.
„Es ist mir gleich, wenn sich das nicht schickt“, gab sie aufgebracht zu verstehen. „Was immer er auch zu seiner Verteidigung sagen mag, er ist kein ehrenhafter Mensch. Es ist mir gleich, was ihm zustößt, Hauptsache, du bleibst am Leben.“
Saint-André sah Pierce leicht lächelnd an. „Sie haben mehr Skrupel als sie“, stellte er auf Englisch fest. „Wenn seine Wunde gut versorgt wird, kann er überleben.“
„Oder am Wundfieber sterben“, versetzte Pierce, ebenfalls auf Englisch. „Er ist nicht der Erpresser.“
„Ich habe es gehört. Was werden Sie jetzt tun?“
„Keine Ahnung, aber wahrscheinlich fange ich damit an, dass ich erkläre, warum wir uns in einer Sprache unterhalten, die Mylady nicht verstehen kann“, erwiderte Pierce, der bemerkt hatte, wie Mélusine trotz ihres Schocks erstaunt zwischen den beiden Männern hin und her sah.
Saint-André schmunzelte. „Ich halte hier die Stellung. Nach allem, was sie durchgemacht hat, verdient sie es, die Wahrheit zu erfahren. Bringen Sie sie in ihr eigenes Appartement zurück, ich kümmere mich um Séraphin. Erzählen Sie ihr alles über mich, was nötig ist“, fügte er hinzu.
„Sehr großzügig“, gab Pierce sarkastisch zurück. Ihm war klar, dass Saint-André ihn bewusst dazu gebracht hatte, vor Mélusine Englisch zu sprechen. „Seien Sie gewiss, ich werde alles berichten, was ihre Entrüstung über
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