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Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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nahm seinen Vorschlag mit solcher Begeisterung an, dass ich es für klüger hielt, mich anzuschließen.“ Er nahm die Blätter von seinem Mantel und legte sie auf den Tisch. „Andere Männer werden wiederum von unmittelbareren Sorgen angetrieben. Können sie Arbeit finden? Können sie ihre Familie ernähren? Der Zeitpunkt für einen Aufstand, sei es im Alleingang oder gemeinsam, ist gekommen, wenn diese Dinge nicht mehr gesichert sind. Mit all seinen Idealisten, praktisch denkenden Menschen und Opportunisten ist Paris zu einem gefährlichen Pulverfass geworden.“
    Obwohl sich die Aufständischen von der Place Vendôme entfernten, waren von den Tuilerien, der Place Louis XV. und aus weiteren Richtungen her Pistolen- und Musketenschüsse und andere Kampfgeräusche zu hören. Mélusine erlaubte niemandem aus dem Haus nach draußen zu gehen. An Schlaf war jedoch auch nicht zu denken. Nach dem Abendessen ging sie hinauf in ihr Atelier. Die Kerzen zündete sie nicht an, damit sie aus dem Fenster sehen konnte, ohne selbst gesehen zu werden.
    In friedlicheren Zeiten war Paris bei Nacht recht hell erleucht, doch in dieser Nacht lagen alle Häuser rund um den Platz im Dunklen. Rastlos lief Mélusine zwischen dem Fenster und ihrer Werkbank hin und her. Am vergangenen Dienstag war Vollmond gewesen. Jetzt war die Nacht längst nicht mehr so hell, aber Mélusine beschloss, dass das Licht ausreichte, um ein wenig an ihrer Töpferscheibe zu arbeiten. Außerdem war es eine gute Übung, das im Halbdunklen zu tun.
    Eine Stunde später ging die Tür auf und Pierre erschien mit einer Tasse heißer Schokolade und ein wenig Gebäck.
    „Sie bringen mir Frühstück, bevor ich überhaupt zu Bett gegangen bin“, sagte sie, als sie den vertrauten Duft der Schokolade wahrnahm.
    „Eigentlich sollten Sie im Bett sein“, meinte er. „Aber da Sie nun mal auf sind …“
    „Ich glaube nicht, dass ich mich jetzt hinlegen, geschweige denn schlafen könnte“, erwiderte sie. „Vielleicht ist es für Sie nicht dasselbe. Aber es muss Zeiten für Sie auf dem Freibeuterschiff gegeben haben, als Sie auch nicht wussten, was im nächsten Moment geschehen würde – ob Sie möglicherweise geradewegs in eine Gefahr hineinsegelten.“
    „Sie begeben sich nicht in Gefahr“, widersprach Pierre. „Ich glaube, dass keiner von uns ernsthaft bedroht ist durch das, was sich heute Nacht auf den Straßen abspielt, jedenfalls nicht, solange wir im Haus bleiben. Die Leute wollen Waffen und Schießpulver, und beides werden sie nicht hier im Haus suchen.“
    „Haben wir überhaupt Waffen?“, erkundigte sich Mélusine.
    „Wenn Sie mich fragen, ob ich bewaffnet bin, so lautet die Antwort ja. Das Gleiche gilt für Paul. Ich habe ihm jedoch eingeschärft, in dem wirklich äußerst unwahrscheinlichen Fall, dass die Menge doch versucht, hier einzubrechen, keinesfalls zu schießen.“
    „Aber was sollte er stattdessen tun?“, fragte Mélusine verwirrt. Wozu hatte man eine Waffe, wenn man sie nicht benutzte?
    „Die Tür öffnen und die Leute im Haus herumführen“, erklärte Pierre. „Ihnen Erfrischungen anbieten, etwas zu essen, und Wein natürlich. Und sich aufrichtig dafür entschuldigen, das wir leider nicht das haben, was sie suchen, obwohl wir mit ganzem Herzen hinter ihrer Sache stehen.“
    Mélusine atmete tief durch. „Und Sie glauben, dass sie sich damit zufriedengeben würden? Was ist, wenn sie mehr … Gastfreundschaft einfordern als nur Essen und Wein?“
    „Dann würde ich Sie höflich auf die Tatsache hinweisen, dass ich meine Frauen mit niemandem teile. Und wenn sie dann wieder weg sind“, fuhr er fort, ehe Mélusine etwas sagen konnte, „würde ich mich ebenso höflich bei Ihnen für diese Verstiegenheit entschuldigen.“
    Mélusine wurde schwer ums Herz. Sie hatte also recht gehabt mit ihrer Vermutung, dass Pierre es nicht darauf anlegte, ihr Liebhaber zu werden. „Liegt das an Ihren Prinzipien oder an nicht vorhandener Neigung?“ Im selben Moment schoss ihr die Röte ins Gesicht, weil sie merkte, dass sie laut gedacht hatte.
    Eine unerträgliche Stille folgte ihren Worten. Trotz des fahlen Mondscheins war es zu dunkel, um seinen Gesichtsausdruck erkennen zu können. Vielleicht hatte er sie ja gar nicht verstanden. Ihre Verlegenheit nahm weiter zu und ihr brach der Schweiß aus.
    „Ich meinte …“, fing sie an.
    „Ich weiß, was Sie meinten.“ Er hörte sich nicht verärgert an. Sie konnte seine Stimmung zwar nicht deuten, aber

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