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Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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vielleicht gelingt es mir, mich noch einmal mit Laurette zu unterhalten. Beim letzten Mal wurden wir von Ihrem aufgeblasenen Benoît unterbrochen.“
    „Er ist nicht mein Benoît“, protestierte Mélusine. „Er war nie ganz so schlimm wie Thérèse Petit, aber viel hat nicht gefehlt. Man hätte meinen können, die beiden wären der Comte und die Comtesse de Gilocourt und wir nur störende Eindringlinge.“
    „Ist Ihr Mann nie auf die Idee gekommen, die Dienerschaft seines Vaters in den Ruhestand zu schicken und neues Personal einzustellen?“, fragte Pierce gereizt.
    Mélusine nagte an ihrer Unterlippe. „Ich habe das einmal vorgeschlagen, aber Bertier nahm mir das sehr übel. Vielleicht fühlte er sich in seinem Stolz verletzt. Jedenfalls brachte ich das Thema nie wieder zur Sprache. Ich glaube, Saint-André möchte noch einmal mit uns reden. Vielleicht weiß er etwas, was er vor dem Wärter nicht zu sagen wagte.“
    „Höchstwahrscheinlich“, stimmte Pierce trocken zu. „Ich werde mich zu gegebener Zeit noch einmal mit ihm unterhalten. Weglaufen kann er uns ja nicht.“

9. KAPITEL
    Sonntagnachmittag, 12. Juli 1789
    Zu vieles ging Mélusine durch den Kopf, um sich auf Feinheiten konzentrieren zu können. Daher bereitete sie etwas Ton für die Töpferscheibe vor. Mit gleichmäßigen Griffen knetete sie die Masse, während sich ihre Gedanken überschlugen. Nie hätte sie von sich erwartet, dass sie jemandem erzählen würde, was sie Bertier sagen gehört hatte. Selbst jetzt konnte sie es nicht recht fassen, dass sie es getan hatte. Aber es war ihr leichter gefallen, als sie vermutet hatte, mit Pierre darüber zu sprechen. Sie fühlte sich immer noch ein wenig verwundbar und nervös, aber die Scham, die sie die letzten acht Monate empfunden hatte, war fort. Sie hatte nichts Falsches getan. Sie hatte nicht absichtlich gelauscht. Und Pierre hatte ihr versichert, sie wäre kein Feigling, weil sie Bertier und Saint-André nicht sofort zur Rede gestellt hatte. Sie teilte den Ton in mehrere gleich große Portionen auf und begann, jede einzelne noch einmal gründlich durchzukneten.
    Fast die ganze Nacht hatte sie über Pierre, Bertier und Saint-André nachgedacht, über Pierre allerdings weitaus mehr als über die anderen beiden. Und nachdem sie schon eingeschlafen war, wachte sie aus ungewohnten, sinnlichen Träumen auf und stellte fest, dass sich ihr Körper vor einem ungestillten Verlangen verzehrte. Sie musste zu einem Entschluss kommen, über das, was sie mit ihren Gefühlen für Pierre anfangen sollte. Er hatte klar zum Ausdruck gebracht, dass er nicht wieder heiraten und niemals eine Affäre mit einer anständigen, tugendhaften Frau haben würde. Sie war unbestritten eine tugendhafte – und unerfahrene – Frau. In seinen Augen war es sicher unehrenhaft, eine Affäre mit ihr zu beginnen, und bestimmt wäre es ebenso unehrenhaft von ihr, ihn dazu zu verführen, seine Prinzipien aufzugeben.
    Sie nahm einen der vorbereiteten Tonklumpen, eine Kanne Wasser und setzte sich an die Töpferscheibe. Die moralische Zwickmühle, in der sie sich befand, ließ ihr keine Ruhe. Sie war zornig auf Bertier, weil der so wenig Rücksicht auf ihre Ehre genommen und Saint-André aufgefordert hatte, sie in Versuchung zu bringen. Machte sie sich womöglich derselben Sache schuldig, wenn sie es bewusst darauf anlegte, dass Pierre sie küsste – oder gar noch mehr tat?
    Sie legte den Ton auf die Scheibe, besprenkelte ihn großzügig mit Wasser und betätigte das Fußpedal, um die Scheibe zum Drehen zu bringen. Mélusine wollte mit Pierre reden, aber er hatte am Morgen das Haus verlassen und war noch nicht wieder zurückgekehrt. Nach all den dramatischen Enthüllungen der letzten Tage verspürte sie das Bedürfnis, sich ruhig mit ihm über Alltägliches zu unterhalten.
    Vorrangig musste sie mit Pierre jedoch über Saint-André reden. Der Marquis war dazu verdammt, auf unbestimmte Zeit und ohne Gerichtsverhandlung in der Bastille auszuharren. Als sie ihn dort sah, war ihr erst richtig bewusst geworden, welch große Ungerechtigkeit ihm widerfahren war. Sie konnte nicht mit Sicherheit sagen, dass er sie nicht, wie von Bertier verlangt, verführt hätte. Aber sie glaubte, dass er ihr genau das am Vortag versteckt hatte mitteilen wollen. Und selbst wenn er Bertiers Forderung nachgegeben hätte, wäre er bestimmt so freundlich und rücksichtsvoll vorgegangen wie möglich. Nach seinem ersten erstaunten Ausruf auf Bertiers Bitte hin hatte sie

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