Im Dienste Der Koenigin
»reinzuwaschen« - und ganz nebenbei ihren »Gegner« auszuschalten.
»Madame, ich muss Euch leider von einem sehr üblen Gerede Mitteilung machen, von dem ich heute zu meiner großen Empörung erfahren habe«, ging sie das heikle Thema geradewegs an. »Stellt Euch nur vor, liebste Freundin, am Hof verbreiten Übelwollende, Ihr hättet eine intime Beziehung zu Kardinal Mazarin. Ich frage Euch nun, Madame, wäre es da nicht besser - um allen Verleumdern den Mund zu stopfen - Ihr würdet den Kardinal aus Euren Diensten entlassen?«
Anna reagierte jedoch keineswegs so, wie Marie es erwartet hätte. Sie lachte einfach. Ja, sie ging sogar mit ein paar scherzhaften Bemerkungen über den ihr lächerlich erscheinenden Klatsch hinweg. »Jeder am Hof weiß, dass meine Unterredungen mit dem Kardinal stets bei weit geöffneten Saaltüren stattfinden. Was sollte da also Ungehöriges vor sich gehen, wenn jederzeit ein Dienstbote oder Besucher hereinplatzen kann? Kaum eine anregende Situation für ein intimes tête-àtête, meine Liebe!
Macht Euch nur keine Gedanken, Marie - ich tue es auch nicht. Und mich von Kardinal Mazarin als meinem Berater zu trennen, diese Dummheit werde ich niemals begehen. So töricht war nicht einmal mein verstorbener Gemahl! Nicht um alles in der Welt hätte der seinen Berater Richelieu in die Wüste geschickt - auch wenn er ihm von Zeit zu Zeit die Pest an den Hals gewünscht hat.«
Damit erhob sich die Regentin und klingelte nach ihrer Lieblingszofe, um sich für die Nacht auskleiden zu lassen.
Marie kam sich ungeheuer dumm vor. Der günstige Augenblick war vorüber und sie hatte alles verpatzt.
Einige Wochen darauf lachte die Regentin allerdings nicht mehr. Eines Abends fand sie auf ihrem Kopfkissen ein bedrohlich anmutendes Schreiben.
»Falls Ihr Euch Mazarins nicht selbst entledigen wollt, Madame, werden wir das für Euch tun.«
Anna erschrak beträchtlich über diesen frechen, anonymen Drohbrief. »Wer ist ›wir‹?«, fragte sie ihre Vertraute Marie de Chevreuse, die sie sofort herbeigerufen hatte. »Es müssen machtversessene Aristokraten sein, die glauben, wenn sie mich Mazarins berauben, hätten sie leichtes Spiel mit mir.«
Die Regentin lief händeringend, mit hektischen, roten Flecken im Gesicht, durch den Salon; Tränen des Zorns trübten ihren Blick. Marie schaute betroffen zu Boden; sie wusste längst darüber Bescheid, dass sich etliche Adlige gegen den Kardinal verschworen hatten. Sie hütete sich jedoch davor, etwas davon verlauten zu lassen; schließlich konnte sie Mazarin ebenfalls nicht leiden.
Ja, Marie glaubte, ihrer Freundin Anna sogar einen Gefallen zu erweisen, wenn sie sie von Mazarin »befreite«. Später würde Anna das auch einsehen - da war sie sich ganz sicher. Jetzt aber stand sie noch unter dem Bann ihrer Verliebtheit - ein Gefühl, das die Herzogin nur zu gut kannte.
Es war in der Tat eine gefährliche Verschwörung gegen den hohen Kirchenmann und Politiker im Gange; die Pläne, sich des verhassten »Ausländers« ein für alle Mal zu entledigen, waren bereits bis ins Detail gereift.
Der Anschlag wäre auch gelungen, hätte sich der gedungene Mörder nicht als erbärmlicher Stümper erwiesen, den im entscheidenden Augenblick seine Skrupel zögern ließen,
den tödlichen Hieb auszuführen. Die Rädelsführer des Attentats konnte man rasch dingfest machen. Man verhaftete sie - allesamt Angehörige der höchsten Adelshäuser, die den Einfluss des Kardinals auf die Regentin unter allen Umständen zu beenden wünschten.
Obwohl sie sich schlau zu verteidigen wussten und man ihnen letzten Endes nicht viel nachweisen konnte, außer ihrer unverhohlenen Abneigung gegen »Signor Mazarini«, verwies man sie des Landes.
Bei dieser Gelegenheit fiel auch - und leider nicht zu Unrecht - ein Schatten auf Marie de Chevreuse - zum großen Entsetzen Célestes, die die Schwester bereits erneut in die Verbannung gehen sah. Aber die mit allen Wassern gewaschene Herzogin vermochte sämtliche Verdachtsmomente gegen sich abzuwehren. So kam sie ungeschoren davon, zumindest fürs erste.
»Anna hat dich zwar umgehend unter ihren Schutz gestellt, aber du bist sicher klug genug, um zu wissen, dass ein Rest von Misstrauen hängen geblieben ist und dein Verhältnis zur Königin möglicherweise nie mehr so sein wird, wie es einmal war. Und das hast du dir nur selbst zuzuschreiben, Marie«, fuhr Céleste sie wütend an. »Ich hatte dich gewarnt, du dummes Ding. Aber du bist oft so
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