Im Dienste Der Koenigin
kann, sich vor Publikum beim Bade sehen zu lassen.«
Das Verhältnis zwischen Anna und Marie hatte sich wieder sehr gebessert, seit die Herzogin de Chevreuse endlich über ihren Schatten gesprungen war und der langjährigen Herzensfreundin ihre fatale Klatschsucht eingestanden hatte.
»Ich wollte Euch doch niemals schaden, Liebste!«, hatte Marie beinahe verzweifelt ausgerufen. »Ich war mir wirklich sicher, dass Ihr eine Liebesbeziehung mit dem charmanten Kardinal unterhieltet - und weshalb auch nicht? Es schien mir nur natürlich zu sein. Aber ich gestehe, dass ich dabei ganz von mir selbst ausging - und ich bin nun einmal keine sehr moralisch handelnde Frau, im Gegensatz zu Euch, liebste Anna.«
Obgleich verstimmt, hatte sich die Königinmutter ein Lächeln nicht verkneifen können. »Oh, ja, ich weiß: Marie de Chevreuse und ihre Liebhaber! Ein wahrhaft abendfüllendes Thema. Aber ich bin froh, dass Ihr den Mut habt und von selbst davon anfangt:
Ich wusste längst darüber Bescheid, dass Ihr eine der Ersten
wart, die mir ein Verhältnis mit Jules Mazarin angedichtet hat. Natürlich glaube ich Euch, dass Ihr mir nicht schaden wolltet. Aber bitte bedenkt in Zukunft, Chérie, dass es oft klüger ist, über manches zu schweigen.«
Im Stillen dankte Marie ihrer Schwester Céleste, die ihr dringend empfohlen hatte, von sich aus das Gespräch mit Anna zu suchen und offen über ihren »Fehltritt« zu reden. Die Königinmutter schien ihr verziehen zu haben. Fast war Marie mit sich und ihrer Freundin wieder im Reinen, doch es gab da noch etwas, das Marie auf der Seele brannte; sie hätte alles dafür gegeben, es ungeschehen zu machen. In ihrem unbegreiflichen Eifer, Kardinal Mazarin aus der Nähe Annas zu verbannen, hatte sie sich zu einer geradezu unglaublichen Torheit hinreißen lassen.
Niemand wusste, dass Marie die sittenstrengen Bischöfe von Limoges und Lisieux angestiftet hatte, der Regentin wegen ihres »Verhältnisses« zu Mazarin - das überhaupt nicht existierte - Vorhaltungen zu machen. Die Kirchenmänner waren zum Glück so anständig gewesen, über die Identität ihrer Informantin Stillschweigen zu bewahren …
Anna hatte Marie zwar tatsächlich vergeben, aber was der Regentin noch immer zu schaffen machte, war die Haltung Maries Kardinal Mazarin gegenüber. Maries fast schon irrationale Abneigung gegen ihn war ihr unbegreiflich.
»Als meine Vertraute muss sie doch wissen, dass ich einer unterstützenden Hand bedarf, um die komplizierten Regierungsgeschäfte zu bewältigen«, dachte Anna. »Hätte ich vielleicht Monsieur Gaston wählen sollen, diesen Opportunisten, der seine Komplizen ungerührt aufs Schafott zu schicken pflegt, diesen Intriganten und Hanswurst, der am liebsten Trinklieder vor sich hin pfeift, diesen Zauderer, der, wie seine
Gemahlin behauptet, mehr Zeit braucht, um eine Entscheidung zu treffen, als sie, um ein Kind zur Welt zu bringen?« Keiner der ihr sonst bekannten Edelmänner wäre ihr geeignet oder vertrauenswürdig genug erschienen, Verantwortung für das Schicksal Frankreichs zu übernehmen.
Einzig Mazarin war in ihren Augen dieser Aufgabe gewachsen. Anna ahnte nicht, dass Marie in dem Kardinal einen Handlanger des »Roten Teufels« Richelieu sah, der damit noch weit nach seinem Tod sein Gift am Hofe versprühte. Seine geradezu unheimliche Ähnlichkeit mit dem ermordeten Lord Buckingham dünkte Marie dabei wie ein weiterer böser Gruß Richelieus aus dem Jenseits …
KAPITEL 63
DIE AUFSICHT ÜBER die Erziehung des Prinzen oblag ebenfalls dem gut aussehenden Mazarin, der zugleich die Stelle eines Obersthofmeisters innehatte. Dies bedeutete, dass der Kardinal im Palais Royal eine Dienstwohnung beziehen durfte. Sein Vorgänger, Kardinal Richelieu, hatte diesen Posten schon bei Maria de Medici bekleidet.
Es war guter, alter Brauch am französischen Hof, die einzelnen Minister auch für persönliche Dienste heranzuziehen. Im Falle Mazarins allerdings gab diese Beibehaltung lang tradierter Sitten dem alten Klatsch neue Nahrung, ihn und die Regentin verbinde eine erotische Beziehung.
Kein Mensch hingegen erwähnte die gleichfalls uralte Sitte, dass jede Nacht eine andere Kammerfrau das Schlafgemach
mit der Königin zu teilen hatte. Wie, um Himmelswillen, hätte Anna eine Liebesbeziehung mit dem Kardinal geheim zu halten vermocht?
»Nach wie vor finden alle privaten Gespräche zwischen Regentin und Premierminister bei weit offenstehenden Flügeltüren statt«, verteidigten
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