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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Kardinal beizeiten auszuschalten.
     
    Auf einmal war es soweit: Eine wahre Flutwelle von Ausländerhass schwappte über das Land hinweg, wobei Annas und Mazarins Angewohnheit, sich auf Spanisch zu unterhalten, noch zusätzlich Öl ins Feuer goss.
    Die beiden dachten sich gar nichts dabei. Anna freute sich, wieder einmal ihre Muttersprache benutzen zu können, und Mazarin, der einen Großteil seiner Jugendjahre auf der iberischen Halbinsel verbracht hatte, war glücklich, festzustellen, dass er Spanisch noch nicht verlernt hatte.
    Ihren Gegnern bot sich dadurch allerdings die Gelegenheit, sie mit dem Stigma der »Verräter« zu brandmarken - Spanien war immerhin feindliches Ausland.

KAPITEL 64
    DAS VON RICHELIEU bis zur Bedeutungslosigkeit geschwächte Parlament in Paris sah endlich seine lang erhoffte Chance. Zuerst probte es den Aufstand im Kleinen. Mazarin beschwerte sich bitter bei der Regentin:
    »Madame, das Parlament hat sich meinen Wünschen nach Einführung neuer Steuern, die das Land dringend benötigt, vehement widersetzt. Ja, es forderte dreist die Herabsetzung der bereits bestehenden ›ungerechten‹ Abgaben und Steuern, dazu die Kontrolle über den gesamten Staatshaushalt und überdies mehr Rechte für Gefangene.«
    Anna war wütend über die in ihren Augen verantwortungslose und uneinsichtige Haltung der Parlamentarier. Sie ärgerte sich maßlos über diese bürgerlichen Emporkömmlinge, die sich erdreisteten, bei so lebenswichtigen Entscheidungen des französischen Staates mitzureden. Sie betrachtete es als Selbstverständlichkeit, dass das Parlament die Gesetzesvorlagen der Regierung jeweils nur absegnete.
    Die Regentin stellte sich ernsthaft die Frage, ob man in Zukunft dieses Gremium nicht abschaffen könne. Aber der vernünftige Kardinal brachte sie umgehend von dieser gefährlichen Idee ab.
    »Das hieße nur, die brennende Fackel ans trockene Strohdach zu halten, Madame.« Die Königin ließ sich schließlich überzeugen.
     
    »Nun wird bald ein anderer Wind in Frankreich wehen«, sagte Céleste bekümmert zu ihrer Halbschwester, als sich beide in Célestes Boudoir an einem kleinen Tisch niedergelassen hatten. Die ungleichen Schwestern pflegten häufig am Nachmittag
einen aus Indien stammenden, anregenden Tee mit einem Stück Gebäck zu genießen.
    Vor allem Céleste zog ihn dem neuerdings in Mode gekommenen Schokoladengetränk, das man mit Pfeffer, Zimt, Kardamom und viel Zucker zu würzen pflegte, vor. Marie hätte die Schokolade zwar lieber gehabt, aber ihre Gastgeberin schien taub zu sein auf diesem Ohr.
    Und während Céleste sich stets mit einem kleinen Stück Kuchen begnügte, verschlang Marie de Chevreuse gierig mehrere Teile davon, jeweils mit einer Haube aus geschlagener und stark gezuckerter Sahne garniert. Das hatte zur Folge, dass Céleste immer noch rank und schlank war, während ihre Schwester allmählich deutlich in die Breite ging. Marie schien auch träger und kurzatmiger zu werden.
    »Eigentlich sieht sie viel älter aus als die noch jugendlich schöne Königin, die mit ihren siebenundvierzig Jahren jetzt doch deutlich aufs Matronenalter zugeht«, dachte Céleste kritisch. »Und wo bleibt Maries guter Geschmack? Dieses enge, giftgrüne Kleid ist absolut scheußlich. Es betont unvorteilhaft ihre Speckröllchen und die Farbe passt überhaupt nicht zu ihrem Teint.«
    Sie schwieg jedoch, als Marie erneut zugriff und sich ein weiteres Tortenstück auf ihren Teller lud.
    »Wie gierig sie das süße, fettige Zeug verschlingt«, fiel ihr plötzlich auf und leicht angeekelt wandte Céleste den Blick ab.
    »Was du schon wieder alles zu wissen glaubst«, spöttelte die füllig gewordene Herzogin. »Warum sollte sich denn etwas ändern, um Himmels willen? Die Leute protestieren doch seit jeher gegen alles, was die Regierung verordnet - und dann fügen sie sich doch, wenn auch murrend.«
    Céleste schüttelte nachdenklich den Kopf.

    »Die Feinde der Regierung sind jetzt nicht mehr nur die kleinen Leute, sondern - wie ich gehört habe - haben sich jetzt auch die Spitzen der Aristokratie dieser Gegenbewegung, die sich ›Fronde‹ nennt, angeschlossen. Und damit haben Mazarin und die Regentin an einem schweren Brocken zu kauen, der sich leicht als unverdaulich herausstellen könnte.«
    »Wenn das wahr sein sollte, meine Liebe, dann heißt es für die meisten, sich gut zu überlegen, auf welche Seite sie sich schlagen müssen, um sich nachher nicht im Kreis der Verlierer wiederzufinden«,

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