Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
Vom Netzwerk:
Céleste, die Motteville und andere Hofdamen - neuerdings auch Marie de Chevreuse - die Königin vor den Heuchlern, die die lüsternen Gerüchte zum Anlass nahmen, wieder einmal scheinheilig die Entlassung Mazarins zu fordern, um den guten Ruf Annas »nicht zu gefährden«.
    Aber andererseits: Waren die Gerüchte etwa nicht glaubhaft? Anna sah hinreißend schön aus - trotz ihrer schwarzen Trauerkleidung. Manche sagten auch, gerade deswegen: Die Farbe Schwarz stand in einem pikanten Gegensatz zu ihrer rosigen, glatten Haut, die niemals mit Reispuder in Berührung kam. Ihr Teint war ohnehin makellos und bedurfte keiner Korrektur; und ihr fülliges, rotblondes Haar brauchte keineswegs die üblichen Perücken und künstlichen Haarteile, um die modisch aufgebauschten Frisuren zu erzielen.
    Ihre Figur war sehr zart und dennoch weiblich; man sagte allgemein, die Regentin Anna sei die attraktivste Frau am französischen Hof.
    Das gestand ihr auch neidlos »die Chevreuse« zu, wie Marie neuerdings wieder von sämtlichen Höflingen genannt wurde. Obwohl selbst noch eine Frau in ihrer schönsten Blüte, räumte sie widerstandslos der Regentin den ersten Rang in Bezug auf weibliche Attraktivität ein.
    »Aber dicht dahinter folge ich«, pflegte Marie zu betonen und ihre - überwiegend männliche - Anhängerschar pflichtete ihr ebenso galant wie ehrlichen Herzens bei.
    Ihre Neider und Gegner am Hof mochten Marie ruhig »das Ungeheuer mit dem Engelsgesicht« nennen: Die Chevreuse
wusste nur zu gut, dass ihre makellose, helle Haut, das seidige, goldene Haar und ihre langen, dunklen, dichten Wimpern, die den Blick ihrer strahlenden meergrünen Augen so »interessant« verschatteten, immer noch im Stande waren, die Männer ihrer Umgebung zu allerhand »Unsinn« anzustiften …
     
    Wenn es nach Anna und den Höflingen gegangen wäre, hätte alles so weitergehen können, wie gehabt. Aber wer sein Ohr am Puls der Zeit hatte, dem entging nicht das ferne Grollen eines herannahenden, verheerenden Unwetters.
    »Am Horizont braut sich etwas zusammen, wogegen die Adelsverschwörung gegen Kardinal Mazarin ein Kinderspiel war«, prophezeite Monsieur de La Rochefoucauld.
    »Wen wundert es, dass sich Missmut breitmacht?«, entgegnete Marie, als Céleste die Sprache auf die Aufstände in den Provinzen brachte. Noch waren sie nur vereinzelt aufgeflammt und rasch niedergeschlagen worden.
    »Ich weiß. Nicht erst seit Annas Regentschaft gibt es diese Missstände«, sagte Céleste. »Schon bei Ludwig XIII. war es so, dass die vollen Kriegslasten auf den schmalen Schultern des kleinen Mannes und der Bauern ruhten. Die Reichen und der Adel sowie die hohe Geistlichkeit verstanden es bisher immer, sich mit Erfolg zu drücken. Und der Ämterschacher blüht wie eh und je.
    Ich habe gehört, dass unsere Staatsverschuldung mittlerweile auf die kaum noch vorstellbare Summe von 150 Millionen Livres angewachsen ist.«
    »Die Königin hat einen Großteil ihres wertvollen Schmuckes und ihr Tafelsilber verpfändet, nur um den Soldaten den Sold auszahlen zu können«, warf Marie ein und schüttelte missbilligend den Kopf.
    »Dabei muss man wissen, dass die Banken wegen ihrer unverschämten
Zinsen hohe Gewinne einstreichen. Riesige Vermögenswerte werden von den Bankiers und Aristokraten heimlich ins Ausland verschoben, um Steuern zu sparen«, erregte sich Céleste. »Diese Beträge sind dadurch der französischen Wirtschaft entzogen. Das ist nichts anderes als dreister Steuerbetrug und geht zu Lasten von jedem einzelnen Bürger Frankreichs.«
    »Woher weißt du denn so gut Bescheid?«, wunderte sich Marie. Aber Céleste, die am »Hof der Wunder« die Bekanntschaft mit etlichen, aus der Bahn geworfenen, studierten Gegnern der Regierung gemacht hatte, ging darauf nicht ein.
    Ihr Verhältnis zur Halbschwester war leider nicht mehr so offen wie vor Maries Flucht nach Spanien. Irgendwie schien ihr die Herzogin eine andere geworden zu sein - und keineswegs eine angenehmere Zeitgenossin. Konnte es sein, dass Marie auf ihre früher so bedeutungslose Schwester neidisch war?
    War sie früher heiter und unbeschwert fröhlich, erwies sich »die Chevreuse« nun häufig als übellaunig und schwarzseherisch. Ihre Warmherzigkeit und ihr Sinn für Humor wichen jetzt hin und wieder der Missgunst und Häme.
    »Irgendetwas muss in Spanien geschehen sein, was sie so sehr verändert hat«, dachte Céleste zum wiederholten Male. »Auch die Liebhaber, die sie sich erwählt und neuerdings

Weitere Kostenlose Bücher