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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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dell’Arte mit ihren unmoralischen Vorbildern und den üblichen kirchenfeindlichen Anspielungen, die sie in das unsaubere Gewand der verletzenden Komik zu kleiden versteht, gereicht der Seele jedes Menschen, der Zeuge jenes gottlosen Treibens wird, zum unausweichlichen Verderben.«
    Die Königin war über diesen Unsinn ausgesprochen verärgert und entließ den Priester nicht gerade gnädig. Zu Recht
witterte sie den dreisten Versuch der katholischen Kirche, ihr vorschreiben zu wollen, was sie sehen durfte und was nicht. Darauf reagierte sie bekanntermaßen sehr empfindlich, hatte man ihr doch jahrzehntelang befohlen, was sie zu tun - und vor allem, was sie zu lassen hatte.
    Als sie nun im Kreise ihrer Damen und einiger Kavaliere, die sich zwanglos dazugesellt hatten, dieses leidige Thema anschnitt, kochte erneut der Unmut in ihr hoch. Die Höflinge stimmten selbstverständlich in Annas Verteidigung der darstellenden Kunst mit ein: Sie alle liebten das Theater leidenschaftlich und hätten nur äußerst ungern auf diese schillernde, geistvolle Unterhaltung verzichtet.
    Der soeben aus England zurückgekehrte Herzog François de La Rochefoucauld - inzwischen ein erfolgreicher Schriftsteller und immer noch der Liebhaber Maries - hatte sofort eine Lösung parat.
    Die Königin klatschte vor Vergnügen über seinen Plan in die Hände und alle anderen taten es ihr nach. Kein Zweifel, der Herzog war ein schlauer Fuchs! Nicht lange danach vermochte die Regentin nämlich mit einer Gegenexpertise aufzutrumpfen, unterzeichnet von nicht weniger als einem Dutzend hochkarätiger, geistlicher Würdenträger! Die Herren hatten sich die Mühe gemacht und eine zehnseitige Erwiderung auf das erste Gutachten erstellt.
    »Das Vergnügen, welches das Theater bietet, richtet keinerlei wie auch immer gearteten Schaden an den Seelen seiner Zuschauer an«, hatten die Gelehrten dabei als Quintessenz herausgefunden.
    »Das wird die Kleingeister eine Weile ruhigstellen«, hoffte die zufriedene Regentin und ließ sich ankleiden für den abendlichen Besuch der Commedia dell’Arte.

KAPITEL 62
    LUDWIG WAR EIN sehr artiges Kind, das alles tat, um seine Mutter zufriedenzustellen. Er bemühte sich nach Kräften im Unterricht, auch wenn er lieber mit seinem Pony ausgeritten wäre, als zusammen mit seinem jüngeren Bruder in der Schulstube zu sitzen. Wann immer sich die Möglichkeit ergab, lobte Céleste ihren Zögling in den höchsten Tönen.
    »Madame Mère Céleste« bedauerte den Knaben sehr, wenn dieser die stundenlangen Sitzungen des Kronrats über sich ergehen lassen musste, auch wenn er das meiste, was dort verhandelt wurde, nicht verstand und sich sichtlich langweilte.
    »Da sitzt dann mein Liebling auf seinem gepolsterten Stuhl, der viel zu groß für ihn ist, und schlenkert mit den mageren, weißbestrumpften Beinen, die noch lange nicht auf den Boden reichen«, erzählte sie gerührt jedem, der es hören wollte; Anna freute sich insgeheim darüber, dass ihr Ältester am Hof diese mütterliche Beschützerin gefunden hatte. Die Regentin wusste sich frei von jeder Eifersucht - war ihr doch schmerzlich bewusst, dass sie selbst ihren Sohn, ihrer vielen anderen Verpflichtungen wegen, sträflich vernachlässigte.
    Ihr war klar, dass sie dem Dauphin trotz seines jugendlichen Alters viel zumutete. Nur allzu gern gestand sie ihm daher in seiner knapp bemessenen Freizeit seine allerliebste Beschäftigung zu, das Kriegsspiel mit Miniaturwaffen, die eigens für ihn angefertigt wurden. Zuweilen konnte man eine fröhliche Knabenhorde in den weiten Gärten des Palais Royal herumtoben und wilde »Schlachten« austragen sehen …
    Und noch etwas tat Ludwig für sein Leben gern: Schwimmen in der Seine. Leider kam das nur in Frage, wenn er sich mit Mutter und Bruder in der Sommerresidenz in Fontainebleau
aufhielt. Da kam es dann schon vor, dass Anna mit ihren Söhnen und mit Marie de Chevreuse - die von frühester Kindheit an leidenschaftlich gerne mit ihren Brüdern geschwommen war - im kalten Fluss badete.
    Die Damen waren dabei züchtig vom Hals bis zu den Füßen in ein weißes Leinenhemd mit langen Ärmeln gekleidet. Doch selbst dieses unschuldige Vergnügen nahmen manche Betschwestern der Regentin übel.
    »Kein Wunder!«, meinte Marie, die ihre Freundin Anna immer sehr gerne nach Fontainebleau begleitete. »Die alten Vetteln sind eifersüchtig auf Euch, eine ansehnliche und wohlgeformte Frau von immerhin siebenundvierzig Jahren, die es sich noch leisten

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