Im Dienste Der Koenigin
Säuglingskörper …
KAPITEL 13
»ICH DENKE, PARIS ist zwar nicht die schönste, aber gewiss die interessanteste Stadt der Welt.«
Diesen Satz deklamierte Marie jedes Mal, wenn sie mit Céleste von einer ihrer zahlreichen Exkursionen zurückkam ins Palais ihres Gatten. Und ihre Schwester fügte dann ebenso gewiss »Und Notre Dame ist die wunderbarste Kirche auf Erden« hinzu.
Dieses in der Tat einzigartige christliche Bauwerk hatte es den Mädchen angetan. Beinahe jeden Tag beendeten sie ihren
Gang durch die Stadt mit einer Einkehr in der herrlichen gotischen Kathedrale, deren Fassade ringsum mit den abscheulichsten Dämonenfratzen bestückt war, die das Böse von dem heiligen Bau abwehren sollten.
Jede sprach dann für sich ein Gebet zur Jungfrau Maria, der Schutzpatronin dieses imposanten Gotteshauses - wobei keine der anderen jemals verriet, wofür sie gebetet hatte im geheimnisvollen Halbdunkel der Kathedrale, die ihr Licht durch die schmalen, aus Buntglas gefertigten Fenster sowie die Rosette über dem Eingangsportal erhielt.
Jeder am Hof wusste mittlerweile, dass der König, sein Favorit und dessen Gemahlin quasi eine Ehe zu dritt führten. Am meisten litt die Königin darunter. Die schöne Habsburgerin, die nicht verstehen konnte, warum ihr Mann sie so sehr missachtete, war todunglücklich.
»Was habe ich Ludwig nur getan, dass er mich so schlecht behandelt?«, fragte sich Anna jeden Tag, ohne jemals eine Antwort darauf zu finden. Sie bemühte sich täglich aufs Neue, sein Wohlwollen - wenn schon nicht seine Liebe - zu erringen. Wenigstens respektieren sollte Ludwig sie. Doch all ihre Anstrengungen schienen vergeblich.
Die Ursache dafür, dass diese Ehe so unharmonisch verlief, lag bereits in ihren Anfängen. Beide waren erst vierzehn, als sie verheiratet wurden. Anna von Österreich war schon eine junge Frau, reif für die Ehe und attraktiv. Ludwig hingegen erwies sich als ein leicht zurückgebliebener, äußerlich wenig ansprechender Knabe, noch weit entfernt von der Geschlechtsreife, kindlich und bartlos. Dies hatte unter anderem dazu geführt, dass sich am Hof kein Mann einen Bart wachsen lassen durfte, weil der infantile König darauf neidisch war …
»Eifersucht, Neid und Missgunst, gepaart mit einem geradezu
krankhaften Misstrauen - das scheinen die hervorstechenden Merkmale meines Gemahls zu sein«, dachte die Königin sich oft traurig. »Unfähig, wahrhaft zu lieben - hat er selbst doch niemals wirkliche Liebe von seiner Mutter erfahren -, kann er von eifersüchtigen Gefühlen geradezu besessen sein.
Obwohl viele Männer mich verehren, wagt es keiner, mir zu nahe zu kommen. Jeder weiß, mit welcher Verbissenheit und Wut der König seinen ›Besitz‹, den er besser als den Kronschatz bewachen lässt, verteidigt. Sollte ihm ein Kontrahent in die Quere kommen, wäre Ludwigs Rache fürchterlich.«
Anna fühlte sich wie eine Gefangene in ihren eigenen vier Wänden, sogar ihr Briefwechsel wurde ständig kontrolliert.
»Woher stammt dieses Schreiben?«, hatte erst heute wieder ihre Schwiegermutter sie angefaucht und ihr dabei einen Brief entrissen, den ein Diener ihr gerade erst überreicht hatte. »Gesteht, dass Ihr einen heimlichen Verehrer habt!«, verlangte die Furie dabei. Zu Annas Glück stammte das Papier von einer Verwandten aus Österreich und enthielt nur harmlose Grüße.
Selbst im Ausland war bekannt, dass jeder männliche Besucher dem König gemeldet werden musste; zudem ließ der Monarch nicht selten seine schlechte Laune in Gegenwart Dritter an der Königin aus. Doch Anna setzte sich so gut wie niemals zur Wehr. Schicksalsergeben ertrug sie die Verachtung ihres Gemahls sowie die Bosheiten ihrer Schwiegermutter, stets in der trügerischen Hoffnung, dass sich zumindest ihr Gemahl eines Tages eines Besseren besinne. Tatsächlich hatte sie auch kaum eine andere Möglichkeit. Jeder offene Affront gegen den König und seine Mutter würde mit Sicherheit zu ihrer sofortigen Verbannung vom Hof führen - und damit wäre sie für alle Zeiten gebrandmarkt. Oft schon hatte Anna
im Kopf die möglichen Folgen eines Aufbegehrens durchgespielt - und kam immer wieder zu dem Schluss, das es zumindest für den Augenblick keinen Ausweg für sie gab.
»Gibt es irgendetwas, womit ich Euer Herz erfreuen könnte, meine Schönste?«, wollte der König von Marie wissen, als beide sich nach den Freuden der eben genossenen Lust auf dem Lager Ludwigs erholten, während Charles d’Albert Frau und
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