Im Dienste Der Koenigin
schlängelte.
Marie und Céleste sahen von der Pont Neuf aus, nachdem sie das Reiterstandbild König Heinrichs IV. bewundert hatten, eine ganze Weile staunend auf das quirlige Treiben auf der Seine hinab. Auf ihr zogen Fischerboote und Lastkähne ebenso dahin wie die »Lustboote« der reichen Oberschicht, die vom Wasser aus das Panorama von Paris und die Schönheiten der Landschaft an sich vorübergleiten ließ.
»Ich muss meinem Mann sagen, dass ich auch eine Schifffahrt auf der Seine unternehmen will«, sagte Marie und deutete mit dem Finger auf eines der vornehmen Boote. Es war außen mit Goldfarbe gestrichen und den Bug zierte das Wappen des Besitzers. Der Wind verfing sich im schneeweißen Segel,
trieb es eilends dahin und im Nu war das Boot unter der Brücke verschwunden.
»Simon hat mir erzählt, dass jedes Jahr Hunderte von Ermordeten in den Fluss geworfen werden. Ihre Leichen bleiben in den Auffangrechen hängen und werden nach Wochen halbzerfallen und von Fischen und Wasserratten angenagt von den Polizisten aus der Seine gefischt«, bemerkte Céleste.
Marie schauderte. »Sag nicht solch grausliche Sachen, Kind. Das verdirbt einem ja die ganze Stimmung.« Sie warf Simon einen vorwurfsvollen Blick zu.
»Entschuldige, Marie. Es tut mir leid, wenn du dich gegruselt hast. Komm, lass uns dort drüben am Ufer der Seine zu den Tiermärkten gehen. Vielleicht können wir uns ein Hündchen oder ein Kätzchen kaufen. Das wäre doch etwas für uns zum Spielen!« Céleste fasste nach der Hand der Älteren und zog sie ungeduldig weiter.
»Du hast Recht; etwas Lebendiges ist allemal besser als eine Puppe.«
Und die beiden Mädchen drängten sich wie unbeschwerte Kinder durch die Menschenmenge, obgleich die eine bereits verheiratet war und sogar einen Geliebten hatte. Sie liefen über die Brücke hinunter zum Seineufer, um zu den Ständen mit den kleinen Haustieren zu gelangen.
Folgsam trottete Simon hinterher. Im Geiste richtete er sich darauf ein, in Kürze ein miauendes oder bellendes Etwas den Damen hinterhertragen zu dürfen. Im Stillen hoffte er, dass es sich um einen kleinen Hund handelte, denn Katzen konnte er nicht ausstehen. Er empfand sie als falsch und hinterhältig.
Besonders fasziniert waren Marie und Céleste von den Markthallen, die man auch als den »Bauch von Paris« bezeichnete. »Les Halles« waren ein gigantischer Markt, wo in Hunderten
von Läden und an kleinen Ständen Obst, Gemüse, Fleisch, Brot und Wein, aber auch alle möglichen anderen Dinge wie feines Gebäck und Süßspeisen aller Art, bis hin zu verzehrfertig zubereiteten Menüs angeboten wurden.
»In den meisten Holzhäusern der Hauptstadt gibt es keine Kochstellen, aus Angst vor der allgegenwärtigen Brandgefahr«, erklärte Simon auf Maries fragenden Blick hin.
Das unübersichtliche Gewirr der schmalen Gassen und Gässchen in diesem »Quartier«, wie die einzelnen Stadtviertel von Paris genannt wurden, war verwirrend und Marie war froh, sich nicht allein zurechtfinden zu müssen.
»Ich würde mich rettungslos verlaufen und für den Rest meines Lebens in den Hallen und Straßen umherirren«, lachte sie, als sie sich nach einigen Einkäufen - zu denen tatsächlich auch ein Körbchen mit zwei winzigen Katzenkindern gehörte - durch die ungeheuren Massen, die den »Bauch von Paris« bevölkerten, schoben, um wieder in die Richtung ihres Palais’ zu gelangen. Zum Glück kannte sich Simon hier wie in seiner Westentasche aus.
Ihre Sachen schleppte der kräftige Bursche ohne Murren in einem riesigen Henkelkorb. Das Behältnis mit den Katzenbébés hatte er jedoch mit einem reichlich scheelen Blick bedacht.
Marie schaute sich nach Céleste um, die Schwierigkeiten zu haben schien, ihrer Schwester und dem jungen Mann durch das Gewühl zu folgen. Das verkürzte Bein machte ihr zu schaffen, aber das kleine Mädchen biss tapfer die Zähne zusammen, wohl aus Angst, das nächste Mal nicht mehr mitgenommen zu werden.
Marie, die ahnte, was in ihrer Halbschwester vorging, nahm ihr umgehend diese Furcht.
»Verzeih, Céleste, ich bin viel zu schnell gelaufen. Das
war, weil mich im Gedränge plötzlich ein Gefühl von Platzangst überkam. Ich bin es nicht gewohnt, von so vielen fremden Leuten derart bedrängt zu werden. Aber nun wollen wir gemächlich weitergehen, mein Liebes. Es wäre dumm, sich nicht die Zeit zu nehmen, alles in Ruhe zu betrachten.«
Sie fasste die Jüngere bei der Hand und Céleste, die vor Anstrengung ganz blass
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