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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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geworden war, war sichtlich erleichtert.
    »In ein paar Wochen wirst du elf, Schwesterchen«, sagte Marie nach einer Weile. »Hast du irgendeinen besonderen Wunsch, den ich dir erfüllen kann?«
    »Oh nein!« Das Mädchen blickte zu der größeren Schwester auf und lächelte glücklich. »Ich habe doch alles, was ich mir jemals gewünscht habe, Marie. Bei dir sein zu dürfen, ist immer mein größter Wunsch gewesen - und den hast du mir schon erfüllt.«
    Inzwischen waren sie wieder auf der Pont Neuf, der »Neuen Brücke« über die Seine, angelangt - die jedoch, wie ihnen ihr Begleiter verriet, trotz ihres Namens, die älteste Brücke von Paris war. Dort herrschte ein unbeschreiblicher Andrang, fast wie in den Hallen. Und dies, obwohl auf ihr, als einziger von allen Brücken in Paris, die Geschäftsleute keine Läden gebaut hatten.
    »In Florenz und in Venedig ist jede größere Brücke mit Geschäften zugebaut«, erklärte Marie ihrer Halbschwester. »Unser ältester Bruder, Jean-Robert, der zwei Jahre in Italien verbracht hat, hat mir davon berichtet.«
    Céleste kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
    Auch Marie war ungeheuer beeindruckt vom tosenden Leben und Treiben in dieser Stadt, aber vor dem Knecht wollte sie sich keine Blöße geben und tat so, als wäre Paris gar nicht so bemerkenswert …

KAPITEL 12
    BALD SCHON MACHTEN die beiden Mädchen auch die Erfahrung, dass es ungemein gefährlich war auf den Straßen. Es gab nämlich keine Bürgersteige und die zahlreichen Kutschen und alle anderen Gefährte nahmen in der Regel auf Fußgänger keine Rücksicht. Es war deren Angelegenheit, sich vor zermalmenden Rädern und stampfenden Pferdehufen in Sicherheit zu bringen.
    »Es vergeht kein Tag, an dem nicht ein Passant zu Tode kommt durch einen Unfall mit einem dieser Fahrzeuge.«
    Dieser ganz nebenbei von ihrem Begleiter hingeworfene Satz war dazu angetan, beide Mädchen zur besonderen Vorsicht zu erziehen, wenn sie eine Straße überquerten. Sooft der Ruf ertönte »Platz da! Platz für die Herzogin von …!« oder »Bahn frei für den Marquis de …!«, drückten sich alle drei flach wie Flundern an die nächste Hausmauer oder traten in eine der schmalen Rinnen, in denen ständig Wasser floss, um wenigstens den ärgsten Unrat fortzuspülen. Es blieb trotzdem eine Menge Dreck auf den Straßen liegen.
    Maries Fußbekleidung - sie hatte sich von einer der Mägde Holzpantinen ausgeliehen - war voller Straßenkot und der Rocksaum ihres schlichten grauen Gewands sah aus, als hätte sie damit in einer Kloake gestanden - und so war es ja auch beinahe; die Gassen und Plätze von Paris starrten vor Schmutz aller Art.
    Der Gestank war dementsprechend und Marie hatte sich zu Anfang gefragt, ob sie es je über sich brächte, ohne Ekel durch die Hauptstadt zu flanieren. Aber im Laufe der Zeit schien ihre Nase unempfindlicher zu werden; sie bemerkte den üblen Geruch fast nicht mehr.

    Die Straßen wurden nur vor den zahlreichen Palästen der Reichen und Vornehmen - und vor den Kirchen und dem Louvre natürlich - von Domestiken blank gefegt. Ansonsten warf jeder seinen Abfall aus dem Fenster und ließ ihn dort liegen, bis er von selbst verrottete, vom Wind fort geblasen oder von Ratten oder Straßenkötern vertilgt wurde.
    Dass es in Paris überdies vor Taschendieben nur so wimmelte, darauf hatte der Konnetabel seine Gemahlin gleich zu Anfang hingewiesen.
    »Achtet auf Euren Schmuck und auf Euer Geld, sobald Ihr das Palais verlasst«, hatte er lässig gemeint, »sonst seid Ihr beides los, bis Ihr nach Hause kommt.«
    Das hatte sich Marie nicht zweimal sagen lassen. Den Schmuck ließ sie fortan daheim in ihrer Schatulle - er hätte zur Aufmachung einer »Dienstmagd« ohnehin nicht gepasst - und nahm nur so viel Geld mit, wie sie in einem Täschchen, das sie an einer Schnur um ihren Hals trug, verstauen konnte.
    »Sollte mir etwas besonders Teures in die Augen stechen, genügt wohl die Nennung meines Namens und man wird mir Kredit gewähren«, erklärte sie Céleste. »Und wenn nicht, ist dieser Kaufmann ein Dummkopf und ich gehe zur Konkurrenz.«
    Die Jüngere musste daraufhin fürchterlich lachen.
    »So wie wir beide aussehen, wird man dir den Titel einer Herzogin wohl kaum abnehmen! Da könnte ja jede dahergelaufene Kuhmagd mit Schmutzflecken auf dem Kleid und Dreck zwischen den Zehen behaupten, von edlem Geblüt zu sein!«
    Da musste auch Marie kichern, als sie auf ihre vor Dreck starrenden Pantinen und auf ihren mit

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