Im Dienste Der Koenigin
Matrone und Céleste bemühte sich, eine betroffene Miene zur Schau zu tragen.
Die einzige Freude der beiseitegeschobenen Königinmutter war ihr prachtvoll ausgestalteter Witwensitz, das bereits 1620 fertig gestellte Palais du Luxembourg . Wie ihre florentinischen Vorfahren nutzte auch Maria die Kunst, um »Grandeur« zu demonstrieren.
So hatte etwa der italienische Bildhauer Giovanni da Bologna auf ihr Geheiß ein Reiterstandbild ihres Gemahls, Heinrichs IV., geschaffen, das seit 1614 die Pont Neuf zierte und
Marie und Céleste bereits bei ihrem ersten Ausflug in Paris in Staunen versetzt hatte. Falls die Mediceerin gehofft hatte, damit die Gerüchte um ihre Mitwirkung beim Attentat auf den beim Volk äußerst beliebten König zum Verstummen zu bringen, war ihr das beinahe gelungen …
Als die immer noch vom Hof verbannte Marie de Chevreuse überraschend ein Schreiben der Königin erreichte, war sie außer sich vor Aufregung und Freude. Anna hatte es heimlich verfasst und diskret der Zofe ihrer Schwiegermutter zugesteckt. Céleste hatte den Brief unverzüglich an Marie weitergeleitet. Mit zitternden Fingern entfaltete Marie die Blätter und begann zu lesen, was die Freundin in überraschend klaren, ruhigen Schriftzügen notiert hatte:
»Die Königinmutter ist verärgert und beunruhigt zugleich über die stetig wachsende Macht Kardinal Richelieus. Ihr einstiger Günstling gebärdet sich inzwischen wie ein regierender Fürst und ist jetzt ganz offiziell »Premierminister«. So einen Posten gab es bisher noch nie in der Geschichte Frankreichs.
Sein Palast steht in nichts hinter dem Königshof zurück und seine Leibgarde besteht - wie die Seiner Majestät - aus Musketieren. Die alte Intrigantin überlegt jetzt, wie sie dem Emporkömmling, der sich kaum noch um seine frühere Gönnerin schert, die Flügel stutzen könnte.«
Die verbannte Herzogin strahlte. Das war in der Tat eine wunderbare Nachricht! Wenn Annas Gegner uneinig waren, konnte dies der Königin nur zum Vorteil gereichen. Marie de Chevreuse hatte indes auch noch andere Quellen, die ihr vom Geschehen in Paris berichteten.
So wusste sie, dass der Kardinal nicht nur ein neureicher Angeber war, sondern durchaus ein brillanter Diplomat und -
und darin ähnelte er seiner ehemaligen Förderin - ein ausgesprochener Kunstmäzen.
Er hatte immerhin den begabten Poeten Corneille entdeckt, in kurzer Zeit das Theater und dessen Besuch auch für Damen salonfähig gemacht und die Académie française gegründet, dieses Sammelbecken der Gelehrten.
Marie wusste, dass Richelieu skrupellos, machtbesessen, grausam und nachtragend war, dabei anmaßend wie alle Emporkömmlinge und absolut gewissenlos. Seine Fähigkeiten als Förderer von Kunst und Wissenschaft wie auch als Staatsmann aber waren exzellent und sicherten ihm zudem die Sympathie einflussreicher Kreise.
KAPITEL 27
ZUM GLÜCK AHNTE der Kardinal nicht, dass Marie de Chevreuse die Zeit ihrer Verbannung aus Paris nutzte, um bei den jüngeren und intelligenteren der Adligen - behutsam und ganz allmählich - gegen ihn, Richelieu, Stimmung zu machen. Marie war die Seele eines neuen Komplotts, deren Mitglieder Frankreich im Geiste bereits unter sich aufgeteilt hatten:
Der Herzog von Savoyen sollte die Provence und das Dauphiné besetzen, der Herzog de Rohan würde das Languedoc aufwiegeln und Herzog Karl IV. von Lothringen sollte mit seinen Truppen durch die Champagne gegen Paris marschieren, während Lord Buckingham ursprünglich die Rolle zugedacht war, La Rochelle einzunehmen.
Letzteres war nun nicht mehr möglich …
Es blieb allerdings bei konspirativen Zusammenkünften und Plänen. Eine konkrete Möglichkeit, den Ersten Minister loszuwerden, sahen sie nicht, und im Jahre 1628 durfte Marie endlich wieder nach Paris an den Hof zurückkehren.
Richelieu, der auf alles setzte, was ihm auch nur ansatzweise erfolgversprechend schien, hatte selbst seine Feindin an den Hof zurückgeholt, insgeheim hoffend, sich die Herzogin damit zu verpflichten. Endlich konnten sich Anna und ihre Vertraute wieder in die Arme schließen und einander all ihre Geheimnisse offenbaren - wenngleich argwöhnisch bespitzelt von Maria de Medici und den Agenten des Kardinals.
Dennoch war es, nach der langen Zeit der Trennung, eine wunderbare Erfahrung für die beiden so unterschiedlichen Frauen. War Marie in ihrer Nähe, blühte Anna regelrecht auf. Ihr intelligenter Humor und ihre Schlagfertigkeit brachten die Königin - deren Leben
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