Im Dienste Der Koenigin
begnadigte er - einen zum Tode verurteilten Räuber und Mörder.
Dieser Kerl sollte nun als Ersatzhenker das blutige Amt ausüben. Die entsetzte Menge musste mit ansehen, wie der in diesem Metier ungeübte Mensch - ein brutaler Totschläger und primitiver Messerstecher - mit nicht weniger als dreißig Schwerthieben sein armes Opfer regelrecht zerhackte, ohne es jedoch enthaupten zu können.
Einer der Zeugen dieses schauerlichen Spektakels, ein Winzer von Beruf, machte schließlich dem Grauen ein Ende, indem er dem Jüngling den Kopf mit seinem Böttcherbeil abtrennte.
Keiner der Anwesenden bei diesem empörenden Schauspiel auf dem Marktplatz von Nantes vermochte jemals das Vorgefallene aus seinem Gedächtnis zu streichen und keiner von ihnen vergaß auch, wer die Schuld daran trug. Der Hass gegen Kardinal Richelieu wuchs im Geheimen weiter.
Marie de Chevreuse war zunächst von den bittersten Rachegedanken erfüllt. Dann wurde ihr eiskalt bei dem Gedanken, dass sie selbst in allerhöchster Gefahr schwebte. Sie nahm daher Célestes Ratschlag sehr ernst und flüchtete bei Nacht und Nebel vom Landgut ihres Gatten Claude und zog sich an den lothringischen Hof ihrer Verwandten zurück.
KAPITEL 26
WÄHREND MARIE FERN von ihrer Freundin weilte, stand dieser ein herber Verlust bevor: Ihr geliebter Lord Buckingham, der an vorderster Front in dem plötzlich entbrannten Konflikt um die Stadt La Rochelle mitkämpfte, fand einen gewaltsamen Tod.
Nicht etwa die französischen Truppen, die dort den Engländern gegenüberstanden, brachten ihn ins Grab, sondern der Dolch eines politischen Gegners traf ihn mitten ins Herz.
In der Kabine seines Schiffes fand man einen mit Goldbrokat überzogenen Altar, auf dem im Schein vieler Kerzen das Porträt Annas stand, und am Großmast wehte über der Flagge des Großadmirals Buckingham das Banner seiner Liebsten im Wind.
Ausgerechnet Céleste war es, die Königin Anna die schreckliche Nachricht von Buckinghams Tod überbringen musste. Die erste Reaktion der fassungslosen Anna bestand in dem entsetzten Aufschrei: »Nein, das kann nicht sein, Madame! Gerade vorhin habt Ihr mir doch noch einen Brief des Lords übergeben.«
Dann brach Anna weinend zusammen. Tagelang schloss sie sich in ihrem Boudoir ein und verweigerte jeden Kontakt zur Außenwelt. Als sie dann endlich ihre Gemächer wieder verließ, war sie nicht mehr dieselbe: Gespenstisch bleich, abgemagert und mit erloschenem Blick ertrug sie die Unbilden des Hoflebens noch passiver als sonst.
Der Name ihres Geliebten, George Villiers, Herzog von Buckingham, kam niemals wieder über ihre Lippen.
Erschüttert berichtete Céleste ihrer älteren Schwester von
dem Leid Annas. Marie erholte sich gerade von einer Niederkunft - ihrer vierten.
Von ihrer Seite aus ungewollt, hatte sie ihrem Gatten in diesem Sommer des Jahres 1627 ein zweites Kind geschenkt, ein Mädchen.
Marie hasste nach wie vor alles, was mit Schwangerschaft und Geburt zu tun hatte: Es hinderte sie am Reiten, am Tanzen - und am Lieben. Außerdem machte sie sich nichts aus kleinen Kindern. So gab sie auch dieses kurz nach der Entbindung zu den Pflegeeltern ihrer anderen drei Sprösslinge aufs Land.
Es handelte sich um ein Ehepaar mittleren Alters, verarmte Kleinadlige auf einem weitläufigen Gutsbesitz, die Kinder liebten und die großzügigen finanziellen Zuwendungen der Herzogin gut gebrauchen konnten. Dass es ihren Kindern gut ging, davon überzeugte sich Marie hin und wieder, indem sie unangemeldet bei den Pflegeeltern auftauchte und nach dem Rechten sah.
Diese fürsorgliche Haltung unterschied die Herzogin von vielen ihrer Standesgenossinnen, die sich um ihren Nachwuchs überhaupt nicht scherten. Dass Marie nichts gegen eine unerwünschte Empfängnis unternahm - alle adligen Damen wussten über Verhütungsmethoden Bescheid -, war eine der Ungereimtheiten im Charakter der Herzogin, die jetzt beinahe sechsundzwanzig Jahre zählte.
Obwohl die Kirche den provozierten Abgang eines Fötus als Mord betrachtete, hielt das viele Frauen nicht davon ab, zu diesem letzten Mittel, ihre Familien klein zu halten, zu greifen. Marie zog dies bei keiner ihrer Schwangerschaften auch nur in Erwägung. Sie wusste selbst nicht recht, warum; eine ausgeprägte Gottesfurcht war sicher nicht der Grund dafür.
Céleste glaubte im Stillen, dass Marie kleine Kinder gar
nicht so sehr verabscheute, wie sie es ihre Umgebung glauben machen wollte. Vielleicht entsprang ihre ablehnende Haltung
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