Im Dienste Der Koenigin
ihrer edlen Geburt, mag sie selbst auch ein verworfenes Geschöpf sein«, argumentierte die Königinmutter.
Als Ankläger und Richter zugleich unterstellten ihr alle drei in seltener Einmütigkeit, »sie habe gegen den König, ihren Ehegatten, Mordabsichten gehegt, um mit seinem Bruder die Ehe eingehen zu können«.
Anna beteuerte selbstverständlich ihre Unschuld, obgleich ihre Lage hoffnungslos schien und sie - nicht das erste Mal - um ihr Leben fürchtete: »Bei allen Heiligen! Sire, Madame, Monseigneur: Ich habe niemals dergleichen beabsichtigt! Fragt doch Monsieur Gaston selbst, wenn Ihr mir nicht glauben wollt.«
Der König antwortete seiner Gemahlin daraufhin mit
schneidender Stimme - sogar sein übliches Stottern unterblieb: »Madame, in meiner Stellung bin ich verpflichtet, Euch zu verzeihen. Nichts verpflichtet mich jedoch dazu, Euch auch Glauben zu schenken.«
Der Verdacht blieb als Makel an Anna hängen. Von jenem Tag an verfolgte sie zudem die Angst, sich doch noch in den Fallstricken ihrer Schwiegermutter und Kardinal Richelieus zu verfangen - und das nächste Mal nicht wieder auf die Beine zu kommen. Ihre Lage war verzweifelter denn je.
Die würdelose Behandlung der Königin, angestiftet durch einen höchst dubiosen Kirchenmann, der seinen Erfolg der immer stärker in Misskredit geratenden Königinmutter verdankte, war Ursache eines Bündnisses mehrerer Edelleute. Sie hatten es sich zum Ziel gesetzt, den verhassten Emporkömmling Richelieu aus dem Weg zu räumen.
Zu ihnen gehörte auch der augenblickliche Liebhaber Maries, der blutjunge Marquis Albert de Chalais.
In der für eine junge und lebenslustige Dame äußerst faden, ländlichen Abgeschiedenheit der Champagne hatte sich Marie bald nach einem Verehrer umgesehen. Der erst achtzehn Jahre alte Marquis de Chalais interessierte sich sofort brennend für die schöne Herzogin und machte ihr umgehend den Hof.
Marie gefiel der wohlerzogene und schlanke Jüngling mit den wallenden, hellbraunen Haaren und den anbetend auf sie gerichteten grauen Kinderaugen ausnehmend gut. Binnen kurzem landete der zwar nicht ganz so erfahrene, aber umso gelehrigere Jüngling mit der Herzogin im Bett.
Durch ihn erfuhr sie auch von den Bestrebungen, Kardinal Richelieu unschädlich zu machen. Marie, die - neben l’amour - nichts so sehr liebte wie Intrigen und Verschwörungen, vor
allem wenn sie unter Langeweile litt, war sofort Feuer und Flamme. Dieser Richelieu war ein Freund Marias de Medici und deshalb ein Feind ihrer geliebten Anna; und darum musste er vernichtet werden.
Das Landgut des Herzogs de Chevreuse wurde ab sofort zum Treffpunkt der Verschwörer; von dort aus gingen geheime Botschaften an alle an der Kabale Beteiligten. Maries jugendlicher Liebhaber selbst bot sich an, den Kardinal in Paris zu beseitigen.
Aber Richelieu hatte Glück und kam mit dem Schrecken davon.
»Dem Teufel im roten Rock ist es tatsächlich gelungen, die Sache rechtzeitig aufzudecken«, teilte Céleste Marie brieflich mit. »Dein Geliebter, der Marquis de Ch., der es auf sich nehmen wollte, die Welt von R. zu befreien, ist bereits hingerichtet worden und es wäre vielleicht nicht ganz verkehrt, wenn du dir ein etwas weiter von Paris entferntes Quartier suchen würdest.«
Marie de Chevreuse war zutiefst betroffen. Mit allem hatte sie gerechnet, aber nicht damit, dass mit dem Attentat etwas schiefgehen könnte. Alles war auf das Genaueste geplant worden. Wer hatte das Komplott verraten? Denn es konnte sich nur um feigen Verrat handeln!
Die Herzogin weinte herzzerreißend über den tragischen Tod dieses hoffnungsvollen jungen Mannes, der sein Leben dafür gewagt hatte, Frankreich von einem Despoten zu befreien. Als sie Näheres über die genaueren Umstände der Hinrichtung ihres jugendlichen Liebhabers erfahren hatte, wurde sie regelrecht gemütskrank. Noch im Nachhinein trafen sie der Schock und die Trauer über das Unfassbare mit aller Macht.
Die Todesstrafe durch Enthaupten wurde in Nantes vollzogen. Wegen der Jugend des Attentäters hatten viele Edelleute
um Begnadigung des erst Achtzehnjährigen gebeten. Erst hatte Ludwig XIII. gezögert, dann aber auf Verlangen des Kardinals abgelehnt.
Um die Hinrichtung dennoch zu verhindern, ließ Ludwigs Bruder Gaston sogar den Scharfrichter entführen, ehe er selbst das Weite suchte. Doch da hatte er nicht mit Richelieu gerechnet:
Um seinem Willen Geltung zu verschaffen und um Rache zu üben an dem dilettantischen Attentäter,
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