Im Dienste Der Koenigin
wahrlich nicht heiter war - zum Lachen. Wenigstens für eine Weile konnte sie sich so dem Schein der Unbeschwertheit hingeben.
Auch Marie de Chevreuse war selig, wieder daheim zu sein. Sie ertrug sogar ihren Ehemann mit seinem notorisch leidenden Hundeblick, der ihr jeden Wunsch von den Augen ablas, leichter als zuvor - aus übergroßer Dankbarkeit, wieder am »richtigen Leben« teilnehmen zu dürfen.
Die Freundinnen verbrachten manchmal Stunden damit, verschiedene Roben aus Brokatsamt und pastellfarbener Seide anzuprobieren. Dazu dachten sie sich verschiedene Frisuren aus oder zeichneten Entwürfe für edle Accessoires wie Colliers und Ringe.
Am liebsten allerdings mochte es Anna, wenn Marie ihr vorlas. Die Königin bevorzugte verwickelte Liebesgeschichten mit gutem Ausgang. Die jeweilige Heldin des Romans musste allerhand gefährliche Situationen bestehen, ehe ihre spannenden
Abenteuer zu einem zufriedenstellenden Abschluss gelangten - natürlich durch die Hilfe des in sie verliebten Helden. Am Ende gab es dann stets die Hochzeit des liebenden Paares zu feiern …
Die romantischen Geschichten waren für die leidgeprüfte Anna jedes Mal wie eine kleine Flucht aus ihrem Alltag. Wie ihr eigenes Leben sich in der Zukunft gestalten mochte - das wusste sie nicht. Ganz hatte sie die Hoffnung auf ein »normales Zusammensein« mit Ludwig allerdings immer noch nicht aufgegeben - auch wenn sie dies nie zugegeben hätte, noch nicht einmal Marie gegenüber.
Im Jahre 1630 trat Richelieu zum Entsetzen der streng katholischen Königinmutter - und vieler Franzosen - in Italien in einen Krieg gegen das erzkatholische Spanien ein, und zwar in einen Erbfolgestreit um den Besitz des Herzogtums Mantua.
Wutentbrannt suchte die alte Königin - von Geburt Italienerin - die Gemächer ihres Sohnes Ludwig auf. Dieser aber war nicht in der Lage, auf ihre zornigen Vorhaltungen einzugehen - ja, er vermochte nicht einmal, seine eigene Mutter zu empfangen. Der Monarch war nämlich schwer erkrankt und ein hoher Geistlicher reichte ihm soeben die Sterbesakramente.
Jetzt schlug die Stunde der alten Intrigantin. Sofort entließ die ehemalige Mediciregentin den ihr längst missliebig gewordenen Kardinal aus all seinen Ämtern - wahrlich ein Donnerschlag, immerhin war er Vorsitzender des königlichen Rates sowie ihr persönlicher Schatz- und Hofmeister. Im gleichen Atemzug entfernte sie alle seine Günstlinge vom Hof.
»Die Königinmutter ist geradezu zu Hochform aufgelaufen«, wusste Céleste, die von Annas Schwiegermutter ins Vertrauen gezogen worden war. »Maria de Medici hat bereits eine
Ministerliste aufgestellt, die nach Ludwigs Tod in Kraft treten soll und - man höre und staune - Madame schmiedet sogar Hochzeitspläne.
Und zwar - jetzt halte dich gut fest, Schwesterchen - für die künftige Witwe Anna und ihren zweiten Sohn Gaston!«
»Wie bitte?« Marie war verblüfft. Das konnte doch nicht wahr sein! »Und das angesichts der Tatsache, dass sie vor nicht allzu langer Zeit ihre Schwiegertochter Anna verurteilen wollte, weil diese angeblich ein Komplott gegen Ludwig geschmiedet habe, um Gaston heiraten zu können?«, fragte sie ungläubig.
»Du darfst mir schon glauben, dass ich die alte Königin richtig verstanden habe.« Céleste lächelte stolz. »Madame Maria de Medici hat großes Vertrauen zu mir.«
»Nun denn! Dann werden wir wohl in nächster Zeit interessante Veränderungen erleben«, meinte Marie voll Erwartung. Gleichzeitig war sie schon jetzt in größter Sorge um ihre Freundin Anna, die wieder von den Mächtigen wie eine Spielfigur auf dem Schachbrett umhergeschoben wurde. Würde die labile Anna eine weitere Demütigung ertragen?
Doch dann kam, wieder einmal, alles ganz anders: Obwohl bereits auf dem Sterbebett liegend, erholte sich der König völlig überraschend. Richelieu ließ sich sofort bei seinem Herrn melden, um wieder in Gnaden aufgenommen zu werden. Nach einigem Zögern erklärte der Monarch sich bereit, seinen Ersten Minister für kurze Zeit zu empfangen und dessen Beschwerden wenigstens anzuhören.
Maria de Medici - der raffinierten Taktikerin, die nicht von der Seite ihres geschwächten Sohnes wich - gelang es jedoch, ihren Ältesten auf ihre Seite zu ziehen.
Es gab eine äußerst peinliche, lautstarke Auseinandersetzung
zwischen dem König, seiner Mutter und Kardinal Richelieu. Alle weinten und schrien laut durcheinander, so dass die jeweiligen, von den Kontrahenten vorgebrachten Argumente, nur
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