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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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entschuldigen und gar seine Gemeinheiten zu rechtfertigen, empfand sie tiefes Mitleid mit der schönen Königin, die elender lebte als jede Bäuerin, die das Glück gehabt hatte, einen Mann zu heiraten, der sie respektierte.
    In Annas Umgebung gab es schon seit geraumer Zeit Überlegungen, die Gemahlin Ludwigs aus den Klauen ihres boshaften, ja geradezu hasserfüllten Ehemannes zu befreien. Anna schenkte ihnen aber zu keiner Zeit auch nur die geringste Beachtung.
    »Meine Ehe ist mein ganz persönliches Schicksal - ich muss es ertragen«, pflegte sie allen zu antworten, die ihr dazu rieten, dem Elend zu entfliehen.
    »Vermutlich ist es ihre wunderbare Fähigkeit, Menschen
für sich einzunehmen, ja sogar ehemalige Feinde als treue Freunde zu gewinnen, die dazu beiträgt, ihr schweres Los zu akzeptieren und ihren Überlebenswillen zu stärken - ohne zu wissen, was die Zukunft für sie bereithalten mag«, meinte anerkennend der an Lebensjahren zwar noch sehr junge, aber gleichwohl sensible und erfahrene Herzog de La Rochefoucauld.
    Der gebildete und attraktive Edelmann hatte sehnsüchtig die Rückkehr Maries erwartet und sie hatte umgehend wieder in seine Arme gefunden.
    »In der Tat, mon Chéri, Madame Anna, die ungeliebte Österreicherin, hat weder Reichtümer zu verschenken noch Ämter zu vergeben und dennoch findet sie immer wieder Freunde, uneigennützige Menschen, die sie um ihrer selbst willen lieben und ihr aus so mancher schwierigen Lage heraushelfen«, musste Marie ihrem Liebsten beipflichten.
     
    Ludwigs Einfallsreichtum an subtilen Bosheiten und Quälereien war und blieb beinahe unerschöpflich. Bei seinem Hang zur Grausamkeit fielen ihm ständig neue Variationen wohldosierter Unverschämtheiten ein.
    So liebte Ludwig es, seine Gemahlin vor versammeltem Hof lächerlich zu machen, indem er sie zu Dingen befragte, die sie unmöglich wissen konnte, da man sie mit Absicht darüber im Unklaren gelassen hatte.
    Vor allem wenn ausländische Diplomaten geladen waren, ließ der Monarch keine Gelegenheit aus, Anna als unwissend und uninteressiert zu diffamieren. Ihre Vertraute Marie platzte jedes Mal schier vor Wut, wenn sie Zeugin einer dieser ungerechtfertigten Bloßstellungen wurde.
    Eines Tages konnte sie nicht mehr an sich halten. Nicht lange nach Maries Rückkehr hatte der König Anna vor dem
englischen Botschafter wieder einmal lächerlich gemacht und »die Chevreuse« platzte heraus:
    »Es würde schon an ein Wunder grenzen, Sire, wenn Madame Anna darüber Bescheid wüsste! Hat sie doch niemand über diesen Sachverhalt in Kenntnis gesetzt. Die Königin ist zwar sehr klug, aber die Gabe des Hellsehens ist ihr bis jetzt noch nicht verliehen worden - oder irre ich mich da, Majestät?«
    Der gesamte Hofstaat, einschließlich der Staatsgäste, hielt den Atem an. Die Herzogin riskierte eine Menge! Um ihren Worten ein wenig die Schärfe zu nehmen, lächelte sie Ludwig süß an und dem König blieb nichts anderes übrig, als herzlich zu lachen. »Da habt Ihr gewiss Recht, Herzogin«, sagte er leichthin, um die Peinlichkeit der Situation zu übertünchen.
    Ein rascher Seitenblick zum Kardinal zeigte Marie, dass diesem die Spitze keineswegs entgangen war. Er hatte längst begriffen, dass sich unter der Oberfläche des reizenden Kätzchens eine Tigerin in Marie verbarg, die hin und wieder vergaß, ihre scharfen Krallen einzuziehen …
     
    Anna hingegen ertrug weiterhin schweigend und mit einem Lächeln alle subtilen Gemeinheiten, die ihr vom König zugefügt wurden. Dem Kardinal kam die nach wie vor demütigende Behandlung Annas einerseits sehr gelegen, andererseits wünschte er sich endlich einen Thronfolger für das Land.
    Und dieser sollte unbedingt ein Sohn des Königs sein und keinesfalls ein Nachkomme Monsieur Gastons. Die Chevreuse hatte erfahren, dass der Kardinal den Bruder Ludwigs für einen Schwachsinnigen mit schlechtem Charakter hielt.
    So war die völlig absurde Situation entstanden, dass der König
seine Frau tagsüber mit Missachtung strafte, sie einfach übersah, als wäre sie gar nicht vorhanden, kein einziges Wort an sie richtete - außer Bosheiten - und stattdessen mit seinem jeweiligen Favoriten ungeniert in ihrer Gegenwart Intimitäten austauschte.
    Jedoch kam Seine Majestät einmal im Monat für etwa eine Stunde nachts in ihr Bett, um ohne jede Zärtlichkeit zwei Mal von seinem Recht als Ehemann Gebrauch zu machen. Danach verließ er Anna sofort, ohne mit ihr auch nur ein Wort gewechselt zu

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