Im Dienste Der Koenigin
überrascht.
Marie war erstaunt, wie einfach es war, durch ganz Frankreich zu reisen. Einen armen Bauernburschen beachtete niemand und so gelangte sie unbehelligt ins Nachbarland. Die auch in Spanien berühmt berüchtigte Edeldame wurde als treue Freundin der französischen Königin sofort in den Escorial eingeladen. Der spanische Monarch war seit langem neugierig auf diese Dame, von der man sich an sämtlichen Höfen Europas die tollsten Geschichten erzählte.
Philipp IV., bei aller Frömmigkeit ein großer »Verehrer« der Frauen, verliebte sich umgehend in Marie de Chevreuse und machte ihr das Angebot, seine Mätresse zu werden.
Die Herzogin ihrerseits war zwar vom Äußeren des Königs von Spanien nicht allzu sehr angetan, aber sie überdachte den Prestigegewinn, den ihr eine Liaison mit dem Herrscher einbringen würde, in dessen Land sie als mittellose Asylantin gekommen war. Und der ganz besondere Schutz, den der König ihr dadurch gewährleistete, wäre ebenfalls nicht zu verachten.
Sie willigte ein, den mittelgroßen, etwas untersetzten Habsburger mit der langen Nase, der etwas hängenden Unterlippe und den übergroßen, stets traurig dreinblickenden Augen zum Liebhaber zu nehmen.
Umgehend bezog sie ein ziemlich neues Stadtpalais in der Nähe des Escorial, wo eine ganze Schar von Dienern nur darauf harrte, ihr und dem König aufzuwarten, der sie beinahe täglich aufsuchte.
Das war in der Tat kein schlechter Karrieresprung für eine
Frau, die als Flüchtling auf die iberische Halbinsel gekommen war. Der Bruder Annas bezeigte sich ihr gegenüber als spendabler und großzügiger Gönner. So war es Marie durchaus bewusst, dass sie mal wieder Glück im Unglück gehabt hatte. Doch Anna und Céleste vermisste sie schmerzlich, auch wenn sie mit ihrer Schwester immerhin in regelmäßigem Briefkontakt stand.
Gerade in einer für Céleste wichtigen und veränderungsreichen Zeit im Laufe des Jahres 1637 musste sie ohne Marie auskommen:
In der Familie Lombarde, bei der Céleste nach der Flucht der Königinmutter Zuflucht gefunden hatte und bei der sie im Augenblick die Arbeiten einer Dienstmagd verrichtete, gab es einen achtundzwanzigjährigen Sohn, Guy mit Namen.
Dieser hatte sich in ihr hübsches Gesicht, umrahmt von weißblondem Engelshaar, sowie in ihre gewinnende, aufgeschlossene Art verliebt. Ihre ungleich langen Beine und der krumme Rücken störten ihn nicht und er ließ seinen Vater um ihre Hand anhalten.
Guys Liebe zu der mittlerweile dreißigjährigen Céleste und ihre nicht ganz unbeträchtliche Mitgift erleichterten Guys Eltern den Entschluss, sie als ihre Schwiegertochter, als »belle fille«, willkommen zu heißen.
Der junge Mann hatte sogar den praktischen Einfall, ihr kürzeres Bein durch einen erhöhten Absatz ihres linken Schuhs dem gesunden rechten anzugleichen. Céleste übte das für sie völlig ungewohnte Gehen mit zwei gleich langen Beinen lange und kam schließlich ganz gut damit zurecht.
»Nun fällt auch meine schiefe Schulter nicht mehr so sehr auf. Und durch entsprechende Spitzenkrägen, Tücher oder Schals kann ich selbst diesen Makel fast ganz kaschieren«,
schrieb die überglückliche Braut ihrer Schwester Marie nach Spanien.
Céleste heiratete ihren Guy und war nun Madame Lombarde, ehrbare Gattin eines Malers und Stuckateurs, der im Dienste des Königs stand.
»Seit er im Louvre zur Zufriedenheit Seiner Majestät gearbeitet hat, reißen sich alle Aristokraten um ihn und er kann sich vor Aufträgen gar nicht mehr retten«, ließ sie mit Stolz ihre Schwester wissen.
Und dann vertraute sie Marie seitenlang die besonderen Qualitäten ihres um zwei Jahre jüngeren Ehemannes an … Niemals hatte sie in ihren kühnsten Träumen daran gedacht, einen Mann zu finden, der bereit war, sie zur Frau zu nehmen. Sie betete Guy förmlich an.
Was Céleste Lombarde und ihre Schwester Marie de Chevreuse zu diesem Zeitpunkt nicht wussten, war, dass dieses Schreiben das letzte für lange Zeit war, welches seinen Weg nach Spanien fand.
Ihr Ehemann Guy, der ernsthafte Schwierigkeiten mit den französischen Behörden befürchtete, verbot es seiner Frau strikt, zu der Entflohenen Kontakt zu halten. Da die Herzogin keine Nachricht mehr von Céleste erreichte, unterließ sie es ebenfalls, nach Paris zu schreiben. Wollte sie es doch nicht riskieren, dass ihretwegen jemand in Gefahr geriete.
KAPITEL 32
DIE ERNEUTE TRENNUNG von ihrer Vertrauten Marie versetzte Anna in einen Zustand der
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