Im Dienste Der Koenigin
er ist ein geschickter Diplomat und gewohnt, manche Kröte zu schlucken.
›Très interessant, mon Cher‹, war alles, was er murmelte. ›Seine Allerkatholischste Majestät will tatsächlich wieder die Anhänger Martin Luthers unterstützen? Vraiment, très original. ‹«
Die Königin atmete schwer.
»In der Tat, sehr originell das Ganze!«, sagte Anna. »Bischof Leopold durchschaut mit Sicherheit, was der skrupellose Kardinal beabsichtigt: Das habsburgische Reich soll in viele kleine Einzelstaaten zerschlagen werden. Es wäre damit schwach und bedeutungslos und nicht mehr länger eine potentielle Gefahr für die wachsende Glorie Frankreichs - etwas, wofür Richelieu seit langem kämpft.«
»Dass das Elsass dann selbstverständlich dem Deutschen Reich entrissen und Frankreich einverleibt würde«, fiel ihr die Äbtissin ins Wort, »darüber gibt sich der Bischof gewiss keinerlei Illusionen hin. Ein uralter Wunsch der Franzosen ginge nach Jahrhunderten endlich in Erfüllung: die Ausdehnung französischen Territoriums bis zum Rhein.
Herr Leopold sollte sich lieber vorsehen und baldmöglichst beim Papst in Rom wegen eines Ersatzbistums vorfühlen«, schmunzelte die Ehrwürdige Mutter. »Außerdem wäre es klug, auf seine längst fällige Ernennung zum Erzbischof und Kardinal zu pochen. Jeder muss in diesen unruhigen Zeiten
sehen, wo er bleibt, nicht wahr, Madame? Sein erlauchter Herr Bruder, der Kaiser, muss selber schauen, wie er zurechtkommt.«
Die Königin wusste noch nicht so recht, wie sie Richelieus Vorgehen beurteilen sollte …
Es war überall bekannt, dass der Kardinal dumme Frauen absolut nicht ausstehen konnte; Schönheit allein langweilte ihn. In ganz Europa sprach man von seiner intimen Beziehung zu seiner leiblichen Nichte, Madame Combalet, die gutes Aussehen, Aufopferungsbereitschaft sowie ein breit gefächertes Wissen in sich vereinigte, ohne von diesen Vorzügen in der Öffentlichkeit allzu viel Gebrauch zu machen.
Seine Beziehung zur Königinmutter - einer hässlichen, hinterhältigen und dummdreisten Person - hatte lediglich als Sprungbrett für seine ehrgeizigen Ambitionen gedient.
»Richelieu hasst und fürchtet zugleich den Einfluss von Frauen«, behauptete die Äbtissin bei einem der nächsten Gespräche, das sie mit der Königin führte.
»›Weiber haben zum Glück in der Kirche nichts zu sagen und sollten auch in der Politik nichts zu melden haben‹, lautet sein Credo.
Dennoch ist der Kirchenfürst und Staatsmann gegen die Anfechtungen der Wollust keineswegs gefeit und weiß es zu schätzen, wenn seine Freunde ihn mit entsprechenden Damen bekannt machen. In der letzten Zeit allerdings hat ihm, wie ich höre, die leidige Gicht mit schmerzhaften Anfällen so manchen Strich durch die erotische Rechnung gemacht.« Die Äbtissin war keineswegs - wenn es sich um Richelieu handelte - über einen Anflug von Schadenfreude erhaben.
»Mit anderen Worten, Seine Eminenz ist immer häufiger gezwungen, allein den Esprit und die Schönheit der jungen
Damen zu bewundern, ohne ihre körperlichen Vorzüge en detail genießen zu können …«
Die Königin errötete zwar - aber sie sah sich außerstande, die Ehrwürdige Mutter für ihren Spott zu tadeln. Marie de Chevreuse kam ihr dabei schmerzlich in den Sinn. Sie war sich sicher, die intelligente Nonne und ihre Freundin würden sich gut verstehen … Wie sehr vermisste sie doch die Herzogin!
Marie de Hautefort war ihr natürlich lieb und teuer, aber die Hofdame war noch nicht einmal siebzehn und damit um zwanzig Jahre jünger - und unerfahrener - als sie selbst und somit außerstande, ihr vollwertigen Ersatz für »die Chevreuse« zu bieten. So genoss Anna es auch ungeheuer, sich mit der gebildeten und mit großer Vernunft begabten Äbtissin zu unterhalten.
»Wenn ich doch für immer hierbleiben könnte«, dachte sie mehr als einmal sehnsüchtig. Nie mehr in den Louvre zurück zu müssen, erschien ihr auf einmal als das einzig Erstrebenswerte.
KAPITEL 34
TRÄGE RÄKELTE SICH Marie de Chevreuse auf dem zerwühlten Lager. Eben hatte ihr der spanische König - mehrmals sogar - bewiesen, wie sehr er ihren herrlichen Körper bewunderte und begehrte.
»Erstaunlich, dass dieser so staubtrocken wirkende, bigotte und kirchenhörige Habsburger - den die Angst vor dem Fegefeuer und gar vor der Hölle fast in den Wahnsinn treibt - es
dennoch fertig bringt, eine Frau zu befriedigen, die keineswegs seine eigene ist«, dachte die Herzogin.
Der auf den
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