Im Dienste Der Koenigin
Damen durch Euer unsittliches Verhalten in Angst und Schrecken zu versetzen!
Was haben Eure schmutzigen Hände am Busen Eurer Königin zu suchen? Das war mein Brief und dieser geht Euch überhaupt nichts an, Ihr verkommenes Ungeheuer! Macht, dass Ihr hinauskommt und lasst Euch nie mehr im Gemach der Königin blicken!«
Nachdem Anna sich von ihrem ersten Schrecken wieder erholt hatte, war sie nur noch verblüfft über Maries Dreistigkeit, den Spieß einfach umzudrehen und den Spion des Kardinals als Übeltäter dastehen zu lassen. Der Minister bekam es angesichts der kleinen Furie - der er durchaus zutraute, ihm das Gesicht zu zerkratzen - und der durch ihr Geschrei herbeigelockten Dienerschaft mit der Angst zu tun und machte sich eiligst aus dem Staub.
Die Kleine musste den Teufel im Leib haben! Zudem war sie Favoritin des Monarchen, da geriete er womöglich zwischen die Fronten - und darauf konnte er gut und gerne verzichten.
»Man möchte es nicht glauben, was für eine Bestie sich hinter diesem so anschmiegsam erscheinenden Kätzchen verbirgt, Monseigneur«, beklagte er sich später beim Kardinal
und hielt sich seine sichtlich gerötete Wange. »Und zuschlagen kann sie wie ein Bauarbeiter.«
Anna und Marie de Hautefort vermochten sich die Wut des Ersten Ministers lebhaft vorzustellen: Sein Erfolg war zum Greifen nahe gewesen. Beinahe hätte er es geschafft, der Königin Landesverrat nachzuweisen.
»Aber gegen Euch, Marie, wagt er nicht vorzugehen. Als momentane Favoritin Seiner Majestät seid Ihr zum Glück noch sakrosankt.« Anna sank vor Erleichterung auf einen Diwan in ihrer »Zelle«, einem durchaus geräumigen Boudoir. Die Aufregung und die so knapp vermiedene Katastrophe ließen sie noch immer leicht zittern.
KAPITEL 33
DIE ÄBTISSIN, EINE kluge und gebildete Frau, und Anna verbrachten so manche Abende, wenn endlich Ruhe im Kloster eingekehrt war, mit leisen Gesprächen über politische Themen.
In letzter Zeit konnte Anna wieder aufatmen. Ihre eigenen Spione am Hof - ohne dieselben wäre ihr Leben in Frankreich noch unerträglicher gewesen - hatten in Erfahrung gebracht, dass Kardinal Richelieu demnächst dem Elsass einen Besuch abstatten würde.
»Wenigstens bin ich dann für einige Wochen der Gefahr enthoben, von ihm durch einen Überraschungsbesuch in Val de Grâce belästigt zu werden«, dachte sie erleichtert. Wie sie wusste, saß in Straßburg des Kardinals »Cher Ami«, der katholische
Bischof Leopold, ein Bruder des habsburgischen Kaisers Ferdinand, und bei diesem würde er es sich eine Weile gutgehen lassen.
Nicht nur Richelieu war gespannt, wie der Straßburger Kirchenfürst auf seine Eröffnung reagieren würde, dass Frankreich den Ketzern in Deutschland finanziell unter die Arme zu greifen beabsichtigte. Und das gegen die katholische Liga …
Die Tageszeitungen titelten groß, dass Seine Eminenz, Bischof Leopold von Straßburg, alles Menschenmögliche aufgeboten hatte, um seinen »liebsten Freund«, den äußerst verwöhnten Genießer Armand Jean du Plessis, Herzog und Kardinal de Richelieu, gebührend zu empfangen.
Der Habsburger ließ es den Zeitungsschreibern nach an nichts fehlen, um dem Herrn, dem der französische König quasi die Alleinherrschaft übertragen hatte, seine Wertschätzung zu bekunden. Selbst die Stadt Straßburg war herausgeputzt worden, als käme der liebe Gott persönlich zu Besuch.
»Die Journalisten kommen überhaupt nicht mehr nach mit den Lobpreisungen«, stellte die Äbtissin säuerlich fest, als sie der Königin die noch druckfrischen Blätter überreichte.
»Ein Festessen folgt dem nächsten, ein Jagdvergnügen dem anderen und sogar mehrere Bälle und Theateraufführungen ließ Herr Leopold veranstalten, um dem Gast die Schönheit und den Charme der Damen aus dem Elsass und von der gegenüberliegenden Seite des Rheins, aus Baden, vorzuführen.
Aber hier, Madame, steht das Wesentliche!«
Aufgeregt deutete die Ehrwürdige Mutter mit dem Finger auf den betreffenden Artikel. Die Königin las:
»Als Monseigneur de Richelieu ganz nonchalant die Bemerkung
fallen ließ, dass sein Souverän gedenke, dem schwedischen Kanzler Oxenstierna, der die Regierungsgeschäfte für die minderjährige Königstochter Christina führt, samt den protestantischen Fürsten im Reich pekuniär aus der Bredouille zu helfen, um dem Kaiser zu schaden, blieb dem bischöflichen Bruder des Kaisers zwar momentan ein Bissen der getrüffelten Gänseleber im Halse stecken, aber auch
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