Im Dienste Der Koenigin
anwesenden Hofdamen sowie seine Begleiter, die eben noch wahre Lobeshymnen auf den Säugling von sich gegeben hatten, verstummten abrupt und lauerten auf die Reaktion des Monarchen.
Ludwig lief feuerrot an. »Ihr sprecht mir von einer Amnestie dieser Person , Madame?« Er tat so, als wäre ihm allein der Gedanke daran ein Gräuel.
Die Königin blitzte ihn empört an. Aus dem Augenwinkel hatte sie den triumphierenden Blick des Kardinals erspäht. »Aber, Sire! Ihr hattet mir Euer Wort gegeben«, versuchte sie verlorenes Terrain wiederzugewinnen.
»Kann mich nicht erinnern, Madame. Ich denke, Ihr irrt Euch. Wozu sollte es gut sein, diese Frau wieder hier zu haben? Es ist alles viel ruhiger und friedlicher ohne sie.« Beifallheischend blickte Ludwig XIII. sich um und seine Begleiter lachten pflichtschuldig.
»Müsst mich jetzt entschuldigen, Madame. Ich und die Herren wollen zur Jagd. Adieu, Madame.«
Und lässig seinen mit Reiherfedern und einer Brillant-Agraffe geschmückten, breitkrempigen Hut schwenkend, hatte der König sich schon auf dem Absatz umgedreht und ließ seine zutiefst enttäuschte Gemahlin stehen.
»So viel zum Wert eines Wortes des Königs«, dachte Anna verbittert. Dann verbesserte sie sich rasch im Geiste: »Nein. Nicht alle Könige sind so wetterwendisch. Hier handelt es sich allein um Ludwigs gegebenes - und gebrochenes - Versprechen.«
Von Marie de Chevreuses Heimkehr war keine Rede mehr. Anna bemühte sich so gut es ging, den Gedanken daran zu verdrängen. Manchmal aber beschlich sie die Angst, ihre geliebte Freundin in diesem Leben nicht mehr wiederzusehen.
Richelieus Gesundheit war zu diesem Zeitpunkt schon sehr angegriffen. Immer wieder warfen ihn schwere und äußerst schmerzhafte Gichtanfälle aufs Krankenlager. Wochenlang war er nicht im Stande, seinen Verpflichtungen als Erster Minister nachzukommen.
Am Hof und auch im Land aber gab es nicht wenige, die hinter seiner Krankheit eine ganz andere Ursache als die Gicht vermuteten. »Die Lustseuche ist es, die sich der Kardinal als junger Mann bei einer Hure geholt hat. Die frisst ihn jetzt allmählich bei lebendigem Leibe auf«, raunte ein ältlicher Lakai mit boshaftem Gesichtsausdruck der erstaunt lauschenden Céleste ins Ohr.
Die hatte ihre Herrin Marie de Hautefort zwar eingebüßt, war jedoch so erfolgreich gewesen, eine Anstellung als Schmuck- und Frisurenzofe bei einer noch jüngeren Hofdame Annas zu erhalten.
Ihr Talent, die Adelsdamen mit zu den Kleidern passenden Schmuckstücken und mit anderen Accessoires und eleganten
Frisuren auszustatten, hatte sich am Hofe längst herumgesprochen. Man vertraute dem sicheren Geschmack der Schwester der verfemten Herzogin.
Céleste konnte sich einer gewissen Freude über das Elend des verhassten Kardinals nicht erwehren. Gab sie ihm doch die alleinige Schuld daran, dass ihre liebe Marie nicht nach Frankreich einreisen durfte. Dieser Teufel in Menschengestalt hatte dem König den Gedanken in den Kopf gesetzt, Marie weiterhin für etwas büßen zu lassen, woran sie mit Sicherheit überhaupt keine Schuld trug!
»Immer wieder brechen eitrige und übel riechende Geschwüre an Armen und Beinen von R. auf«, konnte sie immerhin ihren streng geheimgehaltenen Notizen anvertrauen. Ein magerer Ersatz für die entgangene Freude, Marie endlich zu umarmen …
»Richelieu lässt sie von seinem Leibarzt jedes Mal mit großer Kraftanstrengung ausdrücken, um den faulen Eitergeruch zu vertreiben, und er fällt dabei regelmäßig vor Schmerzen in Ohnmacht«, wusste überdies der Lakai voll Häme zu berichten. Der Kardinal hatte ihn einmal eines geringfügigen Versehens wegen gnadenlos verprügeln lassen.
Céleste wagte es allerdings nicht, allzu detailliert in ihren Aufzeichnungen darauf einzugehen. Auch die wahren Begleitumstände rund um die Geburt des Dauphins lasen sich eigenartig verbrämt. Unmenschlich schwer wäre die Strafe, sollten ihre »Chroniken« in die Hand von Richelieus Spionen fallen …
So hielt Céleste sich lieber an unverfänglichere Themen, wie etwa den enormen Appetit des königlichen Kindes, den seine adlige Amme, Madame de la Giraudière, bereits nach drei Monaten nicht mehr stillen konnte.
»Man behilft sich jetzt mit derben Bauersfrauen, deren
Brüste genügend Milch haben; der Standesunterschied spielt dabei keine Rolle. Die Ammen folgen einander in kurzen Abständen, denn keine hält den Hunger und die Zähne des erlauchten Säuglings lange aus«, schrieb Céleste
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