Im Dienste Der Koenigin
Marie de Hautefort: »Ich denke, Richelieu rechnet fest damit, durch diesen von ihm ausgesuchten Gespielen den König nach seinem Gutdünken lenken zu können. Seine Eminenz scheint allmählich zu spüren, dass mein von Launen beherrschter Gemahl seiner Person und der Bevormundung durch ihn allmählich überdrüssig geworden ist …«
Es verhielt sich tatsächlich so, dass der allmächtige Kardinal zunehmend Angst vor seinem unberechenbaren Herrn empfand. Er vermochte sehr wohl dessen grimmige Miene und den tückischen Ausdruck seiner dunklen Augen zu deuten. Und diese verhießen ihm nichts Gutes.
Am bedauerlichen Sklavendasein der Mutter des Dauphins änderte sich auch nach der Geburt überhaupt nichts. Keine einzige der Beschränkungen wurde aufgehoben, ja nicht einmal gelockert - im Gegenteil, die altbekannten Schikanen dauerten an. In bewährter Manier wurde auf Veranlassung von Kardinal Richelieu sogar noch ihre einzige Freundin und Vertraute, Marie de Hautefort, die der König als Geliebte inzwischen aufgegeben hatte, unter einem lächerlichen Vorwand aus der Nähe Königin Annas entfernt.
Man entzog Anna auch jedes Recht zur Mitbestimmung bei der Auswahl des Hofstaates für ihren Sohn. Der Kardinal selbst suchte das ihm geeignet erscheinende Personal aus, wobei es ihm in erster Linie um dessen politische Zuverlässigkeit zu tun war; die fachliche Kompetenz von Pflegerinnen und Ammen kam, wenn überhaupt, erst an zweiter Stelle.
»Ich bin beinahe überzeugt davon, dass dies später zum Schaden des neugeborenen Prinzen gereichen wird, denn diese sogenannten Kinderpflegerinnen wickeln den kleinen Jungen sehr ungeschickt, wodurch die Bildung seines Knochenaufbaus und die Entwicklung der Beinmuskulatur schwer behindert wird«, schrieb Céleste gewissenhaft in ihr Notizheft. »Ich mache mir wirklich Sorgen, ob unser späterer König nicht hinken wird. Das wäre schlimm - ich weiß, wovon ich spreche.«
Und in der Tat: Ludwig XIV. sollte zeitlebens zwar nicht humpeln, aber an einer Schwäche seines rechten Beins leiden.
Allen am Hof - inzwischen war die Königin mit dem Dauphin nach Paris in den Louvre umgezogen - fiel auf, dass der König zwar sehr glücklich über die Geburt seines Sohnes gewesen war, dass er sich aber für dessen weitere Aufzucht und sein Gedeihen nicht im Geringsten interessierte. Anna konnte nicht umhin, zu bemerken, dass sich durch die langersehnte
Mutterschaft an ihrer Position bei Hofe wenig geändert hatte. Dennoch war sie noch immer von dem Glück beseelt, dass ihr die Geburt Ludwigs beschert hatte. Wenn nur endlich ihre Freundin Marie aus dem Exil zurückkäme … Dann wäre sie nicht mehr so einsam.
Die Jagd, das Schreinern von Stühlen und sein neuer Geliebter, Henri de Cinq-Mars, nahmen die gesamte Zeit des Königs in Anspruch. Nach wie vor war der Monarch rasend verliebt in den schönen Jüngling. Für das aufwändige Amt des Regierens besaß Ludwig XIII. ja zum Glück immer noch seinen klugen Kardinal.
Dass dieser sich inzwischen mit dem Gedanken trug, seinen Rücktritt einzureichen, um nicht der Willkür seines Herrn zum Opfer zu fallen - davon hatten die Spitzel des Königs glücklicherweise noch nicht Wind bekommen.
KAPITEL 45
ANNA GLAUBTE SICH einen guten Moment ausgesucht zu haben, um ihren Gemahl auf die überfällige Rückkehr der Herzogin Marie de Chevreuse anzusprechen. Ludwig stand im Kinderzimmer - gestiefelt und gespornt - und ließ sich von der verantwortlichen Ersten Kinderfrau über den enormen Appetit des Dauphins berichten.
Seine Majestät war in Begleitung Richelieus und seines jugendlichen Favoriten und er erwartete, dass die Herren ebenfalls ihr Wohlgefallen an dem friedlich schlummernden Thronfolger bekundeten.
Während der Kardinal eilfertig den Wünschen des Königs nachkam, zeigte der Günstling sein übliches gelangweiltes Gesicht. Henri de Cinq-Mars hatte es eilig, diesen Raum zu verlassen - man wollte sich schließlich auf die Hirschjagd im Bois de Boulogne begeben …
Anna musste schnell handeln, sonst war der König fort - und wer konnte ihr garantieren, dass sie ihn so bald wieder zu Gesicht bekäme?
»Sire«, begann sie und knickste demütig vor ihrem Gemahl, »dürfte ich Euch ersuchen, an Euer Versprechen zu denken und mir zu erlauben, der Herzogin de Chevreuse den gütigen Erlass, welchen Ihr angekündigt hattet, zukommen zu lassen, welcher besagt, dass sie in Frankreich nicht mehr verfolgt werden wird?«
Der König erstarrte. Die
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